# taz.de -- Hartz-IV-Nachfolger: Wie viel Bürgergeld darf's sein? | |
> Der Regelsatz soll 502 Euro betragen. Sozialverbände kritisieren das als | |
> zu niedrig, der Handwerksverband als zu hoch. | |
Bild: Aktion „Hungern oder Frieren“ der Landesarmutskonferenz vor dem Finan… | |
BERLIN taz | Der von Arbeitsminister [1][Hubertus Heil], SPD, | |
vorgeschlagene Regelsatz für das neue Bürgergeld stößt auf Kritik. Die | |
geplante Erhöhung um 50 Euro kritisieren Sozialverbände als zu niedrig. Der | |
Handwerksverband wiederum kritisiert das Konzept und findet den von Heil | |
vorgeschlagenen Betrag zu hoch. Der Regelsatz für das künftige Bürgergeld | |
soll nach Plänen des Bundessozialministeriums für alleinstehende Erwachsene | |
ab Januar 502 Euro im Monat betragen. Gegenwärtig erhalten sie 449 Euro. | |
Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands | |
sagte am Montag: „Nach unseren Berechnungen würde ein [2][seriös | |
berechneter Regelsatz] derzeit 678 Euro betragen.“ Schneider fordert die | |
Erhöhung der Regelsätze um mindestens 200 Euro schon ab diesem Herbst. | |
Außerdem sollten Stromkosten genauso derzeit schon die Heiz- und Mietkosten | |
vom Jobcenter übernommen werden. | |
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für | |
Wirtschaftsforschung fordert ebenfalls eine höhere Grundsicherung. | |
Insbesondere in Krisenzeiten sei es essenziell, dass soziale Leistungen | |
ausreichend und verlässlich sein müssten, so Fratzscher. | |
[3][Helen Steinhaus], Gründerin des Vereins „Sanktionsfrei“ plädiert zudem | |
für die Abschaffung der Sanktionen im Bürgergeld. Das Institut für Sozial- | |
und Wirtschaftsforschung (INES) führte im Auftrag des Vereins eine Studie | |
durch. Ein Ergebnis: Geldkürzungen bringen Menschen nicht nachhaltig in | |
Arbeit, sondern haben einen einschüchternen Effekt und können sogar | |
Krankheiten verursachen. Auch Steinhaus fordert zusätzlich zur Abschaffung | |
der Sanktionen eine Erhöung der Regelsätze um mindestens 200 Euro: „Sonst | |
ist es kein Bürgergeld, sondern Bürger-Hartz.“ In der Reform der | |
Grundsicherung sind Regelsatzkürzungen von bis zu 30 Prozent Geldkürzungen | |
enthalten, wenn auch erst nach einer halbjährigen Vertrauenszeit. | |
## Bürgergeld nur Hartz-IV plus Inflationsausgleich? | |
Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter | |
Wollseifer sieht in dem neuen Gesetz eine Demotivation für Geringverdiener. | |
Viele fragten sich, warum sie morgens um 7 Uhr schon arbeiten sollten, wenn | |
Bürgergeld-Bezieher fast das Gleiche bekämen, so Wollseifer gegenüber der | |
Rheinischen Post. | |
„Statt anderen öffentlich Ratschläge zu erteilen, sollte der | |
Handwerksverband dafür sorgen, dass die Beschäftigten der Branche für ihre | |
gute Arbeit auch gute Löhne bekommen“, empfiehlt hingegen der | |
Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken-Fraktion, Jan Korte. Auch | |
seine Partei fordert eine noch stärkere Erhöhung des Regelsatzes: „Das | |
aktuell geplante,Bürgergeld' ist kaum etwas anderes als Hartz-IV plus | |
Inflationsausgleich.“ | |
Das Bürgergeld soll am 1. Januar 2023 eingeführt werden. Durch das Kabinett | |
geht der entsprechende Gesetzesentwurf voraussichtlich am Mittwoch. Neben | |
der Regelsatzerhöhung sollen auch Weiterbildungsmöglichkeiten ausgebaut | |
werden, um Arbeitslose nachhaltig in Jobs vermitteln zu können. Sanktionen | |
werden abgebaut, allerdings nicht ganz gestrichen. Innerhalb der Ampel | |
hatte sich vor allem die FDP dafür ausgesprochen, die Möglichkeit zu | |
Leistungskürzungen aufrechtzuerhalten. Das Bundesverfassungsgericht hatte | |
in einem Urteil im Jahr 2019 zwar eine Reform angemahnt, aber Kürzungen um | |
bis zu 30 Prozent für zulässig erklärt. | |
„Die Sanktionen werden deutlich gesenkt, weit über die Vorgaben des | |
Bundesverfassungsgerichts hinaus“ sagt Andreas Audretsch, für Sozialpolitik | |
zuständiger Fraktionsvize der Grünen, über die Ampel-Pläne. „In den ersten | |
sechs Monaten des Leistungsbezugs wird Vertrauen aufgebaut – folglich wird | |
in dieser Zeit kaum noch sanktioniert. Da geht es erstmal darum, gemeinsam | |
eine Perspektive zu entwickeln.“ In der darauf folgenden sogenannten | |
„Kooperationszeit“ würden die Sanktionen gesenkt und gestaffelt. | |
12 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anne Frieda Müller | |
Tobias Schulze | |
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