Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Geplante EU-Mittelkürzung für Ungarn: Orbán knickt ein
> Fördergelder einfrieren, damit Ungarn mit Korruption und Demokratieabbau
> Schluss macht: Es ist immerhin ein Anfang – denn Orbán braucht das
> EU-Geld.
Bild: Protest mit EU-Fahne in Budapest am 8. Mai 2018
Ungarn unter [1][Viktor Orbán] provoziert die EU seit mehr als einem
Jahrzehnt mit dem Abbau von Demokratie und Medienfreiheit, mit der
Gängelung der Justiz und einer ausufernden Korruption, die [2][Orbáns
Familie reich gemacht] und eine neue Oligarchenkaste geschaffen hat. Mit
den gängigen Sanktionsmechanismen war dem selbsternannten Vorreiter der
„illiberalen Demokratie“ nicht beizukommen.
Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sieht in
seinem Artikel 7 vor, dass eine Grundrechtsmissachtung von den Staats- und
Regierungschefs einstimmig festgestellt werden muss. Das ist bekanntlich
schwer zu erreichen. [3][Ungarn und Polen], die beide in Sachen Grundrechte
am Pranger standen, hatten jahrelang ihre schützende Hand über den jeweils
anderen gehalten. Und sie hatten alle Versuche blockiert, das Kriterium der
Einstimmigkeit abzuschaffen.
Jetzt hat sich durch den neuen Rechtsstaatsmechanismus und den Ukrainekrieg
ein Fenster aufgetan. Zwei Drittel der Staaten, die 65 Prozent der
EU-Bevölkerung repräsentieren, reichen jetzt aus, um bestimmte Sanktionen
zu beschließen. Und Polens Spitzenpolitiker, die von Orbáns Schmusekurs mit
Wladimir Putin angewidert sind, legen sich nicht länger quer.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat 7,5 Milliarden Euro aus dem
Kohäsionsfonds eingefroren. Das ist immerhin ein Fünftel der
EU-Subventionen an Ungarn und entspricht 5 Prozent der ungarischen
Wirtschaftsleistung (154,12 Milliarden Euro).
Der einzige Grund, warum sich Orbán noch nicht aus dem von ihm als lästiges
Korsett empfundenen Wertesystem der EU befreit hat, ist das Geld. Ungarn
ist pro Kopf der größte Empfänger von EU-Subventionen. Ein großer Teil des
Wachstums und ein erheblicher Teil des neuen Reichtums von Orbáns Freunden
und Verwandten ist aus EU-Töpfen finanziert. Versiegen diese reich
sprudelnden Quellen, dann bleibt vom ungarischen Wirtschaftswunder nicht
viel übrig. Deswegen beißt der autokratische Premier in den sauren Apfel
und verordnet eine Reihe von gesetzlichen Anpassungen, die dafür sorgen
sollen, dass sich die Schleusen in Brüssel wieder öffnen.
Auch früher hat er schon mehrmals in letzter Sekunde zurückgesteckt. Es ist
aber keine gewagte Prognose, dass Orbán keinen Millimeter weiter als
notwendig zurückweichen wird, um die eingefrorenen Gelder loszueisen. Sein
illiberales Projekt wird auf Schiene bleiben. So enthalten die geplanten
Konzessionen keine Schritte in Richtung Unabhängigkeit von Richtern und
Staatsanwaltschaft. Auch an der Kontrolle der Medien wird sich nichts
ändern.
Die Kommission muss also konsequent bleiben, wenn sie eine echte Wende in
Ungarn erreichen will. Angesichts des Rechtsrucks, der sich in Schweden und
Italien anbahnt, wird das nicht leicht durchzusetzen sein.
19 Sep 2022
## LINKS
[1] /Leichtes-Spiel-fuer-Premier-Orban/!5871883
[2] /Geplantes-Einfrieren-von-EU-Foerdergeld/!5879484
[3] /Polen-schafft-die-Disziplinarkammer-ab/!5857375
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Viktor Orbán
Ungarn
Polen
EU-Krise
Viktor Orbán
Schwerpunkt Korruption
Ungarn
Viktor Orbán
Viktor Orbán
Ungarn
Ungarn
Polen
## ARTIKEL ZUM THEMA
Angegriffene Pressefreiheit in Ungarn: Kämpfer an Orbáns Medienfront
Eine österreichische Journalistin wird tagelang in Ungarns TV-Nachrichten
diffamiert. Orbán-treue Medien sehen sich als Teil eines rechten
Kulturkampfes.
Korruption in Ungarn: Orbáns härtester Gegner
Daniel Freund hat eine Mission: Der Europa-Abgeordnete will die Korruption
unter Ungarns Premier bekämpfen. Eine Erkundungsfahrt nach Budapest.
Proteste in Ungarn: Marsch gegen Orbán
Rund 80.000 Menschen demonstrieren in Budapest gegen die Bildungspolitik
der Regierung. Dabei geht es auch um die schlechte Bezahlung von
Lehrkräften
Demonstrationen in Ungarn: Orbán immer unglaubwürdiger
Die Proteste in Budapest richten sich nicht nur gegen die äußerlich maroden
Zustände im Bildungssystem. Orbáns Propaganda kommt immer weniger an.
Berlin-Besuch von Orban: Orban trifft Scholz und Merkel
Für mehrere Tage hält sich Ungarns Ministerpräsident Orban in Berlin auf.
Unter anderem trifft er Kanzler Scholz und Ex-Kanzlerin Angela Merkel.
Geplantes Einfrieren von EU-Fördergeld: Plötzlich hat es Ungarn eilig
Die ungarische Regierung reagiert ungewöhnlich schnell auf von Brüssel
geforderte Gesetzesänderungen. Die EU hat gedroht, Milliarden zu streichen.
Konflikt zwischen Ungarn und EU: Kürzung von EU-Mitteln droht
Das EU-Parlament spricht Ungarn den Demokratiestatus ab und nennt Budapest
eine „Wahlautokratie“. Noch kann Ungarn das Ruder rumreißen.
Polen schafft die Disziplinarkammer ab: Der Streit geht trotzdem weiter
EU-Kommissions-Präsidentin von der Leyen soll nun fast 60 Milliarden
EU-Aufbauhilfe für Polen freischalten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.