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# taz.de -- Entwicklungsminister Gerd Müller: Selbstbestimmter Abschied
> Von der Highspeed-Politik in seichte Gewässer: Gerd Müller wird Chef der
> Unido, einer Sonderorganisation der UN. Ein entspannter Job.
Bild: Ab nach Wien: Gerd Müller lässt die Bundespolitik hinter sich
Kurz vor Ende seiner Zeit als Entwicklungsminister gelang Gerd Müller der
entscheidende Erfolg. Der CSU-Politiker schaffte es, das Lieferkettengesetz
durch den Bundestag zu bringen – nicht alleine natürlich, aber ein guter
Teil der Lorbeeren gebührt doch ihm. Das Gesetz dient der Regulierung der
Globalisierung: Deutsche Firmen müssen in gewissem Umfang die
Menschenrechte der Beschäftigten in ihren ausländischen Zulieferfabriken
schützen.
Nun beendet der 65-Jährige seine hiesige Politikerkarriere und wird wohl
Chef der Unido in Wien, einer Sonderorganisation der UN für den Aufbau der
Industrie in Entwicklungs- und Schwellenländern. Dort folgt für den
Noch-Minister fortan eher die Abklingphase nach Jahren der
Highspeed-Politik.
Müller kommt vom Bauernhof im bayerischen Schwaben. Konservativ und
christlich geprägt, enthalten seine Reden oft einen moralischen Überschuss,
aber auch klare Worte. Das Verhalten mancher deutscher Textilfirmen in
Asien nannte er „Ausbeutung wie im 19. Jahrhundert“.
Jetzt hat er den selbstbestimmten Abschied von der Bundespolitik geschafft.
Im Prinzip legte der studierte Pädagoge und Junglehrer den klassischen Weg
des Berufspolitikers hin. Mit 21 Jahren CSU-Mitglied, mit 23 Zweiter
Bürgermeister seiner Heimatgemeinde, mit 34 Europa-Parlamentarier. Ab 1994
saß er dann im Bundestag, sieben Legislaturperioden lang. Das schaffen
nicht viele. Noch bei der vergangenen Wahl 2017 holte er in seinem
Wahlkreis Oberallgäu am Bodensee das Direktmandat.
## Müllers Vermächtnis: Das Lieferkettengesetz
In Angela Merkels ersten beiden Amtszeiten war Müller ab 2005
Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, ab 2013 leitete er dann das
Bundesentwicklungsministerium. In jenem Jahr brach in Bangladesch die
Fabrik Rana Plaza zusammen. Mehr als 1.100 Arbeiterinnen und Arbeiter
starben. Die Katastrophe wirkte als Sinngeber für Müllers Agenda.
Zuerst ließ er das Textilbündnis gründen, einen freiwilligen
Zusammenschluss von Firmen, Entwicklungsorganisationen und Politik zur
Verbesserung der Arbeitsverhältnisse in den Produktionsländern. Daraus
entstand später der [1][Grüne Knopf, das staatliche Textilsiegel], welches
mittlerweile an einigen Kleidungsstücken in den Geschäften zu finden ist.
Einige Nichtregierungsorganisationen kritisierten das Siegel allerdings als
unzureichend oder trügerisch.
Wenige Unternehmen waren tatsächlich bereit, die Zustände bei ihren
Lieferanten zu verändern – etwa Kinderarbeit, Zwangsarbeit oder extrem
niedrige Bezahlung. Zusammen mit Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) drohte
Müller der Wirtschaft ein Gesetz an, das zu fairer Herstellung verpflichte.
Viele Unternehmen und ihre Verbände wollten nicht glauben, dass es so weit
komme. Müllers CDU-Wirtschaftskollege Peter Altmaier tat sein Möglichstes,
[2][das Vorhaben zu verzögern]. Am 11. Juni 2021 [3][stimmte der Bundestag
dem Lieferkettengesetz jedoch zu]. Nun zieht Müller weiter. Zu seinem neuen
Arbeitsort in der österreichischen Hauptstadt kann er von Bayern aus
pendeln.
13 Jul 2021
## LINKS
[1] /Gruener-Knopf-fuer-faire-Produktion/!5738797
[2] /Bundestag-verschiebt-Gesetz/!5767916
[3] /Bundestag-beschliesst-Lieferkettengesetz/!5774706
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Entwicklungsminister
Gerd Müller
Uno
Lieferketten
Fairtrade
Textil-Bündnis
Arbeit
Blockchain
Patente
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