# taz.de -- Flughafenchef Lütke Daldrup zum BER: „Unsere Zahlen stimmen“ | |
> Der BER hebt bald ab und die Kritik geht weiter. Nun soll der Flughafen | |
> fast pleite sein. Geschäftsführer Engelbert Lütke Daldrup wehrt sich | |
> gegen die Vorwürfe. | |
Bild: Corona sei die „größte Krise des Luftverkehrs seit dem Zweiten Weltkr… | |
taz: Herr Lütke Daldrup, zählen Sie die Tage bis zur BER-Eröffnung schon | |
rückwärts? | |
Engelbert Lütke Daldrup: Nein. Ich weiß aber natürlich, es müssen | |
inzwischen irgendwas um die 80 Tage sein. | |
Zählen Sie aus Coolness nicht, oder weil Sie nicht dazu kommen? | |
Eher Letzteres. Wir sind gerade beim Cleaning – das heißt, wir überprüfen | |
den späteren Luftsicherheitsbereich mit einer großen Durchsuchungsaktion, | |
auch unter Einsatz von Hubschraubern. Das wird uns bis Ende dieser Woche | |
noch sehr beschäftigen. Danach geht der Probebetrieb weiter bis Mitte | |
Oktober. | |
Kann noch irgendwas die seit 2012 mehrfach verschobene Eröffnung | |
verhindern? | |
Nach menschlichem Ermessen: nein. | |
Seit dreieinhalb Jahren geben Sie als Geschäftsführer der | |
Flughafengesellschaft den Optimisten: Sie haben immer gesagt, der BER wird | |
eröffnen – während andere schon den Abriss und einen kompletten Neubau | |
gefordert haben. Warum waren Sie sich so sicher? | |
Ich kenne dieses Projekt schon seit 2005, und bis 2009 saß ich für den Bund | |
im Aufsichtsrat … | |
… aber die Planungen sahen damals einen ganz anderen Flughafen vor. | |
Stimmt, der sollte kleiner werden. Die Komplexität war damals noch nicht | |
absehbar. Ich habe aber viel Bauerfahrung. Daher wusste ich, dass wir | |
dieses Projekt zu Ende bringen können. | |
Vor drei Jahren haben Sie sich auf den Start im Herbst 2020 festgelegt. | |
Wir hatten zuvor sehr lange und sehr genau alle Risiken analysiert. | |
Natürlich wurde das oft hinterfragt. Ich kann mich an keine Sitzung des | |
Abgeordnetenhauses erinnern, in der nicht gefragt wurde: „Schafft ihr das?“ | |
Aber das hat uns wenig beirrt, denn wir kannten die Fakten genau. | |
Kann man das bei einem Projekt dieser Größenordnung wirklich seriös | |
behaupten? | |
Wir sind sehr tief eingestiegen, das war ein ganzes Team von 50 | |
Mitarbeitern. Und wir hatten einen intensiven Dialog mit den Prüfinstanzen | |
und Experten. Die rechtlichen Anforderungen der Genehmigungsbehörde des | |
Landkreises haben wir sehr ernst genommen. Ich wusste, dass es ein langer | |
und mühsamer Prozess werden würde – und das wurde es auch. | |
Es tauchten Dübel auf, die nicht hätten verbaut werden dürfen, und viele | |
andere Dinge … | |
Richtig, von dem Normierungsproblem einiger Dübelarten hatten wir | |
tatsächlich nichts geahnt. Das kam on top, weil 2018 Regeln im öffentlichen | |
Recht geändert worden waren. Wir hatten – anders als meine Vorgänger – | |
ausreichende Puffer für die Baufertigstellung vorgesehen. Und wir haben mit | |
einer straffen internen Terminplanung und -kontrolle gearbeitet, wohl | |
wissend, dass wir nicht jeden Termin würden halten können. | |
Wenn Sie es in einem Satz zusammenfassen müssten: Was ist Ihre Erfahrung | |
