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# taz.de -- Frauenhäuser in der Corona-Krise: „Es wird dramatisch“
> Beratungsstellen rechnen infolge der Corona-Krise mit mehr häuslicher und
> sexualisierter Gewalt. Das könnte Frauen auch das Leben kosten.
Bild: „Hinschauen, Unterstützung anbieten“: In Corona-Zeiten ist Nachbarsc…
Berlin taz | Hygienetipps auf Deutsch, Türkisch und Arabisch in Küche und
Bad. Beratung an der frischen Luft statt in geschlossenen Räumen. Keine
Ehrenamtlichen mehr beschäftigen – viel mehr kann die Zentrale
Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (ZIF) ihren Häusern derzeit nicht
raten. Doch die Sorgen, was angesichts der Corona-Krise auf die Häuser
zukommt, sind groß: „Es wird dramatisch. Je früher wir uns das bewusst
machen, desto schneller können wir handeln“, sagt Sylvia Haller von der
ZIF, die rund 100 der mehr als 350 bundesweiten Häuser vertritt.
Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen rechnen in den nächsten Wochen mit
einer deutlichen Zunahme [1][häuslicher und sexualisierter Gewalt]. „Diese
Rückmeldung bekommen wir aus allen Bundesländern“, sagt auch Katharina
Göpner vom Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (BFF).
Dort sind rund 190 Stellen zusammengeschlossen, die ambulante Beratung und
Hilfe bereitstellen. Zahlen gebe es zwar noch keine. Damit rechne sie
frühestens in vier Wochen. „Aber die Befürchtung ist überall dieselbe.“
In China war es nach drastischen Quarantänemaßnahmen zur Zunahme häuslicher
Gewalttaten gekommen. Zum Teil war die Zahl der Fälle dreimal so hoch wie
sonst. Der gewalttätige Partner verlässt die Wohnung nicht mehr, Anrufe bei
Beratungsstellen sind kaum noch möglich. Sollte es hierzulande
Ausgangssperren geben, befürchtet Göpner, werde die Situation noch krasser.
Sie sehe zudem die Gefahr, dass auch [2][Femizide] zunehmen.
Die Rechtsanwältin Asha Hedayati, die von Gewalt betroffene Frauen in
Scheidungsfällen vertritt, sagt: „Um sich zu trennen, müssen Frauen mit mir
Kontakt aufnehmen können – und sie brauchen neben der juristischen auch
emotionale Unterstützung. Wenn ich sie wie jetzt nicht mehr in meinem Büro
empfangen kann, kann ich kein Vertrauensverhältnis zu ihnen herstellen. Das
geht nicht so einfach per Skype oder Telefon.“ Um diejenigen, die nun zu
Hause der Gewalt ausgeliefert seien, mache sie sich große Sorgen.
## Zu Hause ausgeliefert
Für die Häuser, die Frauen in Notsituationen aufnehmen, verschärfe die
Krise die schwierige Situation, in der sie ohnehin arbeiten würden, sagt
Sylvia Haller von der ZIF. Ob die Häuser offen bleiben, ist zum Teil
Ländersache, zum Teil Sache der Häuser selbst. Noch habe sie zwar nicht
gehört, dass wegen Corona Aufnahmestopps angeordnet wurden. Doch Plätze wie
auch Finanzierung sind ohnehin dauerhaft knapp. Neben dem Bedarf steige nun
das Risiko, Mitarbeiterinnen und andere im Haus wohnende Frauen anzustecken
und damit den Betrieb vollständig lahmzulegen.
Ein Unterkommen in Frauenhäusern sei in der Corona-Krise „fast
aussichtslos“, befürchtet die frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion
im Bundestag, Cornelia Möhring. Sie fordert die schnelle Bereitstellung von
Notunterkünften, in denen Frauen Unterstützung erhalten und aus der
Gefahrenzone der partnerschaftlichen Gewalt entkommen können. „Das ist für
Frauen überlebenswichtig.“ Zudem müsse der Arbeitsschutz des Personals
gesichert werden. Die Bundesregierung solle nun entsprechende Mittel zur
Verfügung stellen.
Ein Sprecher des Bundesfrauenministeriums sagte der taz, man habe „die
Problematik auf dem Schirm“. Inwieweit Frauenhäuser unter den derzeitigen
Umständen offen bleiben, sei aber in erster Linie Sache der Länder und
Kommunen. Obwohl Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) erklärt hatte,
Gewaltschutz zum Schwerpunkt machen zu wollen, war häusliche Gewalt in
ihren bisherigen Statements zur Corona-Krise kein Thema.
„Wichtig ist jetzt für alle: hinschauen, präsent sein, betroffenen Personen
Unterstützung anbieten“, sagt Katharina Göpner vom BFF. „Gewalt muss in
Zeiten von Corona als Möglichkeit mitgedacht werden.“ Auch Nachbar:innen
könnten dabei eine große Hilfe sein und sich selbst an Beratungsstellen
wenden.
19 Mar 2020
## LINKS
[1] /Geschlechtsspezifische-Gewalt/!5640442
[2] /Petition-fuer-Schutz-vor-Morden-an-Frauen/!5638557
## AUTOREN
Patricia Hecht
## TAGS
Schwerpunkt Femizide
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Sexualisierte Gewalt
Gewalt gegen Frauen
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psychische Gesundheit
Schwerpunkt Femizide
Feminismus
Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
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