| # taz.de -- Konflikt zwischen Ungarn und EU: Kürzung von EU-Mitteln droht | |
| > Das EU-Parlament spricht Ungarn den Demokratiestatus ab und nennt | |
| > Budapest eine „Wahlautokratie“. Noch kann Ungarn das Ruder rumreißen. | |
| Bild: Das ungarische Parlament in Budapest am Nationalfeiertag im August | |
| Brüssel dpa | Ungarn droht wegen Korruption und anderer Verstöße gegen den | |
| Rechtsstaat die Kürzung von EU-Mitteln. Einen entsprechenden Vorschlag an | |
| die Mitgliedstaaten könnte die EU-Kommission am Sonntag beschließen, wie | |
| die Deutsche Presse-Agentur aus EU-Kreisen erfuhr. Es wäre das erste Mal, | |
| dass die Behörde wegen rechtsstaatlicher Verstöße die Kürzung von | |
| EU-Mitteln vorschlägt. | |
| Mit großer Mehrheit stimmten die Abgeordneten des Europaparlaments am | |
| Donnerstag für einen Bericht, nach [1][dem Ungarn] keine vollwertige | |
| Demokratie mehr ist. Die Zustände hätten sich so sehr verschlechtert, dass | |
| es zu einer „Wahlautokratie“ geworden sei. Die Rede war von „einem Zerfall | |
| der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Grundrechte in Ungarn“. | |
| Noch besteht die Möglichkeit für einen Kompromiss. Im Europaparlament | |
| besteht die Befürchtung, dass das Geld letztlich doch fließen wird. Dabei | |
| betonte Kommissionschefin [2][Ursula von der Leyen] noch am Mittwoch, | |
| entschieden gegen Korruption vorgehen zu wollen. Dabei erwähnte sie auch | |
| den Rechtsstaatsmechanismus, der den Missbrauch von Geld aus dem | |
| EU-Haushalt verhindern soll. Ungarn ist bislang das einzige Land, gegen das | |
| ein Verfahren nach diesem Mechanismus läuft. | |
| Die EU-Kommission bemängelt schon lange weit verbreitete Korruption in dem | |
| seit zwölf Jahren von Ministerpräsident Viktor Orbán regierten Land. In | |
| einem Bericht vom Juli ist die Rede von „einem Umfeld, in dem die Risiken | |
| von Klientelismus, Günstlings- und Vetternwirtschaft in der hochrangigen | |
| öffentlichen Verwaltung nicht angegangen werden“. Weil die EU-Kommission | |
| die Gefahr sieht, dass EU-Geld missbraucht wird, löste sie im April den | |
| [3][Rechtsstaatsmechanismus] aus. Geld zu kürzen, wäre der nächste Schritt. | |
| ## Die Entscheidung über das Einfrieren von EU-Geldern treffen die Staaten | |
| Aus dem Dokument der EU-Kommission geht hervor, dass die Behörde den | |
| EU-Staaten vorschlagen könnte, bis zu 70 Prozent aus mehreren Programmen | |
| der Strukturfonds zur Förderung benachteiligter Regionen einzubehalten. | |
| Berechnungen des Grünen-Europaabgeordneten Daniel Freund zufolge könnten | |
| das rund sieben Milliarden Euro sein. Zudem werde die Behörde am Sonntag | |
| Empfehlungen beschließen, wie die Missstände in Ungarn behoben werden | |
| könnten, hieß es. Sollte Ungarn diese umsetzen, könnte es sein, dass das | |
| Geld gar nicht erst eingefroren wird. | |
| Budapest hatte zuletzt Bewegung im Streit mit Brüssel erkennen lassen. In | |
| den vergangenen Wochen stellte sie mehrere Maßnahmen in Aussicht, unter | |
| anderem eine neue Antikorruptionsbehörde. Ungarische | |
| Antikorruptionsaktivisten warnen davor, dass die Orbán-Regierung Brüssel | |
| hinters Licht führen könnte. | |
| Die Entscheidung über das Einfrieren von Geldern treffen letztlich die | |
| EU-Staaten. Sie haben nach der Empfehlung der EU-Kommission bis zu drei | |
| Monate Zeit. Mindestens 15 Staaten mit mindestens 65 Prozent der | |
| EU-Bevölkerung müssen zustimmen. | |
| 15 Sep 2022 | |
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