aus dreieinhalb Jahren BER-Chef? | |
(überlegt lange) Ich musste mich systematisch, risikoorientiert und sehr | |
kleinteilig mit dem BER beschäftigen. Mit einer Überfliegermentalität kommt | |
man hier nicht zum Erfolg. | |
Coolness und Selbstbewusstsein? | |
Eine gewisse Robustheit und Lebenserfahrung hilft. | |
In den Jahren als FBB-Chef wurden sie oft abgeschrieben. Wissen Sie, wie | |
oft? Und hat Sie das kalt gelassen? | |
Ich habe nicht gezählt, es hat mich auch nicht so interessiert. Oft waren | |
das Menschen, die überhaupt keine Ahnung von der Baustelle hatten. | |
Kam das oft vor? | |
Ja. Für mein Team, das die Baukatastrophe in Ordnung bringen musste, war es | |
nicht schön, alle paar Tage in den Medien zu lesen, man sei unfähig. | |
Haben Sie sich unfair behandelt gefühlt? | |
Das ist bei mir mit dem Gehalt abgegolten. | |
Man hat ja versucht, Ihnen viel anzuhängen. Das perlte ab? | |
Der Aufsichtsrat hat mich immer unterstützt, und ich wusste, dass die | |
Gesellschafter hinter mir stehen. Im Übrigen war ich für die Fehler der | |
Vergangenheit nicht verantwortlich. Alle Vorwürfe wegen der Baukatastrophe | |
2012 konnte man mir nicht zurechnen. | |
Immerhin gab es gegen Sie den Anfangsverdacht der Bilanzfälschung, die | |
Staatsanwaltschaft Cottbus hat bis vor Kurzem ermittelt. Das hat Sie auch | |
kühl gelassen? | |
Es gab lediglich eine Vorprüfung, ob staatsanwaltschaftliche Ermittlungen | |
eingeleitet werden. Was nicht geschah. Die Staatsanwaltschaft hat klipp und | |
klar festgestellt, dass kein Anfangsverdacht vorliegt. Wir haben einen | |
Jahresabschluss, der von Wirtschaftsprüfern testiert wurde, und wir sind | |
ein Unternehmen mit drei öffentlichen Kontrolleuren, nämlich den | |
Finanzverwaltungen von zwei Ländern und dem Bund. Dazu kommen die | |
parlamentarischen Kontrollgremien. Bei einem Unternehmen, das der | |
öffentlichen Hand viel Geld kostet, ist doch klar, dass da streng geschaut | |
wird. Wir haben unseren Businessplan über ein Jahr lang mit dem | |
Aufsichtsrat diskutiert. Ich wusste also, dass unsere Zahlen richtig sind. | |
Dass wir finanziell immer knapp aufgestellt waren und sind, ist aber auch | |
klar. Das haben wir immer wieder vorgetragen. | |
Warum ist das so? | |
Der Bauverzug von mehr als acht Jahren hat viel Geld gekostet – weil | |
Mehrkosten entstanden sind und wir gleichzeitig mit dem BER kein Geld | |
verdient haben. Aktuell kommen die Einnahmeverluste durch die Coronakrise | |
dazu. Klar, dass deswegen auch manche Spekulation aufkommt. | |
Aber der Flughafengesellschaft sind ja nicht einfach acht Jahre Einnahmen | |
durch den Bauverzug entgangen. In Tegel und Schönefeld haben Sie gut | |
verdient. | |
Das Problem ist: Mit der alten Infrastruktur können wir nur relativ wenig | |
Geld verdienen. Die Entgelte für Abfertigung, Starts und Landungen sind | |
dort niedrig. Am BER werden diese Entgelte wegen der neuen Infrastruktur um | |
40 bis 50 Prozent höher ausfallen. Und wir werden auf den größeren und | |
attraktiveren Handelsflächen am BER 60 bis 80 Prozent mehr Mieteinnahmen | |
erzielen. | |
