# taz.de -- Geplantes Einfrieren von EU-Fördergeld: Plötzlich hat es Ungarn e… | |
> Die ungarische Regierung reagiert ungewöhnlich schnell auf von Brüssel | |
> geforderte Gesetzesänderungen. Die EU hat gedroht, Milliarden zu | |
> streichen. | |
Bild: Die ungarische Opposition macht Premier Orbán verantwortlich für den m�… | |
WIEN taz | Aus Budapest ist Erstaunliches zu hören: Das dortige Parlament | |
will in dieser Woche nicht weniger als 17 Gesetzesänderungen beschließen, | |
die von der Europäischen Kommission gewünscht wurden. Schon letzte Woche | |
wurde die Einrichtung einer neuen Antikorruptionsbehörde beschlossen. So | |
viel Konzilianz ist von Premier Viktor Orbán und dessen mit | |
Zweidrittelmehrheit im Parlament ausgestatteter Partei Fidesz nicht oft zu | |
sehen. Aber es geht um 7,5 Milliarden Euro an Fördermitteln, die Brüssel | |
zurückhalten will. | |
[1][Vergangenen Donnerstag hatte das EU-Parlament] in einem ungewöhnlichen | |
Schritt mit breiter Mehrheit eine Resolution verabschiedet, in der | |
festgestellt wurde, dass Ungarn keine volle Demokratie mehr sei, sondern | |
vielmehr eine „Wahlautokratie“. Doch Konsequenzen leiten sich daraus | |
zunächst nicht ab. Kommentatoren in Ungarn vermuten, dass damit vielmehr | |
Druck auf die zwischen der Europäischen Kommission und Ungarn geführten | |
Gespräche gemacht werden soll. Ungarn soll nachweisen, dass es EU-Gelder | |
bestimmungsgemäß verwendet. | |
Die Abgeordneten der Fidesz haben die Resolution scharf zurückgewiesen. Sie | |
beruhe „auf zahlreichen Unwahrheiten“. Sie vermuten eine Strafaktion, weil | |
die nationalkonservative Fidesz im vergangenen April [2][zum vierten Mal in | |
Folge an die Regierung gewählt worden sei]. Die staatlich gelenkten Medien | |
stellen den Konflikt als Kampf zwischen Ungarn und der EU dar. „In den | |
freien Medien ist es klar, dass nicht Ungarn, sondern die ungarische | |
Regierung gemeint ist“, sagt István Hegedüs, der Vorsitzende der | |
Ungarischen Europagesellschaft, einer liberalen Nichtregierungsorganisation | |
in Budapest. | |
Die Opposition macht Orbán und sein illiberales Regime verantwortlich für | |
den wirtschaftlichen Schaden, der aus dem Einfrieren der Gelder erwachsen | |
könnte. „Wenn die Regierung jetzt Zugeständnisse machen muss, ist das schon | |
eine Niederlage für Orban“, meint Hegedüs. Er ist optimistisch, dass die | |
Antikorruptionsbehörde einen Unterschied machen wird: „Es muss garantiert | |
sein, dass sich an den Ausschreibungen nicht nur ein Unternehmen beteiligt, | |
das dann zufällig einem Freund oder Verwandten Orbáns gehört.“ | |
## Vom Bankrotteur zum Millardär | |
Orbáns Jugendfreund Lörinc Mészáros ist so vom bankrotten Gasinstallateur | |
zum Milliardär und reichsten Mann des Landes geworden. Auch Orbáns Vater | |
und Schwiegersohn wurden durch dubios vergebene Staatsaufträge reich. | |
„Der Markt wird total von einigen großen Unternehmen kontrolliert, die in | |
den letzten Jahren alle Ausschreibungen gewonnen haben“, sagt Hegedüs. | |
Ungarns Regierung bestreitet diesen Vorwurf in ihrer Antwort an die | |
EU-Kommission. Bei EU-finanzierten Projekten gebe es weniger Fälle von nur | |
einem Bewerber als bei nationalen Ausschreibungen. Korruptionsfälle, die | |
von der EU-Antikorruptionsbehörde OLAF recherchiert wurden, sind dann von | |
Ungarns Staatsanwaltschaft ohne eigene Nachforschungen sehr schnell ad acta | |
gelegt worden. | |
Der Verantwortliche der Grünen für den Rechtsstaatsmechanismus im | |
Haushaltskontrollausschuss des Europaparlaments, Daniel Freund, ist nicht | |
beeindruckt von Orbáns teilweisem Einlenken: „Was die EU-Kommission hier | |
als Erfolg verkauft, ist bei näherer Betrachtung weniger beeindruckend. | |
Ursula von der Leyen bleibt weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. 80 | |
Prozent der EU-Zahlungen sollen weiter ungehindert nach Ungarn überwiesen | |
werden. 27 Milliarden Euro fließen damit weiter in das korrupte System von | |
Viktor Orbán.“ | |
19 Sep 2022 | |
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[1] /Konflikt-zwischen-Ungarn-und-EU/!5881847 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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