| # taz.de -- Gleiche Bezahlung von Lehrkräften: Bewegung beim Thema A13 für al… | |
| > Bisher bezahlen nur die Hälfte der Bundesländer alle Lehrer:innen | |
| > gleich. Drei Länder ziehen bald nach, auf den Rest will die GEW Druck | |
| > ausüben. | |
| Bild: Grundschullehrkräfte fordern eine gerechte Bezahlung | |
| Berlin taz | Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert, | |
| dass einige Bundesländer immer noch nicht alle Lehrkräfte gleich entlohnen. | |
| Eine landesweit einheitliche Eingangsbesoldung (in der Regel A13) haben | |
| bisher [1][nur die Hälfte der Länder umgesetzt]. Schlechter bezahlt werden | |
| vor allem Grund- und Haupt- und Realschullehrer:innen. | |
| Der Unterschied beträgt mehrere hundert Euro: Eine Lehrkraft mit A13 | |
| verdient je nach Bundesland als Einstiegsgehalt aktuell zwischen 3.900 Euro | |
| (Mecklenburg-Vorpommern) und 4.600 Euro (Bayern). Bei A12 liegt die Spanne | |
| zwischen 3.500 und 3.900 Euro. | |
| Am Samstagvormittag hat die GEW deshalb zu einer Protestkundgebung in | |
| Frankfurt am Main aufgerufen. Hessen ist eines der Länder, die eine gleiche | |
| Bezahlung bislang aus Kostengründen ablehnen. Nur falls die Nachbarländer | |
| hessische Fachkräfte mit höherem Gehalt weglocken, sieht die schwarz-grüne | |
| Landesregierung nach eigenen Angaben Handlungsbedarf. | |
| Dieser Fall könnte bald eintreten. Denn mit Nordrhein-Westfalen, | |
| Niedersachsen und Bayern haben in den letzten Monaten drei unmittelbare | |
| Nachbarn Hessens ein höheres Lehrergehalt an Grundschulen & Co. | |
| angekündigt. Alle reagieren damit auf den Lehrer:innenmangel, der sich vor | |
| allem dort zeigt, [2][wo das Personal schlechter bezahlt wird als an den | |
| Gymnasien]. | |
| In NRW hat sich die neue schwarz-grüne Landesregierung deshalb auf eine | |
| schrittweise Erhöhung der nichtgymnasialen Lehrkräfte auf A13 geeinigt, | |
| zunächst über Zulagen. Ab August 2026 sollen dann auch Lehrer:innen an | |
| Grundschulen und der Sekundarstufe I in die höhere Besoldungsstufe | |
| aufgenommen werden. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) bezeichnet die | |
| Angleichung als ein „deutliches Signal der Anerkennung und Wertschätzung“. | |
| 900 Millionen Euro gibt NRW dafür allein bis 2026 aus. | |
| ## Hat Bildung Priorität? | |
| Auch in Niedersachsen führt eine Landtagswahl zu höherem Gehalt der | |
| Lehrkräfte. Schon im Wahlkampf waren sich SPD und Grüne einig, dass alle | |
| Lehrkräfte A13 bekommen sollten. Entsprechend steht das Versprechen auch im | |
| Koalitionsvertrag, den Rot-Grün diese Woche unterschrieben hat. Die | |
| Koalition geht von Mehrausgaben von 220 und 300 Millionen im Jahr aus. | |
| Zu den Kosten sagte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil | |
| (SPD), dass Bildung „Priorität im Landeshaushalt haben muss“. Mit A13 für | |
| alle will das Land mehr Lehrkräfte gewinnen. Der Zeitplan der Reform steht | |
| aber noch nicht fest. | |
| Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat im September A13 für | |
| alle Lehrkräfte versprochen. Wie ernst es Söder mit der Ankündigung ist, | |
| ist allerdings unklar. Im kommenden Jahr steht in Bayern eine Landtagswahl | |
| an. Erst danach will Söder die Aufstockung aller Lehrer:innen auf A13 | |
| umsetzen. Druck bekommt Söder beim Thema A13 auch vom eigenen | |
| Koalitionspartner. Und von der Realität an den Schulen. | |
| Zum Schulstart wurde bekannt, dass auch Bayern mittlerweile stark vom | |
| Lehrer:innenmangel betroffen ist. Vor allem an Grund- und | |
| Mittelschulen (so heißen die Hauptschulen in Bayern) fehlt Personal. Das | |
| musste auch Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) einräumen. Wohl | |
| auch deshalb ist Bayern nun offenbar bereit, in höhere Gehälter zu | |
| investieren. Laut Finanzministerium in München wären für die A13-Mehrkosten | |
| rund 190 Millionen Euro im Jahr fällig. | |