Die Sache mit den höheren Entgelten kam ins Gespräch, nachdem vor einigen | |
Monaten drei Wirtschaftsexperten eine Studie veröffentlichten. Darin | |
behaupteten sie, die Flughafengesellschaft sei praktisch pleite und müsse | |
bald mit Milliarden von der öffentlichen Hand gerettet werden. Dem traten | |
Sie unter anderem mit dem Verweis auf die neuen Entgelte entgegen, die die | |
Autoren einfach übersehen hätten. Zuerst sagten Sie, diese Entgelte fielen | |
70 Prozent höher aus, jetzt haben Sie sich auf 40–50 Prozent festgelegt. | |
Der RBB will ausgerechnet haben, dass es gerade mal 25 Prozent sind. Welche | |
Zahlen stimmen denn nun? | |
Unsere selbstverständlich. Die Umsätze aus den Entgelten sind ein relativ | |
differenziertes Rechenwerk. Einerseits haben wir die Steigerung der | |
Entgelte, weil wir künftig am BER einen ganz anderen Service anbieten. Dazu | |
kommt die Veränderung des Verkehrsaufkommens. In der Businessplanung vor | |
Corona sind wir von einem leichten Anstieg um etwa 2 Prozent pro Jahr | |
ausgegangen. Auch vom Verkehrsmix hängt es ab: ob es bei einem hohen | |
Low-Cost-Anteil bleibt oder wir mehr Interkontinentalverbindungen bekommen | |
– was unser Ziel ist und womit wir auch rechnen können. Und dann noch die | |
Frage, an welchen Terminals abgefertigt wird: Ist es ein Boarding über eine | |
Brücke oder mit dem Bus? Aus diesen und weiteren Faktoren setzt sich die | |
Entgeltsumme zusammen. Dass der RBB bei einem Fall 23 Prozent ausgerechnet | |
hat, war eine Milchmädchenrechnung, denn er hat da mehrere Punkte | |
übersehen. | |
Nämlich? | |
Unter anderem das Entgelt für die Nutzung der zentralen Infrastruktur und | |
die Tatsache, dass das Flugzeug nicht nur landet, sondern auch wieder | |
startet. Wir haben das RBB-Beispiel noch einmal durchgerechnet und kommen | |
auf eine Entgeltsteigerung von 43 Prozent. Es gibt aber tatsächlich eine | |
breite Spannweite: Die Abfertigung eines Flugzeugs kann unter bestimmten | |
Bedingungen nur 20 Prozent teurer werden; unter anderen Bedingungen kommen | |
Sie auf 70 Prozent. | |
Dass Sie diese Kritik sehr detailliert nachrechnen, ist aber ein Beleg | |
dafür, dass Sie sie ernst nehmen, oder? | |
Wir rechnen immer sehr detailliert. Dazu sind wir verpflichtet. | |
Noch ein Kritikpunkt, diesmal geht es um die Kosten für den Schallschutz. | |
Im Konzernabschluss ist die Rede von 366 Millionen Euro, die bis | |
Inbetriebnahme des BER fällig werden. Auch daraus wurde die vermeintliche | |
finanzielle Schieflage errechnet. Später sagten Sie, in 2020 müsste viel | |
weniger gezahlt werden. | |
Das Papier, auf das Sie sich beziehen, hat die kompletten | |
Schallschutzkosten in 2020 eingebucht, und das wurde dann ungeprüft so | |
berichtet. Es ist einfach unsinnig zu behaupten, die gesamten | |
Schallschutzkosten würden auf einen Schlag fällig. Ein Blick in unseren | |
Planfeststellungsbeschluss zeigt, dass Anwohner bis 2025 Ansprüche stellen | |
können, und natürlich verbauen die Menschen nicht alles in einem Jahr. Wir | |
haben heute (13. August) wieder die BER-Schallschutztage im Dialogforum, | |
und wir werden wie in den letzten Jahren auch die Anwohner bitten, die | |
