# taz.de -- Berliner Flughafenchef über den BER: „Fliegen wird teurer werden… | |
> Dass der Pannenflughafen BER doch eröffnet wurde, ist Engelbert Lütke | |
> Daldrup zu verdanken. Nun ist er Ex-Flughafenchef und zieht Bilanz. | |
Bild: Sein Flughafen: Engelbert Lütke Daldrup am BER | |
taz: Herr Lütke Daldrup, nach viereinhalb Jahren endete vor wenigen Tagen | |
Ihr Job als Chef der Berliner Flughafengesellschaft. Bekanntlich soll man | |
aufhören, wenn es am schönsten ist. Trifft das auf Sie zu? | |
Engelbert Lütke Daldrup: Ja und nein. | |
Was heißt das? | |
Es war meine Aufgabe, [1][diesen Flughafen ans Netz zu bringen], und das | |
haben wir gemeinsam geschafft. Zudem werde ich bald 65 Jahre alt, und es | |
war klar, dass das Projekt in andere Hände übergeht. Aber statt der | |
erhofften Normalität kam im März 2020 Corona. | |
Mit katastrophalen Folgen für den Flugverkehr. | |
Wir hatten gerade das Testprogramm für den BER begonnen, als es losging mit | |
der Pandemie. Das war schwierig. Und ein halbes Jahr später hatten wir den | |
Flughafen gerade eröffnet, da mussten wir kurz darauf, also Anfang | |
November, alle Geschäfte dort schließen und die Restaurants konnten nicht | |
mehr richtig arbeiten. Das war für uns alle extrem deprimierend, | |
schließlich hatte sich nach all den Tiefschlägen in der Bauphase eine | |
Euphorie im Unternehmen entwickelt. Im Sommer 2021 waren wir froh, dass wir | |
wieder mehr als 60.000 Passagiere pro Tag an den Wochenenden hatten – das | |
ist etwa die Hälfte des normalen Aufkommens. Ich kann jetzt also mit einer | |
gewissen Gelassenheit gehen. | |
Aber von Normalität sind wir gerade im Fluggeschäft doch weit entfernt. | |
Wir sind auf dem Weg zurück in eine Normalität. Mittlerweile sind die | |
Menschen zu erheblichen Teilen in Deutschland und auch in Europa geimpft. | |
Die Erwartung ist, dass der BER das Verkehrsvolumen von 36 Millionen | |
Passagieren, das 2019 die beiden Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld | |
zusammen hatten, 2025 wieder erreicht. Eine extrem lange Durststrecke, ja. | |
Sie haben im März 2017 als Flughafenchef angefangen. Neben der Coronakrise | |
drängte in dieser Zeit eine weitere Krise immer stärker ins Bewusstsein: | |
die Klimakrise. Wie hat sich Ihr Blick aufs Fliegen als | |
Massenfortbewegungsmittel verändert? | |
Nicht wesentlich. Wir haben immer gewusst, dass wir Verantwortung fürs | |
Klima tragen. Deshalb können Sie den BER auch so gut mit öffentlichen | |
Verkehrsmitteln erreichen, und zwei Drittel unserer Kunden machen das. Der | |
Flughafen hat den leistungsstärksten Flughafenbahnhof Deutschlands und | |
könnte darüber locker einen Teil der innerdeutschen Flugbewegungen mit der | |
Bahn abwickeln. Dafür müsste die Bahn aber ein ausreichendes ICE-Angebot an | |
den BER bringen, auch auf kurzen Strecken. | |
Was ist eine kurze Strecke? | |
Im Kern alles unter 400 Kilometern; darüber ist der Zeitvorteil des | |
Fliegens erheblich. Aber es tut sich was: Früher wurden von Berlin Flüge | |
nach Nürnberg angeboten, das ist vorbei. Auch was Verbindungen nach München | |
angeht, hat sich der Verkehr teilweise auf die Bahn verlagert. Das wird | |
sich zwar wieder etwas ändern, weil der Münchner Flughafen ein großer | |
