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# taz.de -- Horrorfilm „Der Unsichtbare“ auf DVD: Der Freund mit den tausen…
> Das Remake des Horrorklassikers „Der Unsichtbare“ mit Elizabeth Moss wird
> zur feministischen Ermächtigung. Jetzt ist es auf DVD erschienen.
Bild: Cecilia (Elizabeth Moss) fühlt sich beobachtet
In der Welt des Kinos gehen Superhelden seit einigen Jahren erfolgreich in
Serie. Das [1][„Marvel Cinematic Universe“ mit seinen Filmen von den
„Avengers“] über „Iron Man“ bis zum noch nicht gestarteten „Black Wi…
gehört bisher zur größten Blockbusterfabrik dieser Art. Doch ist es nicht
das einzige Universum da draußen. Die Universal Studios etwa planen mit der
Reihe „Dark Universe“ eine Neuauflage [2][ihrer Horrorklassiker]. Zum
Auftakt gab es 2017 „Die Mumie“ mit Tom Cruise, allerdings ohne den
gewünschten Erfolg. Danach wurde es erst einmal still um das Vorhaben.
Nach drei Jahren Pause geht es unter etwas geänderten Vorzeichen weiter.
„Der Unsichtbare“ setzt die Reihe fort in der Regie von Leigh Whannell, der
zugleich das Drehbuch schrieb. Mit Elizabeth Moss als Hauptdarstellerin;
das Ganze weniger bombastlastig, weniger offensiv als Blockbuster
konzipiert und mit einer sehr freien Variation der Originalvorlage. Die
stammte vom Engländer James Whale, seines Zeichens auch verantwortlich für
„Frankenstein“ (1931). Mit „Der Unsichtbare“ von 1933 hatte Whale
beeindruckende Spezialeffekte aufgeboten, bei denen man dem am Kopf
bandagierten „invisible man“ Adrian Griffin, gespielt von Claude Rains,
zusehen konnte, wie er nach und nach seine Hüllen fallen lässt und
schließlich vollständig den Blicken entzogen ist.
Whales „Unsichtbarer“, seinerseits eine freie Adaption einer Erzählung von
[3][H. G. Wells], hatte damit einige Schockwerte zu bieten, bei denen der
Schrecken vor allem durch das optische Herausstellen von Leere zustande
kam. Wo man einen Körper zu sehen vermutet hätte, ist einfach – nichts.
Allein die clownesk sonore Stimme von Claude Rains oder herumfliegende
Gegenstände, nebst sich wie von selbst öffnenden Fenstern und Türen, künden
von der Gegenwart des unsichtbaren Adrian Griffin – was Whale zu einigen
finster komischen Szenen inspirierte.
Beim Australier Leigh Whannell nun ist von der Komik der Vorlage nicht viel
geblieben. Auch die Inszenierung der Titelfigur folgt anderen Vorgaben.
Zwar bewegen sich erneut Objekte wie Messer und Türen scheinbar autonom,
doch spricht dieser Unsichtbare fast nie. Man sieht ihn auch nicht, wie er
im Fallenlassen seiner Textilien verschwindet. Dieser Adrian Griffin hat,
anders als bei Wells und Whale, keine Chemieexperimente an sich
vorgenommen, er ist vielmehr ein erfolgreicher Unternehmer, entwickelt
Optiktechnologie. Zu seinen Erfindungen gehört ein Hilfsmittel, das ihn den
Blicken anderer entzieht, solange er sich dessen bedient.
## Die Machtspiele nehmen kein Ende
Dieser Adrian Griffin, gespielt vom englischen Schauspieler Oliver
Jackson-Cohen, ist der ehemalige Freund von Cecilia ([4][Elizabeth Moss]).
Zu Beginn des Films flieht diese aus seiner mit diversen
Überwachungskameras ausgestatteten steril-modernistischen Villa. Was
Griffin nicht lange verborgen bleibt. Cecilia gelingt es im letzten
Augenblick, sich von ihrer Schwester Emily (Harriet Dyer) mit einem Wagen
in Sicherheit bringen zu lassen, zu Emilys Ex-Freund, dem Polizisten James
(Aldis Hodge).
Wenig später erreicht Cecilia die Nachricht, Griffin habe sich umgebracht.
Trotzdem beginnt sich Cecilia beobachtet zu fühlen, wenn sie meint, allein
in James’ Haus zu sein. Dass es dabei längst allgegenwärtige Formen der
unsichtbaren Machtausübung gibt, bei denen man einer Tarnkappe für den
eigenen Leib strenggenommen gar nicht bedürfte, unterstreicht Whannell
durch den gezielten Einsatz von Alltagstechnologien. So erhält Cecilias
Schwester von dieser eine beleidigende E-Mail, die Cecilia allerdings gar
nicht geschrieben hat. Auch Cecilias Smartphone wird zum Gegenstand von
Terror.
Schon in ihrer Beziehung hatte Griffin ständig Cecilia kontrolliert, sie
mit allen Mitteln manipuliert und dadurch fast in den Wahnsinn getrieben,
wie man im Lauf der Handlung erfährt und was Elizabeth Moss brillant
verkörpert. Cecilia begreift aber sehr rasch, dass Griffin auch nach der
gewaltsamen Trennung nicht mit seinen Machtspielen aufhören wird. Bloß dass
ihr niemand glaubt, dass er noch lebt. Als sich dann vermehrt mysteriöse
Mordfällen ereignen, fällt der Verdacht zunächst auf Cecilia.
## Der am Kopf bandagierte Patient
Whannells schönster Einfall ist, dass man den Unsichtbaren lediglich in den
Momenten sieht, in denen seine Tarnung defekt ist oder er mit Substanzen
„markiert“ wird. Ein ausgekippter Eimer Wandmalfarbe etwa lässt die
Konturen eines Kopfes in Teilen erkennen, was zu den stärksten Effekten des
Films gehört. Und in einer spektakulär dynamisch gefilmten Szene sieht man
Cecilia, wie sie kreuz und quer über den Boden gezerrt, hochgerissen, an
die Wand geworfen wird und sogar über einen Tisch „fliegt“. Selbst an die
Ästhetik von James Whales Vorbild erinnert Whannell in einer Szene, in der
Cecilia in einem Krankenhaus sitzt und auf eine Liege vor sich starrt. Ihr
Blick fällt auf einen am gesamten Kopf bandagierten Patienten.
Zur feministischen Wende kommt es, als Cecilia dem Geheimnis von Griffins
Unsichtbarkeit auf die Spur kommt und dieses für ihre Zwecke nutzt.
Moralisch gesehen läuft diese Ermächtigung auf Rache nach antikem
Talionsprinzip (Auge um Auge) hinaus. Als Schlusspointe ist sie gleichwohl
ziemlich gelungen.
4 Aug 2020
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## AUTOREN
Tim Caspar Boehme
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Horrorfilm
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