# taz.de -- Habeck und Geywitz beim Fernwärmegipfel: Fernwärme als Nahlösung | |
> Wer sich an ein öffentliches Wärmenetz anschließen lässt, könnte sich den | |
> Heizungstausch sparen. Doch auch bei der Fernwärme ist noch einiges zu | |
> tun. | |
Bild: Fernwärmeleitung entlang der Emscher in Essen, Nordrhein-Westfalen | |
BERLIN taz | Botschaften wie diese könnten die erregte Heizungsdebatte | |
etwas entspannen: 100.000 Gebäude sollen jährlich zusätzlich an | |
Fernwärmenetze angeschlossen werden, erklärte Bundesbauministerin Klara | |
Geywitz (SPD) am Montag. Für die darin gelegenen Wohnungen wäre das Problem | |
auf einfache Art gelöst, wenn die alten Öl- oder Gasheizungen kaputtgehen. | |
Fernwärme heißt so, weil das heiße Wasser aus zentralen Anlagen durch dicke | |
Rohre in die einzelnen Gebäude geliefert wird. Die Wärme entsteht nicht | |
erst im Heizkessel im jeweiligen Keller. Eine positive Folge: Die | |
Immobilienbesitzer:innen brauchen sich nicht individuell die Köpfe | |
über die Renovierung ihrer Heizungen zu zerbrechen. Da gibt es allerdings | |
einiges zu tun. Nur knapp ein Siebtel ist mit einem Fernwärmenetz | |
verbunden. In Ostdeutschland sieht man die Rohre häufiger als im Westen. | |
Geywitz und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) haben Anfang | |
der Woche ihren sogenannten Fernwärme-Gipfel veranstaltet, unter anderem | |
mit Wirtschafts-, Verbraucher- und Immobilienorganisationen. Fernwärme | |
bietet perspektivisch eine Variante für den Austausch fossil befeuerter | |
Kessel und die Bereitstellung klimaneutraler Wärme – neben Wärmepumpen und | |
weiteren Techniken. Die Bundesregierung arbeitet momentan an ihrem Gesetz | |
zur städtischen Wärmeversorgung und am [1][Gesetz zum Austausch fossiler | |
Heizungen bis 2045]. | |
Eine Festlegung in der Gipfel-Erklärung dürfte viele private | |
Immobilienbesitzer:innen besonders interessieren: Wer sich an ein | |
geplantes Fernwärmenetz anschließen lassen will, „sollte von der Pflicht | |
zum Einbau einer Heizung befreit werden, die die 65-Prozent-Vorgabe für | |
erneuerbare Energien erfüllt“. Neu ist das allerdings nicht: Eine solche | |
Ausnahme sieht die Bundesregierung auch schon in ihrem bisherigen Entwurf | |
für das neue Heizungsgesetz vor. | |
## Zwei Drittel fossile Fernwärme | |
„Die Vertreterinnen und Vertreter des heutigen Treffens haben bekräftigt, | |
dass bis 2030 insgesamt die Hälfte der Wärme in den Netzen klimaneutral | |
erzeugt werden soll“, sagte Habeck. | |
Die Wärme in den Fernwärmenetzen stammt bisher allerdings auch noch zu zwei | |
Dritteln aus fossil befeuerten Kraftwerken. Wie also kann die Fernwärme | |
klimaneutral werden? [2][Eine Zukunftstechnologie seien strombetriebene | |
„Großwärmepumpen“], die die Wärme beispielsweise aus der Umgebungsluft | |
gewönnen, schreibt die Deutsche Energie-Agentur (Dena) in einer aktuellen | |
Studie. | |
Weiterhin nennt diese Beratungseinrichtung der Bundesregierung „Geo- und | |
Solarthermie als zentrale Energiequellen“. Geothermie bedeutet, dass zum | |
Beispiel heißes Wasser in tiefen Gesteinsschichten angezapft wird. Hinzu | |
kämen Biomasse in der Landwirtschaft, Abwärme von Industrieanlagen und auch | |
etwas grüner Wasserstoff, schätzt die Dena. Auf diese Art könnten künftig | |
25 Prozent des Wärmebedarfs durch Fernwärme gedeckt werden. | |
Solche Größenordnung hält auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) für | |
realistisch. In ihm sind die kommunalen Stadtwerke organisiert, die die | |
Fernwärme heute wesentlich bereitstellen. Allerdings müssen die meisten | |
Städte und Gemeinden den Ausbau dieser Netze erst einmal entwerfen. Laut | |
dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll in Städten ab 100.000 | |
Einwohner:innen die Wärmeplanung bis Ende 2025, auf jeden Fall aber bis | |
Ende 2027 fertig sein, in kleineren Städten spätestens Ende 2028. | |
## Manche Kommunen haben schon losgelegt | |
Vor diesem Hintergrund hält es der VKU aber für ausgeschlossen, dass die | |
Netze schon 2030 zu 50 Prozent klimaneutrale Wärme liefern, wie die | |
Regierung anpeilt. Dafür brauche man mehr Zeit und Geld, sagt der Verband. | |
Statt den bisher vorhandenen drei Milliarden Euro bis 2026 fordert der | |
Stadtwerke-Verband eine entsprechende Summe pro Jahr. Die Dena geht etwas | |
kleiner ran. Nach deren Berechnungen würde bis 2045 etwa eine Milliarde | |
Euro jährlich reichen, um die kommunale Fernwärme klimaneutral auszubauen. | |
Eine weitere heikle Frage betrifft die Konkurrenz der Fernwärmenetze zu | |
individuellen Heizungen. Die zentralen Anlagen und Rohrleitungen sind teuer | |
– sie lohnen sich nur, wenn sich möglichst viele Hauseigentümer:innen | |
und Firmen anschließen. | |
„Es muss geregelt werden, dass im Regelfall auch ein Anschluss- und | |
Benutzungszwang besteht, um die Wirtschaftlichkeit der Systeme zu sichern“, | |
sagte Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und | |
Gemeindebundes. Beim VKU hieß es, dann sollte der Staat nicht gleichzeitig | |
auch den Einbau individueller Wärmepumpen fördern. | |
Solche Details sind zu klären. Wobei manche Kommunen schon losgelegt haben. | |
So [3][plant München Geothermie-Kraftwerke], Mannheim die Nutzung | |
industrieller Abwärme und Halle an der Saale eine Fluss-Wärmepumpe. | |
12 Jun 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Umstrittenes-Heizungsgesetz/!5938072 | |
[2] /Waermeenergie-aus-Flusswasser/!5925491 | |
[3] /Abschied-vom-Heizkraftwerk-Sued-in-Muenchen/!5725942 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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