Bewilligungsbescheide, die sie oft schon seit Jahren haben, für | |
Investitionen zu nutzen. Wir haben weit über 300 Millionen Cash ausgezahlt | |
für Häuser, bei denen die Aufwendung höher als 30 Prozent des | |
Verkehrswertes ist. Davon ist bisher leider nur relativ wenig in diese | |
Häuser investiert worden. | |
Wieso? | |
Weil das jeder frei entscheiden kann. Mit einer Geldentschädigung können | |
Sie ein neues Auto kaufen oder eben Schallschutzfenster einbauen lassen. | |
Die anderen, bei denen der Betrag unter diesen 30 Prozent Verkehrswert | |
liegt, bekommen nur eine Bestätigung, dass sie investieren dürfen und der | |
Flughafen diese Investition bezahlt. Auch von diesen ist bislang nur der | |
kleinere Teil real investiert worden. Von den insgesamt 780 Millionen für | |
Schallschutz ist bisher nur etwa die Hälfte abgeflossen, der Rest wird in | |
den nächsten Jahren investiert, wenn der BER in Betrieb geht und der | |
Flugbetrieb wieder zunimmt. | |
Böse gesagt, profitieren Sie von der Trägheit der Leute. | |
Nein. Der Schallschutz ist immer wieder Gegenstand kritischer Diskussionen, | |
und wir können immer nur wieder an die Menschen appellieren, dass sie das, | |
was der Gesetzgeber festgelegt hat, umsetzen, weil es ihrem Wohle dient. | |
Noch etwas wurde moniert: Ein Posten im Konzernabschluss 2019 listet 352 | |
Millionen Euro für „Investitions- und Beratungsaufträge“ auf, vor allem | |
beim BER-Hauptterminal. Diese Summe wird aber erst ab 2020 fällig, und da | |
hieß es: Wieso, der Flughafen ist doch schon fertig. Sahnt da jemand dicke | |
Consultinghonorare ab? | |
Wer die Bilanzen richtig liest und nicht nur spekulativ unterwegs ist, | |
weiß: Wenn bei einem Unternehmen, das sehr viel baut, von Investitions- und | |
Beratungsaufträgen die Rede ist, dann muss es sich dabei im Wesentlichen um | |
Bauinvestitionen handeln, die noch nicht schlussgerechnet sind. Das Gebäude | |
ist fertig, aber bis die letzte Rechnung abgerechnet ist, bis der letzte | |
Streit um irgendwelche Ausführungsdetails und Aufmaße abgearbeitet ist, | |
vergehen noch Jahre. Und erst dann darf es in die Bilanz aufgenommen | |
werden. Bei den sogenannten Beratungsaufträgen handelt es sich um | |
Leistungen von den vielen Ingenieuren, die uns dabei unterstützen, die | |
Rechnungen der Baufirmen zu prüfen. Das ist eine notwendige Fleißarbeit und | |
ein völlig unspektakulärer Vorgang. | |
Jetzt haben wir die Coronapandemie. Sie selber sagten vor Kurzem auf einer | |
Pressekonferenz, sie rechneten drei bis vier Jahre zur Erholung. Lässt sich | |
ihre Rechnung mit den höheren Entgelten überhaupt noch seriös anstellen? | |
Hier ist gedankliche Klarheit wichtig. Auf der einen Seite steht die | |
Businessplanung, die wir im März 2020 final beschlossen haben und auf eine | |
normale luftverkehrliche Entwicklung aufbaut. Wobei wir die Wachstumsraten | |
für den Flugverkehr der Hauptstadtregion mit 2 Prozent schon konservativ | |
angesetzt hatten, nachdem es in der Vergangenheit zwischen 6 und 8 Prozent | |
im Jahr waren. Das war vor Corona. Eine Vermischung mit der größten Krise | |
