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# taz.de -- Filmkritik zu „Mission: Impossible 7“: Tom Cruise als Tom Cruise
> Im neuen „Mission: Impossible“ sieht man wohl den größten Stunt der
> Filmgeschichte. Für die (wenige) filmische Handlung ist er völlig
> irrelevant.
Bild: Tom Cruise springt, fliegt, rennt, rast und macht alle Stunts selbst
Tom Cruise rennt. Er rennt durch Gassen, auf Zügen, in der Wüste und auf
(ja, auf!) dem Flughafen von Abu Dhabi. Und wenn er nicht rennt, dann rast
er mit dem Auto durch Rom oder springt mit dem Motorrad von hohen Bergen.
Er tut also das, was man in den letzten Jahren von Cruise und seinen Filmen
gewohnt ist. Er tut es – so betont er immer wieder –, um das Kino zu
retten, die Menschen nach der Coronakrise und im Angesicht der Konkurrenz
durch die Streamer vor die große Leinwand zurückzuholen. Der
[1][letztjährige Erfolg der Top-Gun-Fortsetzung „Maverick“] hat ihm quasi
recht gegeben. Auch der nun ins Kino kommende siebte Teil der „Mission:
Impossible“-Reihe ist ein designierter Hit. Aber kann man dieses
Ego-Spektakel mit gutem Gewissen noch als Film bezeichnen?
Als Cruise vor fast 30 Jahren mit der „Mission: Impossible“-Reihe begann,
stellte sich diese Frage nicht. Brian De Palma inszenierte damals einen
klassischen Spionagefilm, in dem der von Cruise gespielte Agent Ethan Hunt
zwar jederzeit im Mittelpunkt stand, aber doch Teil eines großen Ganzen
war. Seitdem ist der Star, der im wirklichen Leben nicht nur durch seine
Rolle in der Scientology-Sekte oft missionarische, um nicht zu sagen
messianische Attitüden nachgesagt werden, [2][immer mehr zum alleinigen
Zentrum der Reihe geworden].
Und im Zentrum der Filme und vor allem des Marketings standen zunehmend
spektakuläre Stunts. Mit größter Penetranz wird betont, dass Cruise sie
selber durchgeführt hat: Cruise hangelt am Burj Khalifa, dem höchsten
Gebäude der Welt, rum, Cruise hält für eine Unterwasserszene sechs Minuten
die Luft an, Cruise hängt außen an einem startenden Flugzeug und nun:
Cruise springt mit einem Motorrad von der Klippe!
## Von filmgeschichtlicher Relevanz und lebensgefährlich
Seit einem halben Jahr kann man sich das Video von diesem Stunt im Internet
anschauen, kann hören, wie Regisseur Christopher McQuarrie bedeutungsschwer
behauptet, dies sei der größte Stunt der Filmgeschichte. Oder man glaubt
Cruise selbst, der mit den Worten zitiert wird, der Stunt sollte gleich am
ersten Tag der Dreharbeiten durchgeführt werden, damit man, falls der Star
den Stunt nicht überleben sollte, umdisponieren könnte.
Verräterischerweise heißt es im selben Interview, dass der Stunt auch
deswegen am ersten Tag gedreht wurde, damit genug Zeit blieb zu überlegen,
wie er in den Film integriert werden sollte. Eine Denkanstrengung, die
offenbar wenig Erfolg hatte: Im Film selbst verpufft diese Szene, dauert
kaum fünf Sekunden. Warum macht man also so viel Wirbel um einen Stunt, der
für die Handlung des Films vollkommen irrelevant ist? Die Antwort ist
zweiteilig: Erstens wird der Stunt gedreht, eben weil er im Vorfeld für
Wirbel sorgt und zweitens, weil die Handlung der „Mission:
Impossible“-Filme inzwischen praktisch keine Rolle mehr spielt.
Zugegebenermaßen war Handlung nie das wichtigste Element der Reihe, stets
ging es irgendwie um einen Gegenstand, den das Team um Ethan Hunt stehlen
oder wiederfinden musste, um eine wie auch immer geartete Katastrophe zu
verhindern. Ein klassischer MacGuffin, wie einst Alfred Hitchcock ein
Storyelement nannte, das die Geschichte zwar antreibt, aber letztlich nicht
wirklich von Bedeutung ist.
Hier ist der MacGuffin nuneine künstliche Intelligenz, die Entität. Sie ist
drauf und dran, die Weltherrschaft zu übernehmen. Da nun eine KI ein nicht
wirklich interessanter, physischer Gegner ist, wird ein menschlicher
Gegenspieler namens Gabriel (Esai Morales) eingeführt. Er trägt nicht nur
einen biblischen Namen, sondern ist auch wie alle Figuren auf der Jagd nach
einem Doppel-Schlüssel in Kreuzform.
## Ethan Hunts Entourage
An biblische Plagen soll das erinnern. Eine Plage, die nur von Hunt
gestoppt werden kann. Doch viel wichtiger als die Rettung der Welt sind
diesem seine Freunde; die beiden Sidekicks Luther Stickell (Ving Rhames)
und Benji Dunn (Simon Pegg) und die Frau an seiner Seite beziehungsweise
diesmal zwei Frauen.
[3][Zur bekannten Ilsa Faust] (Rebecca Ferguson) gesellt sich diesmal eine
grazile Diebin, die deswegen sinnigerweise Grace (Hayley Atwell) heißt. So
beeindruckt scheint Ethan Hunt von ihr, dass er nicht nur einmal betont:
„Dein Leben ist mir immer wichtiger als mein eigenes.“ Scheint zwar nicht
unbedingt die sinnvollste Berufseinstellung für einen Geheimagenten zu
sein, aber soll dem Geschehen offenbar eine gewisse emotionale Tiefe
verleihen.
Das scheitert allerdings daran, dass sich das siebte „Mission:
Impossible“-Abenteuer oft wie eine Selbstparodie anfühlt, die bekannte
Muster, Versatzstücke und Handlungselemente variiert. Vom üblichen
Versteckspiel mit Masken, dem Entschärfen von Bomben in allerletzter
Sekunde bis zu Verfolgungsjagden im Auto, im und auf einem Zug und zu Fuß.
„Wir sind verdammt, uns zu wiederholen“, sagt der nominelle Bösewicht
Gabriel einmal zu Hunt, bevor sie sich einmal mehr im Faustkampf
duellieren. Man würde das gerne als selbstreflexiven Moment verstehen,
ebenso wie die Anspielungen auf frühe „Mission: Impossible“-Filme, die die
Serie scheinbar zu einem runden Ende führen sollen, wenn im nächsten Jahr
mit dem achten Teil endgültig Schluss ist. Sicher? Vor ein paar Tagen
bemerkte Cruise, er bewundere den Indiana-Jones-Darsteller Harrison Ford
und wie dieser auch [4][mit 80 Jahren noch in seiner bekanntesten Rolle
auftreten möchte.]
Nach diesem Film weiß man nicht recht, ob man das als Versprechen auffassen
soll oder als Drohung.
13 Jul 2023
## LINKS
[1] /Filmfestspiele-Cannes-2022-Top-Gun/!5854859
[2] /Tom-Cruise-rettet-weiterhin-die-Welt/!5520686
[3] /Mission-Impossible-Rogue-Nation/!5218271
[4] /Fuenfter-Teil-von-Indiana-Jones-im-Kino/!5940318
## AUTOREN
Michael Meyns
## TAGS
Tom Cruise
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