| # taz.de -- Filmkomödie „The Climb“: Liebe geht nicht weg | |
| > In Michael Angelo Covinos Spielfilmdebüt trägt eine Freundschaft mehr, | |
| > als möglich scheint. Was eine gelungene Komödie ergibt. | |
| Bild: Kyle (Kyle Marvin) und Mike (Michael Angelo Covino) in den französischen… | |
| Freunde sind im Film ein beliebtes Sujet. In Komödien zumal. Freundschaft | |
| unterscheidet sich von Verwandtschaft ja grundlegend dadurch, dass die | |
| Beziehung freiwillig eingegangen wird. So haben Freundschaften eine innere | |
| Leichtigkeit, die sie andererseits zerbrechlich macht. Wie in der Liebe | |
| muss man sich gegenseitig auch schon mal die Freundschaft beweisen und kann | |
| sie aufs Spiel setzen. | |
| In der Komödie „The Climb“ gibt es mit der Figur des Mike einen Freund, der | |
| ein wenig an einen Fluch erinnert. Mike sagt es irgendwann selbst im Film: | |
| „Ich weiß, dass ich ein Arschloch bin.“ Er spricht den Satz nicht | |
| trotzig-selbstbewusst, sondern als Eingeständnis einer unerfreulichen | |
| Gegebenheit, mit der er genauso umgehen muss wie die anderen. Schwer zu | |
| ertragen ist er ganz sicher. | |
| Das macht Michael Angelo Covino in seinem Regiedebüt „The Climb“ von der | |
| ersten Szene an sehr deutlich. Covino spielt darin besagten Mike, und er | |
| hat mit seinem zweiten Hauptdarsteller Kyle Marvin, in der Rolle von Mikes | |
| Freund Kyle, auch das Drehbuch geschrieben. | |
| ## Zwangspause von der Freundschaft | |
| Die Geschichte, die beide auf der Leinwand darbieten, beginnt beiläufig in | |
| den französischen Bergen. Mike und Kyle fahren mit ihren Rennrädern eine | |
| kaum befahrene Landstraße hinauf, Mike gibt Kyle Ratschläge, wie er seine | |
| Kräfte besser einsetzt. Und dann sagt er, als er ein wenig Vorsprung vor | |
| Kyle gewonnen hat, halb unter sich weggenuschelt: „Kyle, ich habe mit Ava | |
| geschlafen.“ Ava ist Kyles Verlobte, die Hochzeit steht unmittelbar bevor, | |
| wie dem Gesprächsverlauf bis dahin zu entnehmen war. | |
| Nach dem Bekenntnis ist vieles anders. Unter anderem muss die Freundschaft | |
| von Mike und Kyle eine Zwangspause einlegen. Dieser Bruch wird als solcher | |
| nicht im Film gezeigt, wie vieles in der Handlung, die in sieben Kapitel | |
| eingeteilt ist, großzügig ausgelassen ist. Zu Beginn jedes neuen Kapitels | |
| muss man sich kurz aus der aktuellen Situation erschließen, was in der | |
| Zwischenzeit geschehen sein dürfte. So viel sei verraten: Mit Mike und Kyle | |
| ist nicht endgültig Schluss, doch die Beule in ihrer Beziehung bestimmt | |
| fortan die weiteren Ereignisse. | |
| Michael Angelo Covino lässt die Handlung in einer nicht näher bestimmten | |
| Gegenwart spielen. Mobiltelefone sind im Einsatz, doch ist nicht ganz | |
| eindeutig, ob sie auch Smartphones sind. Die Bilder sind grobkörnig, muten | |
| nostalgisch an, wie auch Mike und Kyle sich viel mit ihrer Vergangenheit | |
| beschäftigen. So trifft sich Kyle, dem es im Übrigen sehr schwerfällt, zu | |
| anderen nein zu sagen, in einer Szene im Keller seines Elternhauses mit | |
| seiner neuen Freundin Marissa (Gayle Rankin), wo er von alten Spielsachen | |
| umgeben ist, zu denen er immer noch ein affektives Verhältnis zu haben | |
| scheint. | |
| ## Eine unaufdringlich großartige Komödie | |
| „The Climb“ ist eine unaufdringlich großartige Komödie, insbesondere weil | |
| sie aus existenziellen, oft tragischen Wendungen komische Funken schlägt, | |
| die nicht abgegriffen wirken. Neben Trennungen gibt es in diesem Film eine | |
| Beerdigung, Mike entwickelt im Verlauf der Ereignisse ein „drinkin’ thing�… | |
| doch schlägt dieser Ernst oft in Humor um, der hart am Slapstick | |
| entlangsegelt, ohne diesen auszuschlachten. | |
| Etwa wenn Mike betrunken eine Weihnachtsfeier von Kyles Familie aufsucht, | |
| durchs Wohnzimmer in Richtung Weihnachtsbaum torkelt und die Szene kurz vor | |
| ihrem katastrophalen Höhepunkt abreißt. | |
| Jedes Kapitel ist um eine lange Kamerafahrt organisiert, was den Szenen | |
| etwas klaustrophobisch Geschlossenes, in ihrer durchgehaltenen Bewegung | |
| jedoch zugleich Flaneurhaftes verleiht. Die Kamera kommt nicht los von den | |
| Geschehnissen und Personen, so wie Mike und Kyle nie richtig voneinander | |
| loskommen oder -wollen. | |
| ## Keine Buddy-Komödien-Klischees | |
| Covino und Marvin vermeiden dabei Klischees aus Buddy-Komödien jüngeren | |
| Datums. Die Genitalfixierung, wie sie in den [1][Filmen Judd Apatows] zum | |
| Beispiel für zuverlässige Lacher sorgt, findet man hier nicht. Zwar haben | |
| dessen Figuren oft ebenfalls ein Problem damit, erwachsen zu werden, Mike | |
| und Kyle haben bei alledem jedoch viele zusätzliche Ecken und Kanten, die | |
| sie nach mehr aussehen lassen als nach Figuren, die lediglich für ein | |
| Drehbuch entworfen wurden. | |
| Was damit zu tun haben mag, dass Covino und Marvin auch im „echten“ Leben | |
| befreundet sind. Ihre Figuren sind kleinbürgerliche Existenzen, die, im | |
| Weltmaßstab gesehen, kleine Nöte haben, die zum großen Witz führen, ohne | |
| dass jemand schamlos vorgeführt würde. | |
| Zum eleganten optischen Stil kommt übrigens auch ein wunderbar cheesy | |
| ausgewählter Soundtrack, mit nostalgischer Bigbandmusik von Martin Mabz und | |
| einigen stilvoll platzierten Chansons von Gilbert Bécaud. Ein | |
| Feel-Good-Movie, das gern wehtut. Am Ende folgt eine weitere Radtour in | |
| veränderter Besetzung. Wer diesmal radelt, sei nicht verraten. | |
| 18 Aug 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Tim Caspar Boehme | |
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