# taz.de -- Big Data und die US-Präsidentschaftswahl: Die waren es! | |
> Die Datenanalysten sind schuld, dass Trump jetzt Präsident ist? Sagen wir | |
> so: Es ist komplizierter – aber nicht viel weniger beunruhigend. | |
Bild: Die Wähler lassen sich nicht so leicht manipulieren, manche Dinge wollen… | |
Der Text titelte mit einer Bombe – und schlug auch ein wie eine. „Ich habe | |
nur gezeigt, dass es die Bombe gibt“, hieß er, erschienen in Das Magazin | |
aus der Schweiz. Er berichtete ausführlich, wie die britische Firma | |
Cambridge Analytica erst den Brexit und dann Trump als US-Präsidenten | |
durchbrachte. Gestützt mit Datenanalysen und Psychometrik, die die | |
Einstellungen jedes einzelnen Mensch messbar und prognostizierbar machten. | |
Heißt konkret: Statt über Werbespots und Massenmedien werden Wähler über | |
soziale Netzwerke zielgerichteter angesprochen. Zugeschustert bis aufs | |
individuelle Profil. | |
Ist Demokratie also dermaßen verletzlich, dass eine Firma mit einer | |
Kombination aus Datenanalyse plus Psycho-Forschung plus Werbemarketing so | |
wirken kann? Ist das so, taugt der Satz, dass man doch nix zu verbergen | |
hat, endgültig nicht mehr. Die Reaktionen sind bei vielen Lesern hektisch | |
bis panisch. Hat Cambridge Analytica Donald Trump zum Präsidenten gemacht? | |
Dass aus Facebook-Likes mit hoher Trefferquote ableitbar ist, welche | |
Hautfarbe, politische Einstellung und sexuelle Orientierung jemand hat, das | |
belegen laufend neue Studien. Profiling mithilfe von Big Data, eine Art | |
Menschensuchmaschine, gibt es auch schon länger: Datengestützten Wahlkampf | |
hat 2012 Obamas Team great gemacht. Vier Jahre später haben die | |
Republikaner nachgezogen. Und eben noch psychologische Faktoren | |
draufgesetzt. | |
Bei näherem Hinsehen bekommt das ultrapotente Bild von Cambridge Analytica | |
Risse. Dass die Firma für die britische Leave-Kampagne den Brexit | |
durchgedrückt habe, schrieben viele. Wired hingegen berichtet: Aus | |
Budgetgründen habe Cambridge Analytica in der Kampagne kaum eine Rolle | |
gespielt. Im US-Wahlkampf war Trump nicht der erste Republikaner, für den | |
Cambridge Analytica arbeitete – zuvor war man vor allem für Ted Cruz | |
unterwegs. Dessen Team kündigte die Zusammenarbeit aber auf. Dem | |
US-Werberfachblatt AdAge sagten mehrere republikanische Berater: Die Firma | |
verspreche mehr, als sie zu leisten imstande sei. | |
## Die Entscheidung für einen Thermomixer | |
Wie manipulierbar sind denn nun Menschen in ihrer Wahlentscheidung? Klar | |
sind solche Methoden potent. Leute auf diesem Wege in ihren Ansichten zu | |
verfestigen, sie zu immunisieren gegen Kritik – das hat die Trump-Kampagne | |
geschafft. Nur: Will ich einfach keinen Thermomixer kaufen, und mögen auch | |
alle Datenpunkte und das Profil meiner Familiensituation dafür sprechen – | |
dann wird auch ausgefeiltes digitales Zielgruppenmarketing mich nicht vom | |
Gegenteil überzeugen. | |
Die Datenanalysemodelle von Cambridge Analytica mögen noch so gut sein – | |
sie bringen doch nur die Seiten in jemandem zum Klingen und verstärken nur | |
die, die ohnehin bereits angelegt sind. Eine politische 180-Grad-Wende | |
herbeizunudgen ist schon kniffliger. Belege dafür, dass Cambridge Analytica | |
tatsächlich gelungen ist, datengestützt besser zu verstehen, unter welchen | |