Umsteigepunkt für internationale Verbindungen ist. Aber es bedeutet auch: | |
Je mehr Umsteigeverkehr vermieden wird, indem in Berlin mehr | |
Interkontinentalflüge angeboten werden, desto besser fürs Klima! | |
Die Anbindung des Flughafens ist das eine. Aber es geht ja ums Fliegen | |
insgesamt, beziehungsweise um die Verringerung der Flüge. In den letzten | |
Jahren hat Berlin allerdings sehr stark im Tourismus auf Billigflieger | |
gesetzt. Und mit dem BER wurden neue Anreize für die Airlines geschaffen, | |
nach Berlin zu fliegen. | |
Den Flugverkehr klimaneutral abzuwickeln, ist das große Thema in der | |
Branche. Noch als Flughafenchef war ich Ende September Gastgeber einer | |
Fachkonferenz mit Vertretern aller deutschen und auch ausländischer | |
Flughäfen. Auf europäischer Ebene gibt es jetzt ein Programm dafür, die | |
klimaschädlichen Auswirkungen zu begrenzen. Es geht dabei beispielsweise um | |
die Beimischung von nachhaltigem Kraftstoff, sogenanntem PTL-Kerosin beim | |
Treibstoff, ähnlich wie Sie es beim Autokraftstoff schon kennen. | |
Welche Folgen wird das Klimaprogramm haben? | |
Fliegen wird teurer. Aber die Menschen wollen weiterhin reisen, Urlaub | |
machen, Familien und Freunde besuchen. Auch die Wirtschaft braucht die | |
Konnektivität. Die Mobilität über Kontinente hinweg, die der Flugverkehr | |
bietet, ist nicht ersetzbar. Dass wir so selbstverständlich international | |
unterwegs sind, hat sich erst in den letzten zwei Generationen entwickelt | |
und ist natürlich auch ein Stück Freiheit. Das wird sich nicht | |
zurückentwickeln lassen. | |
Was heißt „teurer“ konkret? Es gibt ja immer noch Flüge in viele | |
europäische Städte für 20 Euro. | |
Das sind ja keine realen Preise, sondern stark begrenzte Lockangebote. Auch | |
heute schon sind 80 Prozent der innerdeutschen Flüge teurer als die Bahn. | |
Und perspektivisch wird ein Ticket zum Beispiel nach Palma de Mallorca wohl | |
um 60 Euro teurer werden. Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif. | |
Bis wann: 2050? | |
Schon in den nächsten Jahren. Fliegen wird teurer werden müssen, darin sind | |
sich alle einig, weil nur so die Bedingungen für die Umwelt kontinuierlich | |
verbessert werden können. | |
Glauben Sie wirklich, der Flugverkehr kann irgendwann völlig klimaneutral | |
ablaufen? Bisher ist er ja massiv aufs Öl angewiesen. | |
Die hohe Energiedichte von Kerosin ist natürlich ein Thema. Aber wir müssen | |
das [2][Fliegen nun mal klimaneutral machen]. Dabei wird PTL, also | |
künstliches Kerosin, eine sehr große Rolle spielen. Dafür geht die EU jetzt | |
den ersten Schritt: Es wird eine Beimischungsquote von 2 Prozent geben, die | |
soll nach und nach auf 10 Prozent steigen. Es wird allerdings deutlich über | |
2030 hinaus dauern, bis das im großen Stil auch bei interkontinentalen | |
Verbindungen zum Einsatz kommen kann. | |
Und Wasserstoff? | |
Auch das ist eine Option. Airbus hat sich vorgenommen, ab 2035 | |
Wasserstoff-Flugzeuge auf den Markt zu bringen. Elektrisches Fliegen ist | |
dagegen für längere Strecken wohl auf lange Sicht für große | |
Passagierflugzeuge nicht realistisch. | |
Kann sich denn der BER leisten, dass Fliegen teurer wird? Die Einnahmen | |
eines Flughafens hängen stark vom Aufkommen an Menschen ab, von deren | |
