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# taz.de -- Facebook schafft Gesichtserkennung ab: Immer noch evil
> Facebook will aus einer besonders problematischen Technologie aussteigen:
> der Gesichtserkennung. Wird jetzt alles gut? Der Konzern jedenfalls
> nicht.
Bild: Die meisten Menschen sind lieber unerkannt im Netz unterwegs
Es ist eine Nachricht, die so unwahrscheinlich klingt, dass sie kaum zu
glauben ist: [1][Facebook] löscht persönliche Daten von Nutzer:innen. Und
nein, es gab kein Gericht, keine Regierung, kein Gesetz, das oder die das
Unternehmen dazu gezwungen hat. Sondern: Facebook hat angekündigt, seine
Gesichtserkennungsfunktion in den kommenden Wochen einzustellen und in
diesem Zuge die Erkennungs-Templates von den betroffenen Nutzer:innen zu
löschen.
Erkennungs-Templates sind so etwas wie Schablonen, mit Hilfe derer die
Software Gesichter wiedererkennen soll. Und zwar im besten Fall auch dann,
wenn das zu erkennende Gesicht unscharf ist oder eine Sonnenbrille vor den
Augen oder Maske vor Mund und Nase hat. Mehr als 1 Milliarde Schablonen
soll das betreffen, die Facebook nun nach eigenen Aussagen löschen wird.
Wer sich schon mal die Mühe gemacht hat, bei Facebook eine Kopie der
eigenen Daten anzufordern – oder von einem Fall gelesen hat, in dem das
jemand anders getan hat – weiß: Facebook speichert alles.
Es hat Fotos, von denen man selbst gar nicht mehr wusste, dass sie
existieren. Posts, an deren Verfassen man sich nicht erinnert. Und längst
vergangene Momente, die besser undokumentiert geblieben wären. Aber, noch
schlimmer: Selbst wer diese Daten aus der eigenen Facebook-Vergangenheit
entfernt, löscht sie nicht notwendigerweise von den Facebook-Servern.
Die Löschnachricht kommt zu einer Zeit, in der Facebook ein bisschen
Appeasement bitter nötig hat. Appeasement im Sinne von: Seht her, wir sind
gut, wir nehmen eure Sorgen ernst und tun das Richtige. Nicht
ausgeschlossen, dass sich der Konzern für seine Umbenennung zu Meta gerne
Googles altes Firmenmotto – Don’t be evil – ausgeliehen hätte.
Und natürlich ist Gesichtserkennung unter allen den bereits im Einsatz
befindlichen Technologien besonders evil: Sie ist immer noch ziemlich
fehleranfällig, wie beispielsweise ein Versuch unter anderem von
Bundespolizei und Bundeskriminalamt am Berliner Fernbahnhof Südkreuz
zeigte, der mit peinlichen Erkennungsquoten abschloss. Doch während
Passant:innen am Bahnhof immerhin noch die Wahl hatten, ob sie den
Eingang mit Gesichtserkennung oder den ohne nehmen wollten, gibt es diese
Wahl im Internet nicht.
## Sein Gesicht tauscht man nicht mal so eben aus
Denn die Präsenz von Bildern ist in den vergangenen Jahren immer weiter
gestiegen – einerseits was die Verfügbarkeit angeht, von Facebook über die
Google-Suche bis Instagram. Andererseits ist es praktisch unmöglich, sich
in einer auch nur einigermaßen bevölkerten Gegend durch den öffentlichen
Raum zu bewegen und nicht von Smartphones und diversen Überwachungskameras
erfasst zu werden. Was mit diesen Bildern passiert, wo sie liegen und wie
lange, wer darauf Zugriff hat und auch welche Technologie – das wissen in
der Regel nicht mal die Fotografierenden oder Filmenden selbst. Dabei
bleibt das Manko aller biometrischen Merkmale: Fällt ein Bild oder ein
Template in falsche Hände, lässt sich das Gesicht nicht mal eben
austauschen.
Und das führt dann zu Fällen wie dem des Unternehmens [2][Clearview AI].
Das US-Unternehmen hatte, wie im vergangenen Jahr bekannt wurde, 3
Milliarden im Internet zugängliche Bilder eingesammelt und daraus eine
Bilderkennungsdatenbank gemacht. Und US-Behörden und Unternehmen riefen
gemeinsam: Juhuu. Nicht zu laut natürlich, denn zu viel Regulierung wollen
alle, die ein Interesse an diesen Daten haben, vermeiden. Facebook selbst
auch. Deshalb sollte man die Abschaltankündigung, die übrigens andeutet,
dass sich der Konzern nicht komplett von der Technologie verabschieden
will, mit ganz viel Vorsicht betrachten. Es bleibt noch genug evil übrig.
3 Nov 2021
## LINKS
[1] /Datenschutz-bei-Facebook/!5812915
[2] /Experte-ueber-Firma-fuer-Gesichtserkennung/!5777930
## AUTOREN
Svenja Bergt
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Schwerpunkt Meta
Gesichtserkennung
Datenschutz
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