# taz.de -- Einigung beim Lieferkettengesetz: Kompromiss für gute Arbeitsplät… | |
> Das Gesetz könnte schon bald den Bundestag passieren. Zusätzliche | |
> Entschädigungen bei Menschenrechtsverstößen werden formal ausgeschlossen. | |
Bild: Die Klage gegen Textilfirma KIK nach einer Brandkatastrophe in Pakistan s… | |
BERLIN taz | Nach einem abermaligen Kompromiss zwischen Union und SPD | |
könnte der Bundestag das umstrittene Lieferkettengesetz nun in der zweiten | |
Juni-Woche beschließen. Die Regierungskoalition hat sich darauf geeinigt, | |
dass das Gesetz keine zusätzliche Haftung für Unternehmen bei Verstößen | |
gegen Menschenrechte im Ausland bewirken soll. | |
Grundsätzlich verpflichtet das Gesetz hiesige Firmen, die Menschenrechte | |
der Arbeiterinnen und Arbeiter in ihren ausländischen Zulieferfabriken zu | |
schützen. Die in Deutschland ansässigen Auftraggeber und Händler müssen | |
sich dann beispielsweise darum kümmern, dass die Beschäftigten in Asien, | |
Afrika und Lateinamerika ausreichende Bezahlung erhalten und die | |
Lieferanten keine Kinder arbeiten lassen. Kommen die Unternehmen ihrer | |
Verantwortung nicht nach, drohen ihnen Bußgelder und Klagen vor hiesigen | |
Gerichten. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister | |
Hubertus Heil (SPD) hatten das Gesetz vorangetrieben, Wirtschaftsminister | |
Peter Altmaier (CDU) verzögerte es. | |
[1][Bis zuletzt kritisierte der Wirtschaftsflügel der Union], infolge des | |
Gesetzes drohten einheimischen Firmen zahlreiche Prozesse. Deshalb wurde | |
eine Klarstellung gewünscht, um zivilrechtliche Entschädigungen auf Basis | |
deutschen Rechts zu erschweren. Nach Information der taz lautet die | |
Formulierung nun: „Eine Verletzung der Pflichten aus diesem Gesetz | |
begründet keine zivilrechtliche Haftung. Eine unabhängig von diesem Gesetz | |
begründete zivilrechtliche Haftung bleibt unberührt.“ | |
Die ohnehin im Bürgerlichen Gesetzbuch vorgesehene Haftung für Firmen würde | |
also weiter gelten – wobei es für geschädigte Beschäftigte aus dem Ausland | |
sehr schwierig ist, diesen Weg zu deutschen Gerichten zu gehen. Zusätzlich | |
im Lieferkettengesetz enthalten ist aber die Einführung der sogenannten | |
Prozessstandschaft. Etwa die Industriegewerkschaft Metall könnte im Namen | |
geschädigter ausländischer Arbeiter vor einem deutschen Gericht klagen – | |
allerdings auf Rechtsbasis des Landes, in dem die Zulieferfabrik steht. | |
Auch diese Variante ist häufig kompliziert. [2][Eine Entschädigungsklage | |
gegen den Textildiscounter KiK scheiterte Anfang 2019] beispielsweise an | |
der Verjährung nach pakistanischem Recht. Es ging um Tote beim Brand einer | |
Textilfabrik in Pakistan 2012. | |
## Das „dümmste Gesetz“ der großen Koalition | |
Auf Wunsch der Union soll das Gesetz nun auch die Niederlassungen | |
ausländischer Konzerne in Deutschland erfassen. Es wird ab 2023 zunächst | |
für Firmen ab 3.000 Beschäftigte gelten, ab 2024 dann für Unternehmen ab | |
1.000 Leute. Insgesamt fallen darunter etwa 4.800 Firmen. | |
Im Bereich der zivilrechtlichen Haftung sei „eine wichtige Begrenzung | |
vorgenommen“ worden, erklärte die Bundesvereinigung der Arbeitgeber (BDA). | |
Insgesamt bleibe das Gesetz aber „überflüssig“. Oliver Zander, | |
Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, beschwerte | |
sich: „Unternehmen werden mit dem Gesetz dazu verpflichtet, die Herkunft | |
jeder kleinen Schraube und jedes Bleistifts zu dokumentieren.“ Er | |
bezeichnete das Vorhaben als „das dümmste Gesetz, das von der großen | |
Koalition verabschiedet wurde“. Armin Paasch von der katholischen | |
Entwicklungsorganisation Misereor sagte dagegen: „Trotz Schwächen ein | |
wichtiger erster Schritt zum Menschenrechte-Schutz in Lieferketten.“ | |
29 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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