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# taz.de -- Polnische Reaktion auf Sprengpläne wegen Cruise-Film: Hauptsache, …
> Für einen Streifen mit Tom Cruise soll in Polen eine Brücke in die Luft
> fliegen. Die Regierung ist dafür. Eine Denkmalschützerin klagt.
Bild: Die Fischbauchträgerbrücke über die Bobertalsperre in Schlesien
Warschau taz | Atemberaubend schön glitzert der Stausee an der
Bobertalsperre im polnischen Niederschlesien: rechts und links
Kiefernwälder, im Hintergrund das Riesengebirge und an den geschlängelten
Straßen verträumte Städtchen und Dörfer. Direkt gegenüber der begehbaren
Talsperre scheint die über 100 Jahre alte Fischbauch-Stahlgitterbrücke von
Pilchowice (Mauer) hoch über dem Bober (polnisch Bóbr) zu schweben.
In der Nähe verbrachten einst preußische Adels- und Königsfamilien ihre
Sommerfrische. Heute zieht die Gegend Touristen aus aller Welt an. Auch
Regisseure drehen hier inzwischen gerne. Als das Gerücht die Runde machte,
[1][dass US-Schauspieler Tom Cruise für die Dreharbeiten von „Mission
Impossible 7“ die alte Stahlbrücke über den Bober sprengen wolle], tippten
sich die Niederschlesier an die Stirn. Nun bestätigte Polens
stellvertretender Kulturminister Paweł Lewandowski in Warschau, für
„Mission Impossible 7“ soll die Brücke in die Luft fliegen.
Das Polnische Filminstitut zahlt der Produktionsfirma sogar mehr als 5
Millionen Zloty (rund 1,5 Mio. Euro), um sie nach Polen zu locken. Später
könne man ja dann eine moderne Brücke bauen, die vor einigen Jahren
stillgelegte Bahnlinie revitalisieren und an den Bahnhöfen Attraktionen wie
einen der ausrangierten Film-Zugwaggons installieren. Schon im Trailer, der
Monate vor dem Filmstart in den Kinos zu sehen sein wird, soll die
Sprengszene vorkommen. [2][Fans von Tom Cruise] dürfte herzlich egal sein,
wo die Brücke genau liegt, die da in die Luft fliegt, Hauptsache, es
kracht.
## Warschau versus Wojewodschaft Niederschlesien
Die Ortsansässigen aber sind entsetzt. Barbara Nowak-Oberlinda,
Denkmalpflegerin der Wojewodschaft Niederschlesien, kanzelt die
Regierungsvertreter im Interview mit dem Internetportal Wirtualna Polska
scharf ab: „Die Warschauer haben nicht das Recht, über das Kulturerbe
Niederschlesiens zu entscheiden!“ Sie interessiere sich nicht für
Denkmäler, die „Filmproduzenten und ihre Mitarbeiter hier hinterlassen“
wollten. Sie sei für den Schutz bestehender Bauten zuständig und nicht
dafür, Verdienste von Leuten anzuerkennen, die diese Denkmäler vernichten
wollten.
Der Vizekulturminister könne weder vom Wiederaufbau einer Brücke sprechen
noch von der Revitalisierung einer Bahnlinie, da das Sache der Polnischen
Staatsbahn PKP sei. Die Verhandlungen zwischen der niederschlesischen
Wojewodschaftsverwaltung und der PKP seien zwar noch nicht abgeschlossen,
aber man hoffe, schon bald, rund 20 von der PKP stillgelegte Bahnstrecken
übernehmen zu können. Dazu gehöre auch die Strecke von Jelenia Góra
(Hirschberg) bis Żagań (Sagan) mitsamt der Bober-Stahlbrücke. Sie solle
Teil einer neuen Route entlang niederschlesischer Technikdenkmäler werden.
Zwar sei die Brücke, so Nowak-Oberlinda, seit vielen Jahren in der
sogenannten Evidenz aller Denkmäler Niederschlesiens erfasst, doch nun habe
sie als Denkmalpflegerin die Prozedur gestartet, mit der die Brücke ins
landesweite Register eingetragen werden soll. Die Zerstörung eines Denkmals
aus dem Register könnte sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich
ziehen. Für Vizekulturminister Lewandowski ist die Brücke kein
Industriedenkmal von 1906, sondern vor allem eins: alt, unansehnlich und
daher unnütz. Tatsächlich könne sein Ministerium nicht garantieren, dass am
Ende Geld für die „Revitalisierung“ der zerstörten Brücke bereitstünde,
aber es würde sich bei der PKP dafür einsetzen.
## Wiederinbetriebnahme wäre möglich
Entsetzt ist auch Miles Oglethorpe, Präsident des Internationalen Komitees
zum Erhalt von Industriedenkmälern mit Sitz in Südengland. In einem
Protestschreiben an Premier Mateusz Morawiecki wies er darauf hin, dass der
bauliche Zustand der Brücke durchaus eine Wiederinbetriebnahme der 2016
stillgelegten Bahnstrecke erlaube. Mirosław Siemieniec von der PKP wiederum
beruhigt. Er bestätigt zwar Anfragen von zwei Filmcrews für Dreharbeiten,
doch es sei noch gar kein Vertrag unterzeichnet worden. Zuvor müssten
ohnehin alle Genehmigungen der zuständigen Behörden vorliegen.
Mit den Stahl-Installationen, die im März an der Unterseite der
Fischbauch-Konstruktion angebracht worden seien, habe die Polnische
Staatsbahn nichts zu tun. Die komischen „Dinger“ nähren allerdings bei den
Niederschlesiern das ungute Gefühl, dass ihnen die Brücke bald um die Ohren
fliegen könnte. Drehbeginn soll im April 2021 sein.
8 Aug 2020
## LINKS
[1] /Kampf-um-die-Bruecke-in-Pilchowice/!5705826
[2] /Mission-Impossible-Rogue-Nation/!5218271/
## AUTOREN
Gabriele Lesser
## TAGS
Polen
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