| # taz.de -- Frauenhorror Filmfestival in Berlin: In unsicheren Verhältnissen | |
| > Das kleine Final Girl Film Festival in Berlin gilt weiblichen Positionen | |
| > im Horrorfilm-Genres. Es geht um Ängste, Psychopathinnen und Mörderinnen. | |
| Bild: In „Swallow“ von Carlo Mirabella-Davis schluckt eine Frau zu viele Di… | |
| Dalva ist neun Jahre alt und bewahrt auf ihrem Nachttisch zwischen | |
| Heiligenfiguren und Kerzen zwei Zähne und den abgeschnittenen Zopf ihrer | |
| toten Mutter auf. Dalvas Tante versucht einen Liebeszauber, um ihren | |
| untreuen Verlobten zurückzugewinnen. Sie sticht sich mit einer Nadel in den | |
| Finger, lässt ein paar Tropfen Blut in ein Wasserglas fallen, steckt ein | |
| Heiligenfigürchen kopfüber in das Glas und murmelt einige Worte. Dalvas | |
| Vater arbeitet nachts auf dem Bau; als sich einer seiner Kollegen aus dem | |
| Rohbau in den Tod stürzt, versinkt der Vater mehr und mehr in Erschöpfung, | |
| Hoffnungslosigkeit und dem Wahn, vom Geist des Verstorbenen heimgesucht zu | |
| werden. | |
| „A Sombra do Pai“ (dt. „Im Schatten des Vaters“) ist ein Film der | |
| brasilianischen Filmemacherin Gabriela Amaral Almeida und wird auf dem | |
| „Final Girls Horrorfilm Festival Berlin“ zu sehen sein, das vom 6. bis 9. | |
| Februar im City Kino Wedding, in der Panke und im gr_und project space | |
| stattfindet. | |
| Wie viele der Filme auf dem Festivalprogramm ist „A Sombra do Pai“ weniger | |
| ein Horrorfilm mit klassischen Gruseleffekten, eher zeigt er den wirklichen | |
| Horror eines kindlichen Lebens in unsicheren und prekären Verhältnissen. | |
| Dalva versucht sich zwischen überforderten Erwachsenen, die sich kaum um | |
| sie kümmern können, das Leben zu erklären. Sie füllt die Dinge um sich | |
| herum mit Magie und Bedeutung. Sie will ihre Mutter wieder zum Leben | |
| erwecken, indem sie deren Zähne in ein Glas mit Erde pflanzt, Zaubersprüche | |
| erfindet, und sie möchte über Gläserrücken mit Geistern in Verbindung | |
| treten. | |
| ## Die letzte Überlebende | |
| Die Idee zu [1][„Final Girls Berlin“ entstand aus dem internationalen | |
| „Women in Horror“-Monat,] der 2009 in Los Angeles zum ersten Mal stattfand, | |
| erklärt Elinor Lewy, eine der beiden Festivaldirektorinnen. Mit Festivals | |
| wie „Final Girls“ solle der männlichen Dominanz im Horror etwas | |
| entgegengesetzt werden: „Unsere Filme müssen nicht explizit feministisch | |
| sein, aber sie handeln oft von den Ängsten von Frauen und spiegeln ihre | |
| Erfahrungswelt wider. Unser Verständnis von Horror ist ziemlich | |
| umfangreich, wir zeigen zum Beispiel eine Kurzfilmreihe über soziale | |
| Missstände [Social Ills, 7. 2., 18 Uhr, City Kino Wedding], die uns mit | |
| sozialen Ungleichheiten und „realem Horror“ konfrontieren“, erzählt Lewy. | |
| Neben lebensnahem „realen Horror“ wird es auch ein Kurzfilmprogramm namens | |
| „Graveyard Shift“ geben, das sich eher klassischen Horroreffekten, mit | |
| Vampiren, spritzendem Blut und feministischem Dreh bedient: In „Zombiosis“ | |
| von Cris Gamín etwa macht eine Frau Jagd auf Menschen, schlachtet sie und | |
| serviert Gehirn, garniert mit einem Salbeizweig, ihrem Geliebten, einem | |
| Zombie, den sie in einer Glasbox im Keller gefangen hält. | |
| Final Girls, der Name des Festivals, komme von der Bezeichnung für die | |
| letzte überlebende Frau in einem Horrorfilm, die Monster oder Killer mit | |
| Intelligenz, Geschick und Ausdauer besiegt hat, erklärt Lewy. Die | |
| Bezeichnung „Final Girl“ sei einerseits ein umstrittener Begriff, weil das | |
| „Final Girl“ in Horrorfilmen oft eindimensional porträtiert werde: eine | |
| Frau, die sich an gesellschaftliche Normen hält und nichts „Falsches“ tut, | |
| am besten noch jungfräulich ist. | |
| ## Die ist vom Teufel besessen | |
| Mit Filmen [2][wie „The VVitch“ von Robert Eggers] oder „Cabin in the | |
| Woods“ von Drew Goddard werde dieses Klischee von der „guten“ überlebend… | |
| Frau heute aber langsam dekonstruiert, meint Lewy. | |
| Dass reale Frauen und Mädchen nicht nur Opfer sein können, sondern auch | |
| selbst zu Psychopathinnen, Mörderinnen und Monstern werden, zieht sich als | |
| Narrativ durch viele der gezeigten Filme und wird besonders in der „True | |
| Crimes“-Reihe (8. 2., 19.30 Uhr, City Kino Wedding) deutlich. Der Kurzfilm | |
| „Children of Satan“ beispielsweise handelt von zwei Mädchen, sie sich in | |
| der Idylle eines christlich-religiösen Sommercamps in Schweden in den | |
| Glauben hineinsteigern, dass ein anderes Mädchen vom Teufel besessen ist: | |
| Sie lässt Tausendfüßler aus ihrer Nase kriechen, verursacht telepathisches | |
| Nasenbluten und will die beiden schließlich, so bilden sie sich ein, beim | |
| Baden im Meer ertränken. | |
| Bei der Auswahl der Filme sei ihnen vor allem wichtig gewesen, dass diese | |
| von Frauen oder nichtbinären Filmemacher*innen geschrieben, produziert | |
| oder verfilmt wurden, erklärt Linda Hofmann, eine der Organisatorinnen des | |
| Filmfests: „Wir wollen einen Raum schaffen für weibliche oder nichtbinäre | |
| Positionen und Visionen des Horrorgenres. Dabei ist uns wichtig zu zeigen, | |
| dass es diese Perspektiven auch im Horror schon immer gab, weshalb auch | |
| eine Retrospektive jedes Jahr mit auf dem Programm steht. Wir wollen | |
| präsentieren, wie vielfältig Horror sein kann und welches Potenzial in ihm | |
| steckt.“ | |
| 7 Feb 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Annina Bachmeier | |
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