# taz.de -- Datenhandel bei der Deutschen Post: Wahlkampf mit Kundendaten | |
> Verhökert die Post Daten ihrer Kunden an die Politik? Nur im Rahmen des | |
> Datenschutzes, sagt das Unternehmen. Doch in Zeiten des Facebook-Skandals | |
> bleiben Fragen offen. | |
Bild: Steht gerade in keinem guten Licht da: Die Post | |
BERLIN dpa | Angesichts des Facebook-Skandals um millionenfache unerlaubte | |
Datennutzung ist die Deutsche Post wegen der Weitergabe von Kundendaten an | |
Parteien im Wahlkampf in die Kritik geraten. Das Unternehmen wies die | |
Vorwürfe zurück und versicherte, bei der Speicherung und Verarbeitung | |
personenbezogener Daten werde das Datenschutzgesetz strikt eingehalten. | |
Auch CDU und FDP betonten am Sonntag, man habe im Einklang mit dem | |
Datenschutzrecht gehandelt und nur anonymisierte Daten genutzt. Ein | |
Personenbezug sei nicht herstellbar gewesen. | |
Die Bild am Sonntag hatte geschrieben, CDU und FDP hätten im | |
Bundestagswahlkampf 2017 jeweils einen fünfstelligen Betrag für | |
straßengenaue Analysen der Post-Tochterfirma „Deutsche Post Direkt GmbH“ | |
gezahlt. Die CDU habe darauf ihren Haustürwahlkampf aufgebaut, die FDP habe | |
auf dieser Basis Wahlwerbung an bestimmte Zielgruppen verschickt. SPD, | |
Grüne, Linke und AfD hätten nach eigener Aussage nicht mit der Post | |
zusammengearbeitet. | |
Der Handel mit Daten und Adressen ist ein lukrativer Geschäftszweig und | |
nicht illegal. Unternehmen und Parteien nutzen solche Daten seit langem, um | |
zielgenauer werben zu können. | |
Die CDU-Zentrale in Berlin teilte mit, man habe im Wahlkampf eine | |
Massen-Postsendung bei der Post in Auftrag gegeben. Dabei seien keine Daten | |
an die CDU übermittelt oder über Einzelhaushalte gekauft worden. Die Post | |
habe für den Haustürwahlkampf eine statistische | |
„CDU-Wahlwahrscheinlichkeit“ für Straßenabschnitte geliefert. Dazu habe m… | |
Zugriff auf eine Kartenansicht erhalten. Es seien vollkommen anonymisierte | |
Daten verwendet worden, ein Personenbezug sei nicht herstellbar gewesen. | |
Der Zugang zur Datenbank sei nach der Wahl beendet worden. | |
## Mehr als 1 Milliarde Einzelinformationen | |
Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco | |
Buschmann, schrieb auf Facebook, die von der Post erworbenen Daten seien | |
vollständig anonymisiert gewesen und im Einklang mit dem Datenschutzrecht | |
bearbeitet worden. Als Datenschutzpartei habe man darauf geachtet, dass | |
keine personenbezogenen Daten verwendet wurden. Die Daten hätten zudem | |
ausschließlich einen Wahrscheinlichkeitswert geliefert, „einen möglichen | |
FDP-affinen Wähler anzutreffen“. | |
Bild am Sonntag zitierte aus vertraulichen Papieren der Post-Tochter mit | |
Stand März 2018, die an Parteien verschickt würden. Darin heiße es, für | |
zirka 20 Millionen Häuser mit rund 34 Millionen Haushalten in Deutschland | |
stünden mehr als 1 Milliarde Einzelinformationen zur Verfügung. Die Post | |
besitze laut der Werbebroschüre Daten zu 85 Prozent aller Haushalte in | |
Deutschland, darunter Angaben zu Kaufkraft, Bankverhalten, Geschlecht, | |
Alter, Bildung, Wohnsituation, Familienstruktur, Wohnumfeld und Pkw-Besitz. | |
Die Post kaufe nach eigenen Angaben zudem statistische Daten von Behörden, | |
unter anderem vom Kraftfahrt-Bundesamt und vom Katasteramt, heißt es in dem | |
Bericht weiter. Für die Wähleranalysen kombiniere die Post ihre Daten mit | |
Wahlergebnissen nach Stimmbezirken und arbeite dafür mit dem | |
Meinungsforschungsinstitut dimap zusammen. | |
## Automatisch in der Post-Datenbank | |
Ein Post-Sprecher erklärte, die Arbeit des Tochterunternehmens unterliege | |
der Aufsicht des Bundesbeauftragten für Datenschutz „und ist über die Jahre | |
regelmäßig überprüft worden“. Die Daten bezögen sich nicht auf einzelne | |
Haushalte, sondern auf sogenannte Mikrozellen aus im Schnitt 6,6 | |
Haushalten. Dabei würden keine personenbezogenen Daten, sondern | |
statistische Wahrscheinlichkeitswerte dargestellt. Die Daten würden | |
vermietet und nicht verkauft – eine direkte Übermittlung von Adressdaten an | |
Werbung treibende Kunden sei ausgeschlossen. Daten der | |
Wirtschaftsauskunftei Schufa würden nicht genutzt. | |
Laut Bild am Sonntag ist jeder, der in Deutschland eine Adresse hat, | |
automatisch in den Post-Datenbanken. Um die Weitergabe der Daten zu | |
verhindern, müsse der Nutzung schriftlich widersprochen werden. | |
Die Netzpolitikerin Anke Domscheit-Berg (Linke) forderte in dem Blatt: | |
„Eine Weitergabe dieser privaten Daten muss ohne ausdrückliche Zustimmung | |
verboten sein.“ Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar | |
verlangte nach den [1][Vorgängen um Facebook] eine Neubewertung des | |
Microtargeting, mit dem über statistische Verfahren gezielt Wählergruppen | |
angesprochen werden können. Intransparente Verfahren dürften nicht helfen, | |
„den Wählerwillen zu manipulieren“. | |
1 Apr 2018 | |
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