# taz.de -- Innenministerium zu rechten Siedlern: Zwischen Schweigen und Unkenn… | |
> Rechtsextreme wollen mit Wohnprojekten ganze Landstriche vereinnahmen. | |
> Behörden wissen darüber wenig – und schweigen. | |
Bild: Seit der Wiedervereinigung 1989 hat die völkische Landnahme eine anhalte… | |
BERLIN taz | In ländlichen Regionen bemühen sich verschiedene Rechtextreme | |
um ein völkische Landnahme. Sie siedeln sich mit Familien und | |
Gleichgesinnten in entlegenen Regionen an, erwerben Bauernhöfe und pachten | |
Jagdgründe. Sie pflegen altes Handwerk und alte Tierrassen, bringen sich in | |
Vereins- und Gemeindeleben ein, unterstützen Eltern- und Umweltinitiativen. | |
Die eigene Weltanschauung soll gelebt und weitergegeben werden. Gerne | |
werden vermeintlich ureigene Bräuche zelebriert. Es ist keine neue | |
Entwicklung der politischen Akzeptanzgewinnung im vorpolitischen Raum. Seit | |
der Wiedervereinigung 1989 hat die völkische Landnahme eine anhaltende | |
Dynamik erfahren. Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage | |
der Bundestagsfraktion der Linken zu einzelnen Netzwerken wirft jetzt neue | |
Fragen auf. | |
Auf die Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Martina Renner antworte | |
die Bundesregierung zwar, dass „insbesondere in den nord- und ostdeutschen | |
Ländern Siedlungsschwerpunkte von Rechtsextremisten bekannt“ seien, doch | |
weitere Informationen müssten trotz der „grundsätzlichen | |
verfassungsrechtlichen Pflicht (…) aus Gründen des Staatswohls | |
unterbleiben“. Denn weitere Antworten würde die „Tätigkeit des | |
Verfassungsschutzes“ erschweren und „Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand… | |
ermöglichen. | |
Bei dreizehn Antworten wird acht Mal auf die Gefährdung der | |
Sicherheitskräfte verwiesen. In der Regel deuten diese Formulierungen auf | |
einen Einsatz von V-Leuten und Informanten der unterschiedlichen | |
Sicherheitsstrukturen hin. Das Bundesinnenministerium erklärt so | |
beispielswiese noch, dass „die rechtsextremistische Organisation ‚Die | |
Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft wesensgemäßer | |
Lebensgestaltung e.V.‘“ eine „rassistische und antisemitische Ideologie m… | |
neopaganen Elementen und einer umfänglichen Gemeinschaftspflege“ verfolge, | |
aber wer, wo, wann lässt sie unerwähnt. Eins ihrer regelmäßigen Treffen | |
findet im „Hufhaus Harzhöhe“ im thüringischen Ilfeld statt. | |
Keine Information gibt die Bundesregierung zur [1][der stetig wachsenden | |
Anastasia-Bewegung]. Die völkisch-esoterische und teils auch antisemitische | |
Bewegung baut seit Jahren sogenannte „Familienlandsitze“ aus. Das | |
vermutlich derzeit größte Projekt, das „Goldene Grabow“, befindet sich in | |
Brandenburg. In Sachsen-Anhalt betreiben Anhängende seit 2009 im | |
Blankenburger Ortsteil Wienrode das Projekt „Weda Elysia“. | |
## Waffen, Waffenteile und Munition | |
Auch zu anderen Siedlungsprojekten hält sich das Innenministerium um | |
Ministerin Nancy Faeser (SPD) zurück. Das Schweigen dürfte kommunale | |
Verwaltungen und Initiativen gegen Rechts nicht helfen, rechten | |
Ansiedlungen zu erkennen und zu verhindern. | |
In den Antworten der Bundesregierung wird oftmals erklärt, keine | |
Informationen zu haben, wie zu Siedlungsbemühungen des rechtsextremen „Bund | |
für Gotterkenntnis – Ludendorff e.V.“ oder zu den Versuchen von völkischen | |
Siedelnden, eigene Schul- und Bildungsprojekte aufzubauen. | |
Im Milieu der völkischen Siedelnden wird nicht bloß vermeintlich | |
unpolitisches, germanisches Brauchtum gepflegt, sondern es werden auch | |
Wehrsportübungen durchgeführt. Im Oktober 2021 ging die Polizei [2][gegen | |
eine Gruppe um Jens G. in Niedersachsen vor], sie stellten Waffen, | |
Waffenteile und Munition sicher. Sechs der neun Verdächtigen waren | |
Reservisten der Bundeswehr. G. bewegt sich im Milieu der völkischen | |
Siedelnden, gehört der „Artgemeinschaft“ an. Der Mörder von Walter Lübck… | |
Stephan Ernst, war ebenfalls in der Glaubensgemeinschaft. Doch welche | |
Erkenntnisse die Bundesregierung zu Personen aus völkischen | |
Siedlungsprojekten, die „über waffen- oder sprengstoffrechtliche | |
Erlaubnisse verfügten oder verfügen“ hat, bleibt unbekannt. | |
Die Antworten belegen für Renner: „Extrem rechte Siedlungsprojekte sind | |
eine von den Behörden immer noch unterschätzte Gefahr“. „Kontakte zur | |
gewaltbereiten Neonaziszene oder in sicherheitsrelevante Behörden sind dort | |
keine Seltenheit, wie der Lübcke-Mörder oder die Reservisten um G. | |
belegen“, so die Linke Bundestagsabgeordnete. Dass auch keine Angaben zu | |
staatlichen Fördermitteln, Waffenerlaubnissen oder zu Straftaten aus diesem | |
Milieu erfolgten, bekräftige diese Annahme noch stärker, so Renner. | |
13 Jul 2022 | |
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[1] /Rechtsesoterische-Anastasia-Bewegung/!5724712 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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