Umständen und vor allem wann genau Unentschiedene ihre politischen | |
Positionen ändern, habe ich noch nicht gelesen. | |
Dass Trumps Kampagne gezielt Clinton-Unterstützer herauspickte und sie | |
gezielt mit gekauften Facebook-Posts von den Urnen fernzuhalten versuchte, | |
ist beunruhigend. | |
Nur: es ist verführerisch, weil entlastend, Datenanalysten zu den | |
Schuldigen für die Wahl von Trump und allen anderen politischen Übeln | |
dieser Tage zu machen. Weil: Hat man sie ausfindig gemacht, darf man | |
aufhören, über alle anderen Gründe für seinen Wahlsieg nachzudenken. Es mag | |
vielen, die Trumps Wahl für unbegreiflich halten, einleuchtend erscheinen, | |
dass es so war. Wahrscheinlich ist die Antwort aber noch viel | |
komplizierter. | |
5 Dec 2016 | |
## AUTOREN | |
Meike Laaff | |
## TAGS | |
US-Wahl 2024 | |
Donald Trump | |
Big Data | |
Wahlmanipulation | |
Schwerpunkt Meta | |
Ivanka Trump | |
Hillary Clinton | |
Digitalisierung | |
Social Media | |
Digitalisierung | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Schwerpunkt USA unter Donald Trump | |
Datenschutz | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Forscher über Wahlen und Algorithmen: „Eine geschickte Werbestrategie“ | |
PR-Firmen wie Cambridge Analytica behaupten: Unsere Daten entscheiden | |
Wahlen. Ist da was dran, oder alles Mythos? Simon Kruschinski von der Uni | |
Mainz erklärt. | |
Big Data und US-Präsidentschaftswahl: Facebook sperrt Datenanalysefirma | |
Präsident Donald Trump hatte die Dienste von Cambridge Analytica bei der | |
Wahl 2016 genutzt. Facebook sagt, die Firma hätte Auflagen des Netzwerks | |
verletzt. | |
Textsammlung zu Trump: Wie der Monarch ins Weiße Haus kam | |
Donald Trump wird Präsident. Für alle, die sich fragen, wie es dazu kam und | |
was jetzt wird, haben wir hier taz-Analysen zum Nachlesen gebündelt. | |
Gehackte E-Mails bei US-Demokraten: Der Wladimir war's nett, doh! | |
Die Suche nach dem Urheber des Hacks geht weiter. Ein US-Sender bezichtigt | |
den russischen Staatschef Putin. Sein Sprecher tut den Vorwurf als Unsinn | |
ab. | |
Digitalisierung von Politik: Vom Start-up zum Staat-up | |
Steuererklärung, Krebsvorsorge, Bankgeschäfte: In Estland geht das mit | |
einer ID. Deutschland findet das vorbildlich. Wohin führt das? | |
Facebook, Twitter und Youtube: Gemeinsam gegen Terror-Propaganda | |
Forderungen an Online-Netzwerke, Content schneller und konsequenter zu | |
löschen, gibt es schon lange. Eine gemeinsame Datenbank soll dies nun | |
vereinfachen. | |
Datenschutz in der Industrie: Digitale Souveränität | |
Fraunhofer-Forscher entwickeln Techniken für die Digitalökonomie. | |
Industriefirmen sollen sicher sein, dass nur sie Zugang zu ihren Daten | |
haben. | |
Big Data bei den US-Wahlen: Das Silicon Valley weiß, wen du wählst | |
Clinton und Trump durchleuchten ihre WählerInnen – mit Algorithmen. Das | |
zerstöre die Demokratie, sagt die Mathematikerin Cathy O’Neil. | |
Prognose zur US-Präsidentschaftswahl: Der Blick in die Glaskugel | |
Viele Wählergruppen neigen dazu, Clinton zu wählen. Doch gehen sie auch an | |
die Urnen? Warum es so schwer ist, das Wahlergebnis vorherzusehen. | |
Telefónica und Kundendaten: Big Data mit Rabatten | |
Kunden sollen belohnt werden, wenn sie der Nutzung ihrer Bewegungsprofile | |
zustimmen. Datenschützer sind einverstanden. |