| # taz.de -- Halbzeit für Bundespräsident Steinmeier: Der Überraschende | |
| > Frank-Walter Steinmeier macht seine Sache als Bundespräsident gut. Er hat | |
| > das richtige Thema: Demokratie. Und er vertritt es mit Nachdruck. | |
| Bild: Publikumsliebling: Bundespräsident Steinmeier, im Juni 2019 beim Evangel… | |
| Er ist kein glänzender Redner, wie Joachim Gauck es war. Er ist keiner, der | |
| sich wie Richard von Weizsäcker als moralisches Kontrastmittel zum | |
| Bundeskanzler in Szene setzt. [1][Frank-Walter Steinmeier], Erfinder der | |
| Agenda 2010, verkörpert, so das nüchterne Urteil seines Biografen Sebastian | |
| Kohlmann, einen neuen Typ von bundesdeutschem Politiker: den Büroleiter, | |
| pragmatisch, frei von Charisma und Leidenschaft. | |
| Viele waren 2017 skeptisch, ob es angesichts des wachsenden Grabens | |
| zwischen politischer Klasse und Volk eine gute Idee war, ausgerechnet einen | |
| Mann des Apparats zum Bundespräsidenten zu machen. Er wurde es ja auch nur, | |
| weil Merkel einfach niemand anderen fand. | |
| Gemessen an den niedrigen Erwartungen, die sich mit seinem Einzug ins | |
| Bellevue verknüpften, ist Steinmeiers Präsidentschaft eine Überraschung. Er | |
| hat nicht nur [2][das richtige Thema] – Demokratie – er vertritt es mit | |
| Nachdruck, Augenmaß und Beharrlichkeit. Er hat die Witwe des mutmaßlich von | |
| einem Rechtsterroristen [3][ermordeten Walter Lübcke] besucht, als | |
| zumindest Teile der CDU sich noch auffällig zurückhielten. Er hat die | |
| Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz getroffen, einen Rabbiner, der | |
| antisemitisch beschimpft wurde, und Mesut Özil ins Bellevue eingeladen. | |
| All das waren keine großen Events, die Schlagzeilen machten, aber gezielt | |
| gesetzte Gesten, um der schleichenden Bedrohung ziviler, demokratischer | |
| Normen zumindest symbolisch etwas entgegenzusetzen. | |
| Gleichzeitig meidet Steinmeier klug allzu griffige Abwertungen wie | |
| Dunkeldeutschland, die eher Abgrenzungswünsche der moralischen Eliten | |
| bedienen als für analytische Klarheit sorgen. Zuletzt hat Steinmeier die | |
| Grenze zwischen Bürgerlichkeit, die die AfD für sich reklamiert, und | |
| Rechtsextremismus markiert. | |
| Das ist, für einen Bundespräsidenten, ein riskantes Manöver. Es muss | |
| deutlich genug sein, um verstanden zu werden, und vorsichtig genug | |
| formuliert, um nicht in den Ruch zu geraten, Parteipolitik zu sein. | |
| Diplomatie im Ton, Entschiedenheit in der Sache. Dafür ist Steinmeier nicht | |
| der Schlechteste. | |
| 18 Sep 2019 | |
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| Stefan Reinecke | |
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