Konsum in den Geschäften. Flughäfen brauchen die Masse. Wenn Fliegen wieder | |
exklusiver wird, funktioniert das Modell doch nicht mehr. | |
Das Passagieraufkommen in Berlin ist in den letzten 20 Jahren im Schnitt | |
jedes Jahr mit mehr als 5 Prozent gewachsen. Das ist die Masse, die Sie | |
gerade angesprochen haben. Das Wachstum wird in Zukunft aber wesentlich | |
geringer sein – völlig klar. Die Schätzungen für den BER gehen von ein bis | |
zwei Prozent Wachstum nach 2025 aus. Das ist in dem zuletzt beschlossenen | |
Finanzierungskonzept natürlich berücksichtigt. | |
Das ist wenig. | |
Andere Flughäfen in Deutschland sind optimistischer und rechnen mit | |
zweieinhalb Prozent. Wir haben da unter meiner Verantwortung eher | |
konservativ gerechnet, weil wir wussten, dass sich das Verhalten der | |
Menschen ändern wird. Auch der Geschäftsreiseverkehr wird das alte Niveau | |
wohl nicht mehr erreichen. Europa ist ein gesättigter Markt mit moderatem | |
Entwicklungspotenzial. Dafür entwickelt sich der asiatische Markt, vor | |
allem China und Indien, sehr dynamisch. Davon wird am Ende auch der BER | |
profitieren. | |
Also ist die Flugverkehrswirtschaft doch zum Wachsen verdammt? | |
Jedes Unternehmen, das im Wettbewerb steht, strebt langfristig Wachstum an. | |
Qualitatives Wachstum wird die Zukunft bestimmen. | |
Das bringt uns zurück zum BER. Wir haben uns gefragt: Ist der Bau jetzt | |
wirklich fertig, gemessen an dem, was Sie sich 2017 vorgenommen hatten? | |
Wir haben sogar ein bisschen mehr geschafft. Vorgenommen hatte ich mir, das | |
Terminal 1 fertigzustellen. Das haben wir geschafft. Wir haben zusätzlich | |
das Terminal 2 gebaut, und zwar sehr schnell. Wahrscheinlich wird es im | |
nächsten Frühjahr ans Netz gehen, wenn sich der Verkehr entsprechend | |
entwickelt. Wir haben auch das Regierungsterminal neu gebaut, und wir haben | |
Abstellflächen auf dem Flugfeld geschaffen, die die Bundesregierung | |
braucht. Wenn in Berlin etwa eine große internationale Konferenz mit | |
Staatschefs stattfindet, landen hier 30 zusätzliche große Flugzeuge. Die | |
müssen irgendwo geparkt werden. | |
Die Pläne für eine mögliche Erweiterung der Terminals liegen erst mal auf | |
Eis? | |
Der BER kann jetzt mehr als 40 Millionen Passagiere mit den vorhandenen | |
Terminals, inklusive Terminal 5, dem ehemaligen Flughafen Schönefeld, | |
abwickeln. Und ohne die entsprechende Passagier-Entwicklung werden wohl | |
keine neuen Terminals gebaut. Insofern ist das eine Option für die Zukunft, | |
wobei Terminal 5 nur noch etwa zehn Jahre betrieben werden kann. Das ist | |
sowieso die zentrale Lehre aus dieser Krise: Optionen offen halten – und | |
die Option zu wachsen ist da. | |
Aber noch mal die Frage: Ist denn der Flughafen wirklich fertig? Es gab ja | |
schon wieder Probleme mit dem Brandschutz … | |
Naja. Es gab die Situation, dass bei starker Sonneneinstrahlung im Terminal | |
1 an bestimmten Tageszeiten ein Brandmelder anschlug. Das ist behoben. | |
Zu eng soll das Terminal auch sein. | |
Die Abfertigung ist in Coronazeiten komplizierter geworden. Sie müssen ihre | |
Impfausweise vorzeigen, sie müssen Abstand halten, sie müssen Maske tragen. | |
Dadurch läuft es manchmal nicht so flüssig bei der Sicherheitskontrolle. | |