| GEW-Vorständin Frauke Gützkow freut sich über die Bewegung in den drei | |
| Ländern. „Die bessere Bezahlung ist ein wichtiger Baustein, um den | |
| Lehrkräftemangel zu bekämpfen“, so Gützkow. „Die Länder mit besonderem | |
| Beharrungsvermögen werden sich einer fairen Lösung nicht länger entziehen | |
| können.“ Damit meint sie Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, das Saarland, | |
| Baden-Württemberg und Hessen. | |
| ## Es fehlen 40.000 Lehrer:innen | |
| Neben den finanziellen Mehrkosten begründen diese fünf Länder die | |
| unterschiedlichen Gehälter auch mit dem längeren Studium bei | |
| Gymnasiallehrer:innen sowie deren höhere Arbeitsbelastung durch | |
| größere Klassen oder längere Arbeitszeiten. Eine Begründung, die der | |
| Arbeitsrealität an vielen Grund- oder Hauptschulen nicht gerecht wird – und | |
| vermutlich auch nicht förderlich ist, um neue Fachkräfte zu gewinnen. | |
| Einzig die schwarz-rot-gelbe Koalition in Sachsen-Anhalt hat angedeutet, | |
| dass sie es sich anders überlegt. Einen Antrag der Linksfraktion für ein | |
| besseres Gehalt an Grundschulen haben die Parteien jedoch gerade abgelehnt. | |
| Dabei sind sich alle Seiten einig, dass die Politik den | |
| [3][Fachkräftemangel] dringend angehen muss, um guten Unterricht für alle | |
| Schüler:innen zu gewährleisten. Aktuell fehlen nach Einschätzung des | |
| Deutschen Lehrerverbandes bundesweit 40.000 Lehrkräfte. Im Jahr 2035 | |
| könnten es bereits mehr als 150.000 sein, warnt der Bildungsforscher Klaus | |
| Klemm. | |
| Die Kultusministerkonferenz (KMK) will mehr Personal vor allem dadurch | |
| gewinnen, dass sie für mehr Ausbildungsplätze und niedrigere Abbruchquoten | |
| an den Unis sorgt und mehr Personen für einen [4][Quer- und Seiteneinstieg] | |
| gewinnt. Allerdings erschöpft sich nach Einschätzung des Leibniz-Instituts | |
| für Bildungsforschung und Bildungsinformation der Markt. | |
| Welche Folgen das hat, sieht man derzeit in Brandenburg und | |
| Mecklenburg-Vorpommern. Dort sollen nach Plänen aus Potsdam und Schwerin | |
| künftig auch Lehrkräfte ohne Staatsexamen oder Masterabschluss verbeamtet | |
| werden können. Eigentlich eine Verletzung der von der KMK 2013 | |
| beschlossenen Standards. | |
| Wie so oft im Bildungsföderalismus hat jedes Land natürlich noch seine | |
| eigenen Ideen. In Sachsen-Anhalt dürfen Studierende im Masterstudium schon | |
| an Schulen arbeiten. Berlin verbeamtet seit Kurzem wieder seine | |
| Lehrer:innen. Woanders sollen Pensionäre oder [5][geflüchtete Lehrkräfte | |
| aus der Ukraine] einspringen. Ein weiterer begehrter Trick: neue Stellen | |
| schaffen. | |
| ## Hessen wiegelt ab | |
| Diesen Trick hat soeben Hessens Bildungsminister Alexander Lorz (CDU) | |
| angewendet. Im Bildungsetat für 2023/24 hat sein Ministerium 4.000 neue | |
| Stellen an Schulen eingeplant. Ob und mit welchem Personal er diese Stellen | |
| überhaupt besetzen kann, scheint ihn nicht weiter zu interessieren. | |
| Zum Schulstart im Herbst bestritt Lorz, dass der Personalmangel an | |
| hessischen Schulen dramatisch sei. Opposition und Lehrerverbänden, die das | |
| kritischer einschätzen, warf der Bildungsminister Panikmache vor. | |
| Derzeit sollte man eher nicht davon ausgehen, dass die hessische | |
| Landesregierung ihre Meinung ändert und doch noch auf eine attraktivere | |
| Bezahlung an Grundschulen setzt. Vielleicht muss es wieder eine | |
| Landtagswahl richten. Auch in Hessen wird kommendes Jahr gewählt. | |
| 13 Nov 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.gew.de/ja13/a13-stand-der-dinge/ | |
| [2] /Mangel-an-Lehrkraeften/!5884142 | |
| [3] /Lehrermangel-und-Inklusion/!5873408 | |
| [4] /Mangel-an-Lehrkraeften/!5884142 | |
| [5] /Flucht-aus-der-Ukraine/!5852136 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Pauli | |
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