# taz.de -- Facebook und der Datenschutz: Das große Leck | |
> Ein Whistleblower verrät: Die Firma Cambridge Analytica hat für den | |
> Trump-Wahlkampf 50 Millionen Facebook-Profile ausgespäht. | |
Bild: Facebooks Reaktion zeigt: Das Netzwerk selbst macht Datenklau möglich | |
Die Sicherheit von Facebookdaten ist ein empfindliches Thema für den | |
Social-Media-Giganten. Nun gerät der Konzern erneut in Erklärungsnot. Wie | |
der britische Guardian berichtet, hat die PR-Firma Cambridge Analytica vor | |
der US-Präsidentschaftswahl 50 Millionen Facebook-Profile heimlich | |
ausgewertet. | |
Für ein Honorar gewann die Firma Facebook-NutzerInnen dazu, ihre | |
Profildaten über eine App zur Verfügung zu stellen – in dem Glauben, es | |
ginge um Persönlichkeitstests. Cambridge Analytica nutzte aber nicht nur | |
die Daten ihrer „Testpersonen“, sondern auch die ihrer FreundInnen. So | |
erstellte die Firma einen riesigen psychometrischen Datensatz. Ihr Ziel: | |
Gezielte Wahlwerbung an all jene ausspielen, die die Wahl zugunsten Donald | |
Trumps entscheiden könnten. | |
Cambridge Analytica (CA) ist eine britisch-amerikanische Beraterfirma, die | |
auf politische Strategie im Bereich Big Data spezialisiert ist. Der Name | |
„Cambridge Analytica“ wurde wahrscheinlich aus markenstrategischen Gründen | |
gewählt, die einzige Verbindung zur Uni Cambridge besteht in dem Dozenten | |
Aleksandr Kogan, einem Neurowissenschaftler, der an dem fraglichen | |
Datenanalyseprojekt mitgearbeitet hat. | |
CA wird finanziert vom US-Milliardär und Trump-Unterstützer Robert Mercer. | |
Mercer, auch Hauptfinancier der neurechten Nachrichtenplattform Breitbart, | |
unterhielt lange enge Verbindungen zum ehemaligen Trump-Chefstrategen | |
Stephen Bannon, bevor sich die Familie Mercer Anfang des Jahres von Bannon | |
distanzierte. | |
„Micro-Targeting“ für Trump und den Brexit | |
Der Guardian-Informant Christopher Wiley, ein ehemaliger CA-Mitarbeiter, | |
hat nun dargelegt, wie sich diese Firma aus dem engsten Netzwerk Donald | |
Trumps 2015 ein Facebook-Datenleck zunutze gemacht hat. Mit den Daten, so | |
Wiley, habe CA unentschiedene Wählerinnen und Wähler identifizieren können, | |
um ihnen gezielte Wahlwerbung auszuspielen. | |
Diese „Micro-Targeting“ genannte Strategie setzt darauf, politische | |
Kampagnen mithilfe von Datensätzen so effizient wie möglich zu platzieren. | |
Im US-Wahlsystem, in dem eine kleine Gruppe von unentschiedenen WählerInnen | |
in den sogenannten Swing States wahlentscheidend sein kann, ist ein solches | |
datengestütztes Vorgehen besonders interessant – und besonders umstritten. | |
Handelt es sich um Wahlmanipulation, wie sie der FBI-Sonderermittler Robert | |
Mueller [1][13 russischen StaatsbürgerInnen vorwirft]. Oder ist es nur | |
fair, dass CampaignerInnen gezielt die ansprechen, die die Wahl entscheiden | |
könnten – mit allen Mitteln? | |
CA wird bereits seit Ende 2016 mit Micro-Targeting in Verbindung gebracht. | |
Damals hatte sich mit dem Psychologen Michal Kosinski bereits ein | |
ehemaliger CA-Mitarbeiter zu Wort gemeldet. Dem Schweizer Magazin erzählte | |
Kosinski, er habe für CA ein System zur psychologischen Auswertung von | |
Nutzerdaten entwickelt, welches [2][nicht nur die Wahl für Trump, sondern | |
auch das britischen Brexit-Referendum entschieden habe]. | |
Die Geschichte sorgte für heftige Diskussionen, bald schon zeichnete sich | |
aber ab, dass CA vor allem eines gut kann: ihre Fähigkeiten überverkaufen. | |
Für die Brexit-Kampagne, stellte sich heraus, hatte CA nicht die | |
entscheidende Rolle gespielt. Und Berater der US-Republikaner ließen | |
durchblicken, dass die Firma mit dem Mittel der gezielten | |
Selbstüberschätzung arbeite. | |
Facebook reagiert überstürzt | |
Der Guardian, der nach eigenen Angaben mit Wiley in Kontakt war, verkauft | |
seinen Informanten als Whistleblower und die Information über die 50 | |
Millionen ausgewerteten Facebook-Profile als Megaenthüllung. Stimmen aus | |
der Datenschützerszene entgegnen gelangweilt, [3][dass das Leck bereits | |
bekannt gewesen sei]. Auch Facebook war schon Ende 2015 informiert. | |
Trotzdem ist die Story zum jetzigen Zeitpunkt für Facebook ein | |
Riesenproblem, was aus den übersprunghaften Reaktionen des Konzerns klar | |
wird: Am Freitag gab Facebook bekannt, [4][dass Cambridge Analytica bei dem | |
Netzwerk rausgeflogen ist]. Inzwischen ist auch Wileys Account deaktiviert. | |
Natürlich konnte Facebook noch nie für die Sicherheit seiner Nutzerdaten | |
garantieren. Nun aber wird das Netzwerk immer häufiger mit Stichworten wie | |
Wahlfälschung und Diskursverzerrung in Verbindung gebracht. Britische und | |
US-Behörden haben bereits Ermittlungen angekündigt. | |
In die Ecke gedrängt bekräftigt das Unternehmen, dass streng genommen kein | |
„Datenleck“ vorliege, da die NutzerInnen ihre Daten ja freiwillig zur | |
Verfügung gestellt hätten. Was natürlich für die befreundeten Accounts der | |
„Testpersonen“ nicht gilt. Gleichzeitig legt Facebook damit offen: | |
Datenklau geht, ohne das System zu knacken – das Netzwerk selbst macht ihn | |
möglich. | |
20 Mar 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Russische-Beeinflussung-der-US-Wahl/!5485378 | |
[2] /Big-Data-und-die-US-Praesidentschaftswahl/!5359725 | |
[3] https://twitter.com/adfichter/status/975338188121214976 | |
[4] https://newsroom.fb.com/news/2018/03/suspending-cambridge-analytica/ | |
## AUTOREN | |
Peter Weissenburger | |
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