# taz.de -- „Mission Impossible: Rogue Nation“: Ilsa macht das | |
> Tom Cruise buhlt mit wilden Stunts um die Gunst des Zuschauers. Die wahre | |
> Heldin des Film ist allerdings die toughe Agentin Ilsa Faust. | |
Bild: Seit „Mad Max: Fury Road“ ein alter Hut: Frauen, die besser als Männ… | |
Man erkennt es schon an der Titelstruktur, die satzzeichen-technisch den | |
warnenden Zeigefinger unseres inneren Deutschlehrers auf den Plan ruft. | |
„Mission: Impossible – Rogue Nation“ gehört zu jener Sorte Film, die dem | |
Kritiker die Rolle des Warentesters zuweisen. Ähnlich wie bei der | |
Besprechung neuer Smartphone-Generationen (“Samsung Galaxy: S6 – Edge“) | |
gilt es bei der Neuauflage etablierter Blockbuster-Franchises das | |
Kinoerlebnis nach einer kundenorientierten Checkliste abzuklopfen. Wird der | |
von den Vorläufern gesetzte Standard gehalten? Was sind die Neuerungen? Wie | |
ist die technische Performance? Eignet sich der Film eher für ein | |
romantisches Date oder für den Ausflug mit Freunden? | |
Nicht dass gegen derlei Produktbesprechung was zu sagen wäre. Außer | |
vielleicht, dass sie etwas ganz Wesentliches unberücksichtigt lässt: Auch | |
da, wo Film ganz Ware ist wie im Blockbusterkino, reicht es eben nicht aus, | |
dass ein Produkt „gut“ ist. Wir müssen es auch mögen. Und schon wird es | |
subjektiv – und damit aber auch interessant. | |
So scheiden sich an Tom Cruise die Geister. Nicht darüber, ob er ein guter | |
Schauspieler ist – dass Cruises Ausdrucksrepertoire beschränkt ist, würde | |
kaum jemand bestreiten. Nein, es herrscht Unsicherheit, ob man ihn trotz | |
bizarrer Talkshow-Auftritte und Scientology-Zugehörigkeit als Kinostar noch | |
mögen kann. In diesem Kontext wird jeder neue Film mit ihm zu einer | |
Herausforderung. | |
Wie Tom Cruise ihr diesmal begegnet, macht „Rogue Nation“ gleich in der | |
ersten Szene klar. Da hängt sich der Star an die Tür eines startenden | |
Flugzeugs. Während sein Agentenkollege im Gras liegend auf einem iPad | |
herumhackt, steigt das Flugzeug tatsächlich in die Lüfte – und noch immer | |
hängt Tom Cruise draußen an der Tür. Ganz in echt. Wer möchte, kann es im | |
Netz anhand von Making-of-Clips überprüfen. Dass man darin noch die – im | |
Film herauseditierten Sicherungsseile sieht, mit denen man den wertvollen | |
Star vorm Absturz bewahrt, macht die Szene nicht weniger respekteinflößend. | |
## Verneigung vor Alfred Hitchcock | |
Auf einmal wird das von Cruise lang gepflegte Image „Ich mache alle meine | |
Stunts selbst“ zu etwas anderem. Hier buhlt ein Star um die Gunst von uns | |
Zuschauern mit einer Hingabe, die alles in den Schatten stellt. Unter | |
anderem das Risiko, dass der Film sein Pulver schon in diesen ersten zehn | |
Minuten verschießt. Derartig heftig umworben, fühlt man sich prompt schon | |
ein wenig gnädig gestimmt. | |
Und die Buhlerei geht weiter. Der Plot verbindet routiniert vertraute | |
Elemente mit neuen Versatzstücken. Wieder einmal zwingt ein Zerwürfnis mit | |
der Zentrale den Agenten Ethan Hunt (Cruise) in den Untergrund. Seine | |
„Impossible Mission Force“ wird gerade in dem Moment von der CIA aufgelöst, | |
in dem er auf die Spur des „Syndikats“ gelangt sein will, einer | |
Organisation aus abtrünnigen Agenten verschiedener Geheimdienste, die sich | |
die Destabilisierung der Welt zum Ziel gesetzt hat. Unter anderem sollen | |
sie für das spurlose Verschwinden eines Flugzeugs verantwortlich sein – | |
worin sich im Übrigen der Aktualitätsbezug dieser von der chinesischen | |
Internetfirma Alibaba mitfinanzierten Produktion erschöpft. | |
Real im Sinne von wiedererkennbar sind in James-Bond-Manier lediglich die | |
Schauplätze, an denen gedreht wurde: Hunt muss unter anderem ein Attentat | |
in der Wiener Oper verhindern und einen Datenstick aus einem | |
Hochsicherheitstrakt in der marokkanischen Wüste entwenden. Immer wieder | |
gelingt es ihm, diverse Handlungslöcher durch rasante Actionsequenzen | |
vergessen zu machen. Nach und nach versammelt er dabei Mitstreiter aus den | |
früheren Filmen: Benji (Simon Pegg), der mal ein klein wenig mehr sein darf | |
als nur „comic relief“; Brandt (Jeremy Renner), der hier gegenüber dem von | |
Alec Baldwin auf Autopilot gespielten CIA-Chef überraschend gute Figur | |
macht; und Luther (Ving Rhames), der ein weiteres Mal sträflich | |
unterbeschäftigt bleibt. | |
Neu ist der von Sean Harris verkörperte Bösewicht, der wirkt, als käme er | |
frisch von einer Convention für Kinoschurken. Trotz – oder wegen? – seiner | |
Manierismen verblasst er im Vergleich zur undurchsichtig agierenden Agentin | |
Ilsa Faust (Rebecca Ferguson), die hochkompetent, taff und dabei | |
erfrischend unneurotisch daherkommt. Ihr Auftritt weckt den Wunsch, dass | |
das Franchise beim nächsten Mal mit seiner gleichsam Heinrich VIII. | |
nachempfundenen Gepflogenheit brechen möge, die weiblichen Figuren stets | |
gänzlich auszulöschen und auszutauschen. | |
6 Aug 2015 | |
## AUTOREN | |
Barbara Schweizerhof | |
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