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# taz.de -- Eskalation in Gaza: Eine humanitäre Intervention ist nötig
> Israel begeht im Gaza-Streifen am laufenden Band Kriegsverbrechen.
> Höchste Zeit, dass die internationale Gemeinschaft endlich handelt.
Bild: Protest in Barcelona im August gegen die Tötung von Journalist*innen in …
Vor laufender Kamera übte die israelische Armee am vergangenen Montag einen
Doppelschlag aus. Als [1][sie das Nasser-Krankenhaus] im Gazastreifen
bombardierte, eilten Krankenschwestern, Sanitäter und Journalisten zu der
Stelle, um die Opfer zu bergen. Kurz darauf schlug ein zweites Geschoss
ein, am Ende waren mindestens 20 Menschen tot. Ein arabischer Sender filmte
die Szene, die Bilder gingen im Netz um die Welt.
Diese grausame Strategie des double tap kennt man sonst von Diktaturen wie
dem Assad-Regime, von Terrorgruppen wie dem IS im syrischen Bürgerkrieg
oder von den Taliban. Doch auch die israelische Armee hat im Gazastreifen
und im Libanon Dutzende von Sanitätern und Helfern auf diese Weise getötet.
Auch das ist eine Form von Terror: staatlicher Terrorismus.
Auch wer diesen Begriff ablehnt, muss anerkennen: Die Bombardierung und
Zerstörung von Krankenhäusern im Gazastreifen – von denen das
Nasser-Krankenhaus das größte ist, das noch funktioniert – stellt ein
Kriegsverbrechen dar. Die Ermordung von Hunderten humanitären Helfern und
Sanitätern im Gazastreifen seit 2023 ist ein Kriegsverbrechen, und die
Ermordung von rund 200 Journalisten ebenfalls.
Erst vor knapp zwei Wochen tötete die israelische Armee [2][den
Journalisten Anas al-Sharif] von Al Jazeera mit seinem gesamten Team in
Gaza-Stadt. Das erweckt den Eindruck, als wollte sie mögliche Zeugen
beseitigen. Denn die israelische Armee will jetzt in Gaza-Stadt
einmarschieren und fast eine Million Menschen von dort in den Süden
vertreiben. Der UN-Generalsekretär warnt vor verheerenden Folgen; der Papst
spricht von einer kollektiven Bestrafung.
Um weitere Kriegsverbrechen zu verhindern, müsste die internationale
Gemeinschaft jetzt eigentlich eine humanitäre Intervention beschließen. Das
fordert etwa der irische Präsident Michael Higgins. Als humanitäre
Intervention wird eine militärisches Einmischung bezeichnet, die dazu
dient, Menschenrechtsverletzungen zu stoppen. Die Hürden dafür sind hoch:
Der UN-Sicherheitsrat muss das beschließen. Eine von Kanada eingesetzte
Kommission befand 2001 zwar, dass die Weltgemeinschaft die Verantwortung
hat, Völkermord, ethnische Säuberungen und Verbrechen gegen die
Menschlichkeit zu verhindern – alles Verbrechen, für die Israel vor
internationalen Gerichten angeklagt ist. Diese responsibility to protect
(R2P) ginge sogar so weit, dass es auch ohne UN-Mandat legal sein sollte
einzugreifen, so die Kommission. Diese Auffassung hat sich aber nicht
durchgesetzt.
Dennoch haben westliche Mächte aus – zumindest vorgeblich – humanitären
Gründen immer wieder auch ohne UN-Mandat in anderen Staaten interveniert:
1999 griff die Nato, mit deutscher Beteiligung, in Jugoslawien ein, um die
Vertreibung von Albanern durch die serbische Armee zu stoppen und die
humanitäre Katastrophe im Kosovo zu beenden. 2011 einigte sich der
UN-Sicherheitsrat in einer Resolution auf eine Flugverbotszone über Libyen,
um die Bevölkerung vor Angriffen der Armee des damaligen Diktators Muammar
al-Gaddafi zu schützen. Auch während des Bürgerkriegs in Syrien wurde über
eine internationale Schutzverantwortung diskutiert, aber Russland stand dem
entgegen.
Es ist klar, dass der UN-Sicherheitsrat einer humanitäre Intervention im
Gazastreifen jetzt kein Mandat erteilen wird, auch wenn sie notwendig wäre,
weil die USA das mit einem Veto verhindern würden. Gerade erst hat der
Sicherheitsrat die von Israel verursachte Hungersnot im Gazastreifen – mit
Ausnahme der USA einhellig – verurteilt und an dessen Regierung appelliert,
mehr Hilfe zuzulassen. Doch ohne die USA ist das Gremium machtlos. Handeln
können nur einzelne Staaten. Die Bundesregierung hat sich für selbst
gewählte Ohnmacht entschieden: Zu mehr als einem Stopp bestimmter
Waffenlieferungen, den Bundeskanzler Merz verkündet hat, fehlt ihr der Mut.
Diese Fantasielosigkeit ist bestürzend.
## Es scheitert an Deutschland
Um maximalen Druck auszuüben, wären ein Waffenembargo und umfangreiche
Sanktionen nötig. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez verweist
darauf, dass die EU gegen Russland inzwischen 18 Sanktionspakete verhängt
hat. Spanien selbst importiert keine Waffen aus Israel mehr. Slowenien hat
jeden Waffenhandel mit Israel verboten und als erstes Land der EU zwei
rechtsradikale israelische Minister zu unerwünschten Personen erklärt.
Das sind erste Schritte. Die EU könnte auch ein Assoziierungsabkommen mit
Israel aussetzen, das fordern Spanien und Irland schon länger. Das hätte
Wirkung, denn Israel importiert ein Drittel seiner Waren aus der EU. Doch
das scheitert vor allem an Deutschland, das dazu nicht bereit ist. Dabei
wäre es das Mindeste.
29 Aug 2025
## LINKS
[1] /Pressefreiheit-in-Gaza/!6106292
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## AUTOREN
Daniel Bax
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