des Luftverkehrs seit dem Zweiten Weltkrieg ist schlicht unseriös. Wir | |
haben eine völlig neue Ausgangslage | |
Ach so? | |
Beispiel Lufthansa: Das war im letzten Jahr ein prosperierendes Unternehmen | |
mit 2 Milliarden Gewinn, dieses Jahr braucht es 9 Milliarden vom Staat, um | |
zu überleben. Auch der BER wäre in wenigen Jahren in die schwarzen Zahlen | |
gekommen – jetzt verhagelt uns Corona komplett das Ergebnis. Wie übrigens | |
allen anderen Flughäfen in Deutschland auch. Wir hatten über Monate fast | |
null Verkehr! | |
Und wie geht es nun finanziell weiter? | |
Wir haben die Gesellschafter gebeten, uns in diesem Jahr mit bis zu 300 | |
Millionen Euro zu unterstützen. So viele Einnahmen verlieren wir. Wir haben | |
allerdings drastische Sparanstrengungen unternommen, Kurzarbeit eingeführt, | |
einen Einstellungsstopp erlassen, viele Investitionen auf den Prüfstand | |
gestellt. Damit werden wir etwa 55 bis 60 Millionen Euro einsparen können, | |
und um diesen Betrag wird sich der Beitrag der Gesellschafter vermindern. | |
Und nächstes Jahr? | |
Das ist derzeit noch schwer einzuschätzen, aber auch da werden wir | |
Unterstützung brauchen. In der Branche geht man davon aus, dass erst etwa | |
2023 das Niveau von vor der Krise wieder erreicht wird. Sicherheit bekommen | |
wir frühestens dann in die Prognosen, wenn es ein tragfähiges Impfkonzept | |
gibt. Schon der Businessplan 2020 sah vor, dass wir noch 800 Millionen | |
Unterstützung bis 2024 benötigen: 400 Millionen sollten von den Eigentümern | |
kommen, 400 Millionen vom Kapitalmarkt. Dieses Fremdkapital ist nicht | |
erzielbar, solange die Coronafolgen nicht final absehbar sind. | |
Auf Deutsch: Ihnen gibt gerade keiner Kredit. | |
Das geht nicht nur uns so. Solange die Belastung durch Corona nicht | |
ausgestanden ist, sind wir auf unsere Eigentümer angewiesen. Der Lufthansa | |
und anderen Airlines geht es genauso, und das ohne Baukatastrophe im | |
Rucksack. Unserer war eben schon bis zum Rand vollgepackt mit | |
Kreditverbindlichkeiten, wir hatten keinen Puffer mehr wie andere. | |
Das bedeutet, dass die Situation der FBB extrem fragil ist. | |
Die gesamte Branche ist in einer extrem fragilen Situation. Wir haben | |
zusätzlich den Bauverzug und die Schuldenlast, die daraus resultiert. | |
Insofern benötigen wir die Unterstützung unserer Eigentümer. Ich habe schon | |
vor Monaten gesagt: Mehr Eigenkapital im Unternehmen würde uns helfen, die | |
Lasten und Risiken besser tragen zu können. | |
Mal ganz dumm gefragt: Wenn Sie im großen Maßstab sparen müssen, warum | |
verzichten Sie dann nicht in Teilen auf den geplanten Ausbau? Sie könnten | |
Schönefeld-Alt, künftig „Terminal T5“, einfach dauerhaft betreiben. | |
In der Tat haben wir beschlossen, den Bau des Terminals T3 mindestens zwei | |
bis vier Jahre zurückzustellen. Zu sagen, dass es keinen Sinn macht, den | |
Ausbau weiter zu betreiben, dafür ist es viel zu früh. Aus der | |
Vergangenheit wissen wir, dass nach den Krisen immer Wachstum entstanden | |
ist. | |
Mit welcher Auslastung geht der BER im Herbst an den Start? | |
Wir erwarten 30 bis 40 Prozent dessen, was wir sonst Ende Oktober erwartet | |