Das führt dazu, dass Fluggäste eine gewisse Enge empfinden. Aber an anderen | |
Flughäfen sieht das derzeit nicht anders aus. | |
Sie hatten in Ihrem Berufsleben viel mit städtischer Architektur zu tun. | |
Was empfinden Sie, wenn Sie den BER betreten: Ist das eine Zeitreise zurück | |
in die Nuller-Jahre? | |
Also wenn ich mir das Feedback unserer Gäste in den ersten Monaten angehört | |
habe, war das überwältigend positiv. Man merkt, dass die Architektur einen | |
Wohlfühleffekt hat. Die Materialität mit dem Holz und dem Kalkstein wird | |
als angenehm empfunden. | |
Aber das viele Glas? | |
Auch das, denn es ermöglicht, das Wetter und das Umfeld zu sehen, man kann | |
sich relativ gut orientieren. Das Gebäude ist einerseits eine Maschine mit | |
360.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche, andererseits hat es einen | |
zeitlos eleganten Charakter. Eine Kathedrale des Verkehrs, aber nicht | |
überbordend. Häufig ist es ja so, dass eine Architektur, die zu | |
modernistisch ist, sehr schnell altert. Dieser Flughafen wird auch in 20 | |
Jahren nicht alt sein. Schauen Sie sich die Neue Nationalgalerie von Mies | |
van der Rohe an, die gerade saniert wurde: Die ist über 50 Jahre alt und | |
begeistert die Menschen weiterhin. Aber ich will den BER jetzt nicht in die | |
gleiche Liga stellen, auch wenn er Elemente hat, die aus dieser | |
Architekturtradition stammen. | |
Können Sie noch mal in einem Satz zusammenfassen, wieso es so lange | |
gedauert hat, den BER fertig zu stellen? | |
Nein, das kann man nicht. Das hat eine Vielzahl von Ursachen, die bis in | |
die 2000er Jahre zurückreichen, die mit den vielen Änderungen des Projektes | |
zusammenhängen, mit Firmen, die in Insolvenz gegangen sind und mit vielen | |
anderen Themen. Darüber gibt es ja dicke Berichte der | |
Untersuchungsausschüsse. | |
Sie haben uns vor einiger Zeit in einem Interview gesagt, es wäre | |
eigentlich sinnvoll gewesen, 2012 das Terminal zu entkernen und ganz neu | |
aufzubauen, also einen klaren Schnitt zu machen. Das haben Sie dann bei der | |
Autorisierung wieder herausgestrichen. Würden Sie dazu nun, da Ihre Arbeit | |
am BER beendet ist, stehen? | |
Das habe ich so nicht gesagt. Um es zu präzisieren: Es wäre 2012 sinnvoll | |
gewesen, die Arbeiten zu unterbrechen, um eine komplette Bestandsaufnahme | |
zu machen. Dann hätte man eine umfassende neue Planung für die Änderungen | |
aufgelegt, sie von der Bauaufsicht genehmigen lassen, und dann neu | |
ausgeschrieben und erst danach weitergebaut. Am Flughafen Wien wurde auf | |
diese Weise ein ähnliches Problem gelöst. Stattdessen hat man am BER immer | |
weiter versucht, zu reparieren. Bei den gravierenden Problemen, die es gab, | |
hat das wohl letztlich länger gedauert – und es war sehr mühsam. | |
Sind Sie in den letzten Jahren mal ihren Vorgängern Rainer Schwarz oder | |
Hartmut Mehdorn über den Weg gelaufen? Den beiden also, die Ihren Job erst | |
notwendig gemacht haben? | |
Gelegentlich, meist geschäftsmäßig. Herrn Schwarz sieht man öfters auf | |
Flughafenkonferenzen, er arbeitet ja für einen Regionalflughafen in | |
Westdeutschland. | |
Fühlen Sie Groll gegenüber Ihren Vorgängern? Oder war es im Wesentlichen | |
die Politik, die das Projekt so an die Wand gefahren hatte? | |
