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# taz.de -- Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung: Maas macht mobil
> Der Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung liegt früher vor als
> erwartet. Für eine kritische Bewertung bleibt bei dem Tempo kaum Zeit.
Bild: Ein ganz Schneller: Bundesjustizminister Heiko Maas.
FREIBURG taz | Das Justizministerium hat schnell gearbeitet. Erst vor vier
Wochen hatte Justizminister Heiko Maas (SPD) „Leitlinien“ zur
Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung vorgelegt. Jetzt liegt schon
der fertige Gesetzentwurf vor. [1][Netzpolitik.org] hat ihn am Wochenende
geleakt. ([2][pdf bei Netzpolitik], alternativ eine [3][Kopie auf taz.de])
Der Gesetzentwurf befindet sich jetzt mit knapper Frist in der
Ressortabstimmung der Bundesregierung. Das heißt: Die anderen Ministerien
können noch Stellung nehmen. Allerdings ist der Entwurf bereits mit dem
Innenministerium abgestimmt, sodass vorerst mit keinen weiteren Änderungen
zu rechnen ist.
Wenn das Tempo so weitergeht, wird das Gesetz noch vor dem Sommer im
Bundestag beschlossen. Die Bundesregierung will den Kritikern
offensichtlich keine Zeit geben, sich zu einer breiten Bewegung zu
formieren.
Wie bereits in den Leitlinien angekündigt, soll künftig zehn Wochen lang
gespeichert werden, wer wann mit wem telefoniert/gesimst hat. Ebenso wird
zehn Wochen lang festgehalten, wer sich wann mit welcher IP-Adresse ins
Internet einwählte. Der Standort von Handys wird nur vier Wochen lang
gespeichert. Die Verbindungsdaten von E-Mails sollen verschont bleiben.
## Anlasslos und auf Vorrat
Erfasst werden jeweils die Daten der gesamten Bevölkerung. Die Speicherung
erfolgt anlasslos und auf Vorrat. Die Polizei kann aber nur beim Verdacht
auf bestimmte schwere Straftaten darauf zugreifen. Von Polizeiseite wurde
bereits kritisiert, dass man so zum Beispiel den Enkeltrick nicht aufklären
kann. Dabei rufen Betrüger bei alten Leuten an und geben sich als Enkel in
Notlage aus. Den alten Leuten ist es peinlich, dass sie sich an den Enkel
nicht erinnern können, weshalb sie oft ihr gesamtes Geld Fremden übergeben.
Auch in Zukunft kann die Nummer des Anrufers aber festgestellt werden, wenn
das Telefonunternehmen aus technischen Gründen oder zu Abrechnungszwecken
noch über die Verbindungsdaten verfügt. In der Praxis sind solche Daten
bislang erstaunlich häufig vorhanden gewesen. Auch rechtlich ist der
Zugriff dann möglich, denn ohnehin vorhandene Daten darf die Polizei zur
Aufklärung von Taten abfragen, die „mittels einer
Telekommunikationseinrichtung“ begangen wurden.
Breiter ist der Nutzungsbereich der auf Vorrat gespeicherten IP-Adressen.
Mit der sogenannten Bestandsdatenauskunft dürfen Straftaten aller Art
aufgeklärt werden. Nur Ordnungswidrigkeiten sind ausgenommen. Bei der
Bestandsdatenauskunft will die Polizei wissen, welchem Vertragsinhaber eine
IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugeordnet war. In der Praxis
dürfte das wohl die wichtigste Nutzung der Vorratsdaten sein.
Facebook-, Twitter- und WhatsApp-Nachrichten werden als Telemediendienste
vom Gesetzentwurf gar nicht erfasst. Die Speicherpflicht ist damit so
lückenhaft, dass es diesmal nicht zuletzt ums Prinzip geht. Wenn so die
anlasslose Speicherung durchgesetzt ist, werden die Lücken vermutlich umso
lauter beklagt werden.
Eine laut Gesetzentwurf geplante Statistik dürfte daher nicht nur Material
für Kritiker liefern. Künftig soll jährlich veröffentlicht werden, wie oft
die Polizei auf zwangsweise gespeicherte Vorratsdaten zugreift, wie oft sie
vorhandene Verkehrsdaten abfragt und wie oft Abfragen „ergebnislos
geblieben sind, weil keine Daten verfügbar waren“.
17 May 2015
## LINKS
[1] http://Netzpolitik.org
[2] http://netzpolitik.org/wp-upload/2015-05-15_BMJV-Referentenentwurf-Vorratsd…
[3] /static/pdf/2015-05-15_BMJV-Referentenentwurf-Vorratsdatenspeicherung.pdf
## AUTOREN
Christian Rath
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