Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Journalismus im Gazastreifen: Friedhof der Pressefreiheit
> Israel hat im Gazastreifen eine Rekordzahl an Journalisten getötet.
> Reporter ohne Grenzen (RSF) haben dazu heute zu einem Aktionstag
> aufgerufen.
Bild: Algeriens UN-Botschafter Amar Bendjama spricht vor dem Sicherheitsrat üb…
Berlin taz | Maryam Abu Dagga gehörte zu den wenigen weiblichen
Fotojournalisten im Gazastreifen. Sie kam am Montag beim zweiten von zwei
aufeinanderfolgenden Angriffen der israelischen Armee auf das
Nasser-Krankenhaus in Chan Junis ums Leben. Dabei starben 22 Menschen –
darunter fünf Journalisten, die unter anderem für Nachrichtenagenturen wie
Associated Press (AP) und Reuters gearbeitet hatten. Abu Dagga hatte für AP
und den britischen Independent die Schicksale von Menschen dokumentiert,
die aus ihren Häusern vertrieben wurden, und von Ärzten, die verletzte oder
unterernährte Kinder behandelten. Eines ihrer letzten Fotos zeigte ein
13-jähriges Kind, das bei einem israelischen Angriff getötet worden war.
Auf Social-Media-Plattformen wie Instagram und Facebook folgten ihr
weltweit Hunderttausende. Sie wurde 33 Jahre alt.
Dieser August war einer der tödlichsten Monate in einem der tödlichsten
Kriege für Journalisten, seit darüber Buch geführt wird. [1][Bereits am 10.
August bombardierte die israelische Armee ein Pressezelt vor dem
Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt und tötete den Starreporter des
katarischen TV-Senders Al-Jazeera, Anas al-Sharif,] und sein gesamtes
Fernsehteam. Insgesamt zählt das internationale Komitee zum Schutz von
Journalisten (CPJ) 197 Journalisten, die seit Beginn des Krieges am 7.
Oktober 2023 durch Israel im Gazastreifen getötet wurden.
Reporter ohne Grenzen kommen auf 210, von denen mindestens 56 gezielt
getötet worden sein sollen. Die internationale Journalisten-Föderation
(IJP) geht von mindestens 233 Journalisten und Medienarbeitern aus, und die
Palästinensische Journalistengewerkschaft in Ramallah spricht von mehr als
240 getöteten palästinensischen Kolleginnen und Kollegen. Sicher ist nur:
es ist eine Rekordzahl. Gaza ist zum Friedhof der Pressefreiheit geworden.
Wie entgrenzt das israelische Vorgehen gegen die Presse mittlerweile ist,
zeigt der Angriff auf das Al-Nasser-Krankenhaus in Chan Junis. Israels
Premier Benjamin Netanjahu sprach zunächst von einem „tragischen
Missgeschick“. Die israelische Armee erklärte nach einer ersten
Untersuchung: Ein Panzerschütze hätte auf eine Kamera auf dem Dach des
Krankenhauses gezielt.
## Verdächtige Kamera
Eine Kamera rechtfertigt in den Augen des israelischen Militärs den Angriff
auf ein Krankenhaus? Und das nicht nur einmal? Denn wenige Minuten nach dem
ersten Treffer feuerte der Panzer erneut auf die gleiche Stelle und damit
erkennbar auf gekennzeichnete Rettungskräfte und Reporter vor Ort.
Konsequenzen für die verantwortlichen Soldaten oder Kommandeure gibt es bis
heute keine.
In anderen Fällen wirft Israel den Opfern routinemäßig vor, Sympathisanten
oder Mitglieder der Hamas gewesen zu sein. Überprüfbare Belege bleibt sie
dabei meist schuldig. So war es auch bei Anas al-Sharif. Ihm und fünf
weiteren Al-Jazeera-Journalisten hatte das israelische Militär bereits im
Oktober 2024 eine Nähe zur Hamas und dem Islamischen Dschihad unterstellt.