Die Kernverantwortung lag nicht bei der Politik, sondern immer bei der | |
Geschäftsführung. Die Geschäftsführung ist für das operative Geschäft | |
verantwortlich. | |
Das heißt, Ihre Vorgänger hätten deutlicher machen müssen, wo die | |
Schwierigkeiten liegen? | |
Das müssen Sie bewerten, nicht ich. | |
Durch die Coronakrise brechen der Flughafengesellschaft massiv Einnahmen | |
weg. Sie drängen die Eigentümer zur Teilentschuldung. Reicht das als | |
Strategie? | |
Vor Corona hatten wir eine valide Businessplanung, die uns in die Lage | |
versetzt hätte, diesen Flughafen sehr schnell auf eigene Beine zu stellen – | |
bei einer damals schon mit den Gesellschaftern verabredeten Unterstützung | |
von 800 Millionen Euro. Durch die Pandemie gehen nun 2 Milliarden an | |
Einnahmen verloren. Deswegen kann die Flughafengesellschaft die | |
Schuldenlast von mehr als 4 Milliarden Euro aus der Baukatastrophe nicht | |
mehr in ihrer ganzen Dimension allein tragen. Nähme die Coronapandemie dem | |
Flughafen nicht fünf Jahre lang sehr viele Einnahmen weg, wäre die | |
Refinanzierungskraft vorhanden. Aus diesem Grund hat die Geschäftsführung | |
die Gesellschafter gebeten, dem Unternehmen einen Teil der Altschulden zu | |
erlassen. | |
Wie viel? | |
Insgesamt 2,4 Milliarden Euro, darin sind rund 600 Millionen Euro | |
Coronahilfen enthalten. Die wurden dem Unternehmen von den Gesellschaftern | |
aus europarechtlichen Gründen zunächst als Kredit gegeben und sollen nun in | |
Eigenkapital umgewandelt werden. Berlin, Brandenburg und der Bund haben das | |
auch schon in ihren Haushaltsplänen abgebildet, das ist auf einem guten | |
Weg. Durch die Teilentschuldung benötigt der Flughafen ab 2025/26 kein | |
öffentliches Geld mehr. Der BER ist dann in der Lage, aus den Erträgen den | |
Gesamtbetrieb und den verbleibenden Schuldendienst zu bezahlen. Zu dieser | |
Strategie gehört aber auch ein großes internes Sparprogramm. Der Ausbau der | |
Infrastruktur wurde zurückgestellt und das Unternehmen führt seit | |
anderthalb Jahren einen sozialverträglichen Stellenabbau durch. Die | |
Flughafengesellschaft hat bis jetzt niemanden entlassen müssen, aber bis | |
2025 wird das Unternehmen rund 500 Mitarbeitende weniger haben. | |
In welchen Bereichen können Sie denn Personal einsparen? | |
Diese Frage kann ich Ihnen nur bis zum Ende meiner Zeit als Flughafenchef | |
beantworten: Das fing mit der Bauabteilung an, die natürlich schon deshalb | |
kleiner geworden ist, weil wir mit dem Bauen weitestgehend fertig waren. Es | |
betraf genauso die Verwaltung und den Betrieb. Im Prinzip alle Bereiche. | |
Mussten Sie nicht im Servicebereich eher aufstocken, aufgrund der | |
coronabedingten Sicherheitsvorkehrungen? | |
In der Zeit, in der wir sehr wenig zu tun hatten, haben wir sogar stark | |
abgespeckt und sehr viel Kurzarbeit durchgeführt. Dabei haben wir das | |
Kurzarbeitergeld auf 90 Prozent aufgestockt, wodurch unsere | |
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter relativ abgesichert waren. Sie haben aber | |
auch Konzessionen gemacht, indem sie im Zukunftstarifvertrag BER zwei Jahre | |
lang auf Gehaltssteigerungen verzichtet haben. Im Übrigen arbeitet am BER | |
nicht nur eigenes Personal. Bei der Flughafengesellschaft sind rund 2.000 | |