hätten. | |
Angesichts der Corona-Auflagen bedeutet das auch mehr Sicherheit für die | |
Passagiere, oder? | |
Wir haben zwei Vorteile: einen Terminalbereich am BER, der etwa vier Mal so | |
groß ist wie Tegel, vor allem im Wartebereich, und ein geringeres | |
Verkehrsvolumen. | |
Gibt es eine Kapazitätsgrenze? Dass Sie beispielsweise sagen, mehr als 60 | |
Prozent der vollen Auslastung können wir mit Corona nicht fahren? | |
Die liegt zwischen 60 und 80 Prozent, da ist also Luft nach oben. | |
Wird die Eröffnung am 31. Oktober gefeiert? | |
Es gibt keine Party. Wir werden die ersten landenden Flugzeuge willkommen | |
heißen. Auch unabhängig von Corona wäre eine große Eröffnungsparty bei der | |
Geschichte des BER unangemessen. Wir machen den Flughafen auf, organisieren | |
einen verlässlichen Betrieb, verabschieden uns würdig von Tegel und sagen: | |
Danke TXL! | |
Der Aufsichtsrat hat Ihren Vertrag als Geschäftsführer bis Anfang 2022 | |
verlängert. Was haben Sie noch vor – außer die Coronakrise zu meistern | |
natürlich? | |
Mein Anspruch war immer, dass der Hauptstadtflughafen den Flughäfen | |
Frankfurt und München echte Konkurrenz macht. | |
Wie soll das klappen? | |
Tegel und Schönefeld sind heute schon die deutschen Flughäfen, an denen | |
zusammengenommen die meisten Menschen ein- und aussteigen, Umsteiger haben | |
wir bisher wenige. Durch den digitalen Wandel haben wir die Chance, mehr | |
Interkontinentalflüge direkt an Berlin anzubinden. Das wäre auch gut für | |
die Umwelt, weil Umsteigeverkehre dadurch entfallen würden. Damit können | |
wir unsere Marktposition ausbauen. Wir haben auch die klare Erwartung, dass | |
die Lufthansa als nationaler Carrier, der mit 9 Milliarden Euro | |
Steuergeldern in der Coronakrise unterstützt worden ist, die | |
Hauptstadtregion besser anbindet. | |
Nun ist global eine riesige Bewegung entstanden, die Fliegen rigoros | |
ablehnt. Man weiß nicht so recht, wie sich das Verhalten der Menschen | |
entwickelt, aber ist da nicht die Rolle als Retter des Flugverkehrs eher | |
unbequem? | |
Wenn ich mir anschaue, mit wem ich so im Flugzeug sitze, sind das meist | |
Menschen, die halb so alt sind wie ich. Junge Leute fliegen mit großer | |
Begeisterung. Sie sind aber auch umweltbewusst. Ich habe immer gesagt, dass | |
Fliegen kein Selbstzweck ist und wir schauen müssen, wo es Alternativen | |
gibt. Mit dem BER haben wir jetzt einen Flughafen mit ICE-Bahnhof direkt | |
unter dem Check-in-Bereich, da kann ich mir sehr viel mehr Zugverkehr | |
vorstellen, als bisher geplant ist. Da wird auch manche europäische | |
Verbindung irgendwann durch den ICE bedient werden. Dadurch wird das | |
Fliegen nicht CO2-frei, aber wir können eine ganze Menge gemeinsam | |
schaffen. | |
Da müssten Sie eigentlich für ein innerdeutsches Flugverbot sein. | |
Je mehr ICEs an deutschen Flughäfen halten, desto weniger innerdeutsche | |
Flüge brauchen wir. | |
13 Aug 2020 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
Bert Schulz | |
## TAGS | |
Engelbert Lütke Daldrup | |
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