# taz.de -- Grüne unter Druck: Kein Grund zur Zerknirschung | |
> Der Zeitgeist steht derzeit ungünstig für die Grünen. Doch die Partei | |
> bleibt der unverzichtbare Motor der ökologischen Transformation. | |
Bild: Es gibt Grund für selbstkritische Reflexion, nicht aber für grüne Zerk… | |
Die 40-Jahr-Feier zum Einzug der Grünen in den Bundestag hätte fröhlicher | |
ausfallen können. Sie war getrübt durch sinkende Umfragewerte, das Gezerre | |
um das Gebäudeenergiegesetz und den internen Konflikt um den europäischen | |
Asylkompromiss. Aber das sind nur Oberflächenphänomene. Das aktuelle grüne | |
Tief hat viel damit zu tun, dass die Stimmung im Land wie in Europa am | |
Kippen ist. Grüne Hegemonie in bestimmten Milieus ist weit von politischer | |
Mehrheitsfähigkeit entfernt. Der Zeitgeist bläht nicht mehr das grüne | |
Segel. | |
In der Klimapolitik wachsen die Widerstände, [1][wenn es ans Eingemachte | |
geht]. Forcierte Zeitpläne und ordnungspolitische Unklarheit – wie viel | |
ökologische Marktwirtschaft, wie viel engmaschige Top-down-Regulierung – | |
verschärfen das Problem. | |
Auch in kulturellen Streitfragen baut sich massiver Widerstand auf. Das | |
Wutbürgertum – beim [2][Bahnhofsprojekt Stuttgart 21] scheinbar noch | |
Verbündeter der Grünen – richtet sich jetzt voll gegen sie. Grüne Anliegen | |
und Diskurse sind nicht mehr wie selbstverständlich in der Offensive. | |
Vielfach geht es – wie in der Flüchtlingspolitik – eher um die Verteidigung | |
elementarer Standards. Darauf muss sich grüne Politik neu einstellen, sonst | |
gibt es ein unsanftes Erwachen. | |
Das Ende der Schönwetterpolitik gilt nicht nur für die Grünen. Alle | |
Parteien müssen Antworten auf die Akkumulation von Krisenfaktoren jenseits | |
des Klimawandels finden: Krieg, Teuerung, Steuer- und Abgabenlast, | |
Regulierungsdickicht, Fachkräftelücke, Wohnungsnot. Das „Modell D“ trudelt | |
in eine Krise, die nicht nur den Wohlstand, sondern auch die demokratische | |
Stabilität gefährdet. Vertrauen und Wahlen gewinnt, wer den Mut zum Wandel | |
mit Augenmaß, Fairness und einer neuen Idee von Fortschritt verbindet. | |
Es gibt Grund für selbstkritische Reflexion, nicht aber für grüne | |
Zerknirschung. Grüne bleiben der unverzichtbare Motor der ökologischen | |
Transformation. Und sie halten die Ampel auf Kurs bei der Unterstützung der | |
Ukraine. Das ist schon viel. | |
16 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Fücks | |
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