Menschen angestellt, aber im gesamten Flughafenkontext arbeiten rund 20.000 | |
Menschen, als Dienstleister für den BER, für die Bundespolizei, für die | |
Airlines im Gepäckhandling und im Check-in, in der Gastronomie und so | |
weiter. | |
Wie viel bringt das Sparprogramm? | |
Wir haben im vergangenen Jahr über 80 Millionen Euro eingespart. Dieses | |
Ziel wurde auch für dieses Jahr vereinbart. | |
Ist das nicht fast schon symbolisch, wenn es um Milliardenschulden geht? | |
Wenn Sie aus den Unternehmenskosten, die wir ursprünglich mit 450 Millionen | |
Euro kalkuliert haben, 80 Millionen herausnehmen – pro Jahr! –, wird das | |
Unternehmen um sehr viel Geld entlastet. Das ist ein ernsthafter eigener | |
Sparbeitrag. | |
In Berlin stehen Koalitionsverhandlungen vor der Tür, da fällt in | |
SPD-Kreisen schon mal Ihr Name, wenn's ums Personal für die Senatorenposten | |
geht. Freut Sie das? | |
(lacht) Ich bin bereit … für die Rente. Ich glaube, meinen Beitrag | |
geleistet zu haben, und freue mich darauf, mein Leben ein wenig entspannter | |
angehen zu können. | |
Aber Sie haben eine Menge Erfahrung im politischen Geschäft. | |
Ich habe mich immer als Fachmann verstanden, nicht als Politiker, auch wenn | |
ich insgesamt fast 25 Jahre lang öffentliche Ämter ausgeübt habe. | |
Ist es schwierig, ein Fachmann in der politischen Welt zu sein? | |
Ich habe das nicht als schwierig empfunden, sondern als Bereicherung, wenn | |
es darum ging, Themen voranzutreiben. Gerade Ämter auf der | |
Staatssekretärsebene werden ja gerne mit Fachleuten besetzt, weil sie | |
diejenigen sind, die die Verwaltungen, die Prozesse zu organisieren haben. | |
Der Job als BER-Chef war aber schon ein politischer. | |
Sagen wir, es war einer, der unter großer politischer Aufmerksamkeit | |
stattfand. Im Kern war es fachliche Arbeit: die Baustelle zu Ende zu | |
bringen, den Flugverkehr zu organisieren, die Airline-Entwicklung | |
vorzubereiten. | |
Von dieser Erfahrung könnte Berlin noch profitieren, angesichts von | |
Herausforderungen wie der Verkehrswende. | |
Ich werde da jetzt keine weiteren Spekulationen befördern. | |
Stimmt, Sie haben ja auch kürzlich gesagt, die erfolgreiche Inbetriebnahme | |
des BER sei der Höhepunkt Ihrer Karriere gewesen. Da kann ja eigentlich | |
nichts mehr kommen, was Sie noch reizt. | |
Das haben Sie gut beobachtet. | |
Was Sie auch einmal gesagt haben, war, dass die viele Kritik, die Sie | |
einstecken mussten, mit Ihrem Gehalt abgegolten sei. Das war bekanntlich | |
kein schlechtes. Was werden Sie sich denn im Ruhestand gönnen? | |
Ich werde reisen. Ich werde mich ein bisschen mehr in der Welt umgucken, | |
als ich das in den vergangenen Jahren tun konnte. Als Flughafenchef war ich | |
kurioserweise fast nie unterwegs, was daran lag, dass ich viele | |
Hausaufgaben zu erledigen und der Öffentlichkeit viel zu erklären hatte. | |
Ich freue mich also darauf, mehr Zeit zu haben und über meinen | |
Terminkalender alleine verfügen zu können. | |
Und wo soll's hingehen? | |
Ich bin ein großer Asien-Fan und war zum letzten Mal vor fünf Jahren dort | |
unterwegs. Darauf freue ich mich. | |
17 Oct 2021 | |
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Engelbert Lütke Daldrup | |
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Oktober 2020. |