Sowohl Al-Jazeera als auch die betroffenen Journalisten wiesen diese
Vorwürfe zurück. Das Komitee zum Schutz von Journalisten sprach von einer
Verleumdungskampagne und forderte ihren Schutz.
Ohne Erfolg: Anas al-Sharif und seine Kollegen starben bei einem gezielten
Angriff. Vor ihm wurde sein Al-Jazeera-Kollege Hossam Shabat im März 2024
gezielt getötet. Ein anderer, Ismail Abu Omar, verlor bei einem
israelischen Angriff im Februar 2024 ein Bein.
Der weltweite Protest gegen diesen systematischen Angriff auf die
Pressefreiheit nimmt zu. Auf der Rangliste der Pressefreiheit stehen die
von Israel besetzten palästinensischen Gebiete derzeit auf Rang 163 von
180, Israel selbst auf Rang 112. Insbesondere in arabischen Ländern wird
das Schicksal palästinensischer Journalistinnen und Journalisten sehr
intensiv verfolgt.
Bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats am Mittwoch hielt der algerische
UN-Botschafter ein Foto von Maryam Abu Dagga hoch. Den Tränen nah und mit
brüchiger Stimme verlas er einen Brief, den Dagga einige Tage vor ihrem Tod
verfasst hatte. Er war an ihren 13-jährigen Sohn Ghaith adressiert, der den
Gazastreifen zu Beginn des Krieges verlassen hatte, um bei seinem Vater in
den Vereinigten Arabischen Emiraten zu leben. Gegenüber CNN hatte Maryam
Abu Dagga im Mai 2024 erklärt, sie empfinde es als ihre journalistische
Pflicht, im Gazastreifen zu bleiben und das Geschehen zu dokumentieren.
1 Sep 2025
## LINKS
[1] /Krieg-in-Gaza-/!6105952
## AUTOREN
Daniel Bax
Felix Wellisch
## TAGS
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Israel
Palästina
Schwerpunkt Pressefreiheit
Reporter ohne Grenzen
Social-Auswahl
Mathias Döpfner
Johann Wadephul
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Gaza-Krieg
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Libanon
## ARTIKEL ZUM THEMA
Israel und Mathias Döpfner: Bild dir deinen Freund
Israel verleiht Mathias Döpfner die höchste Ehrenmedaille des Landes. Das
dürfte sich mit dem Selbstverständnis des Springer-Chefs decken.
Wadephul blockiert EU-Israel-Sanktionen: Die EU muss jetzt geschlossen handeln
Die US-israelischen Pläne zur Zwangsvertreibung der Palästinenser werden
konkreter. Europa muss zeigen, dass sie das Vorhaben nicht tolerieren.
Krieg im Gazastreifen: „Jeden möglichen Fehler gemacht“
Ein geleaktes Dokument bescheinigt Israels Militär, bei seiner jüngsten
Operation im Gazastreifen kaum etwas erreicht zu haben. Die Gründe:
„Personalengpässe, Materialerschöpfung“.
Palästinensische Reporterin: „Nach dem Krieg will ich Journalismus studieren…
Malak Tantesh berichtet für mehrere Zeitungen aus dem Gazastreifen. Die
Arbeit macht ihr Spaß – trotz der großen Angst, selber umgebracht zu
werden.
Eskalation in Gaza: Eine humanitäre Intervention ist nötig
Israel begeht im Gaza-Streifen am laufenden Band Kriegsverbrechen. Höchste
Zeit, dass die internationale Gemeinschaft endlich handelt.
Bundesministerin Radovan in Nahost: Warten auf den Wiederaufbau
Israel verweigert Einfuhrgenehmigungen für Hilfen für Gaza. Im
Westjordanland versuchte Bundesentwicklungsministerin Reem Alabali Radovan
Druck zu machen.
Unifil-Abzug: UN beschließt Ende der Friedensmission im Libanon
Seit 1978 sichert die UN-Friedenstruppe Unifil die Grenze zwischen Libanon
und Israel. Ende 2027 ist Schluss – aufgrund des Drucks der USA und
Israels.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.