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# taz.de -- Flughafengesellschaft stabil: Doch alles ganz schön fertig
> Der BER ist bereit, von Insolvenz kann keine Rede sein: Laut
> Flughafenchef Lütke Daldrup ist alles paletti – obwohl kaum ein Flieger
> abhebt.
Bild: Ruhige Tage in Tegel, sie könnten bald nochr ruhiger sein
Berlin taz | Schon etliche Male ist es in den vergangenen Jahren gemeinsam
vor die Presse getreten – das Zweiergespann aus Flughafenchef Engelbert
Lütke Daldrup und Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider. Am Freitag war es
wieder so weit. Und vertraut man ihren Worten, ist trotz Corona das meiste
bei der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) in Butter: Die
Arbeiten am BER sind fertig, die Finanzen geregelt, und Anfang Juni kann
man vielleicht sogar Tegel ein vorzeitiges Adieu hinterherrufen.
Mit rund acht Jahren Verspätung hatte die Bauaufsichtsbehörde des
Landkreises Dahme-Spreewald der Flughafengesellschaft Ende April die
Nutzungsfreigabe für das Terminal 1 des BER erteilt. „Die Baufirmen konnten
uns heute berichten: Wir haben fertig“, so Lütke Daldrup. Jetzt würden noch
alle Abläufe eingehend geprobt, denn „Flughafen ist ein Mannschaftsspiel“.
An den Testläufen beteiligen sich Airlines, Bodendienstleister,
Bundespolizei und der Einzelhandel im BER-„Marktplatz“. Die für den
sogenannten ORAT-Betrieb angeworbenen freiwilligen Komparsen werden
coronabedingt wohl nicht in so großer Zahl und an weniger Terminen dabei
sein – macht nichts, schließlich wird der Flughafen auch nicht unter
Volllast eröffnen. Immerhin, man sei nach der Talsohle von 1 Prozent des
üblichen Flugaufkommens schon wieder bei 2 Prozent, betonte der
Flughafenchef.
Bretschneider und Lütke Daldrup zufolge wurde der Jahresbericht 2019 der
FBB von den beauftragten Wirtschaftsprüfern wohlwollend abgenickt. Das
operative Ergebnis von 108 Millionen Euro plus wurde dabei durch die
Problembaustelle und andere Altverbindlichkeiten aufgefressen, stattdessen
weist der Bericht einen Konzernverlust von 96 Millionen aus. „Das können
wir erst ändern, wenn der BER in Betrieb geht“, so Lütke Daldrup. Zuständig
für die Finanzen ist künftig Aletta von Massenbach, bislang am Frankfurter
Flughafen für das internationale Geschäft zuständig.
Ein besonderes Anliegen war es dem Flughafenchef, ein Gutachten zu
zerpflücken, das vor Kurzem für Aufruhr gesorgt hatte. Die unter anderem
vom Tagesspiegel zitierte „Experten-Studie“, an der der emeritierte
TU-Wirtschaftswissenschaftler Hans Georg Gemünden beteiligt war,
attestierte dem Konzern die drohende Insolvenz oder aber einen zusätzlichen
Finanzierungsbedarf von bis zu 1,8 Milliarden Euro in den kommenden Jahren.
Die FBB sei bis auf Weiteres ein Zuschussbetrieb.
Die Verfasser hätten zwar „die Grundrechenarten richtig angewandt“, wie
Lütke Daldrup süffisant kommentierte, dafür aber dicke Patzer in ihr Papier
eingebaut. Etwa, indem sie die 2018er Erlöse auf die folgenden Jahre
hochgerechnet und dabei übersehen hätten, dass am BER eine andere
Entgeltordnung in Kraft trete.
Zusammen mit den neuen Einnahmequellen, etwa aus der Vermietung der
Geschäftsflächen, werde man künftig 18 Euro pro Passagier verdienen, nicht
mehr wie bisher 12 Euro. Außerdem hätten die Autoren die Kosten für
Schallschutz von einer knappen halben Milliarde Euro in Gänze auf die
Rechnung geschlagen. Tatsächlich schreibe man diese Summe über einen
Zeitraum von 40 Jahren ab.
Bleibt die Frage, ob Tegel tatsächlich am 2. Juni den Betrieb einstellt.
Die FBB strebt das an, um monatlich bis zu 6 Millionen Euro zu sparen. Die
Gesellschafterversammlung hatte bei Enthaltung des Bundes zugestimmt, jetzt
ist es an der Aufsichtsbehörde in der Senatsverkehrsverwaltung, die
Genehmigung bis Monatsende auszustellen.
In Anbetracht des darniederliegenden Flugverkehrs, der nach Meinung vieler
BeobachterInnen erst in zwei bis drei Jahren wieder auf Prä-Corona-Niveau
ankommen wird, ist es sehr gut möglich, dass die Kapazität von Schönefeld
Alt bis zum BER-Start am 31. Oktober ausreicht. Sollte das nicht der Fall
sein, darf TXL eine Ehrenrunde drehen, daran ließ Lütke Daldrup keinen
Zweifel: „Wenn wir Tegel brauchen, öffnen wir Tegel noch mal.“
15 May 2020
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Engelbert Lütke Daldrup
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Flughafen Tegel
Verkehrspolitik
Engelbert Lütke Daldrup
Sebastian Czaja
Schwerpunkt Coronavirus
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Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Flugreisen
Rot-Rot-Grün
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