# taz.de -- Die mexikanische Drogenmafia im Film: Reiche, Schöne, Kriminelle | |
> Die Netflixserie „Narcos: Mexico“ bekommt keine vierte Staffel. Sie solle | |
> sich laut Produzent Carlo Bernard nicht wiederholen. | |
Bild: Emma Coronel Aispuro (M), Ehefrau des vor einem US-Gericht angeklagten �… | |
General Jesús Gutiérrez Rebollo wird verhaftet, der Mafiaboss Amado | |
Carrillo Fuentes stirbt bei einer Gesichtsoperation und [1][Joaquín „El | |
Chapo“ Guzmán] bereitet seine erste Gefängnisflucht vor. Die Staffel 3 der | |
Netflixserie „Narcos: Mexico“ endet genau so, wie man es sich vorstellt: | |
als Wegbereiter für die Staffel 4. | |
Mit der Verhaftung des obersten Drogenbekämpfers Rebollo, der auf der | |
Gehaltsliste des Juárez-Kartells stand, begann in Mexikos Mafiawelt eine | |
neue Ära. „Juárez“ verlor seine dominante Rolle, während [2][das | |
Sinaloa-Kartell] an Macht gewann, nachdem „El Chapo“ 2001 das | |
Hochsicherheitsgefängnis Puente Grande wohl in einem Wäschewagen verlassen | |
konnte. | |
Viel Stoff also für die nächsten Folgen. Umso verwunderlicher ist es, dass | |
Produzent Carlo Bernard nach dem Erscheinen der dritten Staffel im November | |
erklärte, es werde keine weiteren Folgen mehr geben. „‚Narcos: Mexico‘ w… | |
sich nicht wiederholen“, sagte Bernard. Klar, kann man so sehen. Die Basics | |
sind erzählt: [3][„Narcos“] sind ziemlich gewalttätige Menschen, die sich | |
auch gerne untereinander totschießen, um Gebietsgewinne zu erzielen. Sie | |
halten enge Kontakte zu hochrangigen Politikern und Militärs, weil ihr | |
Geschäft sonst nicht möglich wäre. | |
## Nichts hat sich geändert | |
Daran hat sich in der Tat nichts geändert. Der ehemalige | |
Sicherheitsminister [4][Genaro García Luna] sitzt derzeit in einem | |
US-Knast, weil er mit El Chapo kooperiert haben soll. Der | |
Ex-Verteidigungsminister Salvador Cienfuegos bleibt in Mexiko wegen | |
ähnlicher Vorwürfe straflos, weil Präsident Andrés Manuel López Obrador das | |
so will – oder weil die Militärs das so wollen. | |
Auch die Geschichte von US-Drogenbekämpfern, die selbst kriminell werden, | |
bleibt uns erhalten. Letzte Woche hat US-Präsident Joe Biden Mexikos | |
Kartelle zur besonderen Bedrohung der USA erklärt und „mehr Flexibilität“ | |
im Kampf gegen die Mafia angekündigt. Soll heißen: Man wird noch | |
freizügiger im Nachbarland agieren. | |
Also ja, nichts wirklich Neues, zumindest, wenn man sich auf das Gewohnte | |
beschränkt: Ballereien, Glamour, böse Männer und boshafte Politiker. Das | |
Problem von Serien wie „Narcos: Mexico“ liegt aber genau darin, dass sie | |
sich auf diese Welt reduzieren. Nicht einmal Ehefrauen und Geliebte spielen | |
in dieser Männerwelt eine eigene Rolle, geschweige denn jene, die auf den | |
Feldern die Drogen anbauen und damit einen beachtlichen Teil des Reichtums | |
produzieren. | |
## Hernández Buch wirbelte viel Staub auf | |
Vor wenigen Wochen hat die Journalistin [5][Anabel Hernández] ein Buch | |
herausgegeben, das sich mit den Frauen in den Kartellen beschäftigt. „Emma | |
und die anderen Damen des Narco“ erschien beim mexikanischen Verlag | |
Grifaldo und erzählt die Geschichte von El Chapos Ehefrau Emma Coronel | |
sowie weiterer Partnerinnen von Mafiabossen. | |
„Sie sind ihr Sauerstoff“, erklärt Hernández. Sie umarmten die Männer, | |
nachdem sie gerade ein Massaker angeordnet hätten, und gäben ihnen das | |
Gefühl, nicht nur Monster zu sein. Das Buch wirbelte viel Staub auf, auch | |
weil die Autorin Fernsehmoderatorinnen und anderen „Personen des | |
öffentlichen Lebens“ vorwirft, intime Beziehung zu Narcos unterhalten zu | |
haben. | |
Naturgemäß bewegt sich auch Anabel Hernández in der unappetitlichen Welt | |
der Reichen, Kriminellen und Schönen. Wer wissen will, wie das Leben am | |
anderen Ende des Drogengeschäfts aussieht, sollte sich den jüngst | |
erschienenen Netflix-Film „Noche de Fuego“ – Nacht des Feuers – anschau… | |
Auf der Grundlage des Romans „Prayers for the Stolen“ von Jennifer Clement | |
beleuchtet [6][die Filmemacherin Tatiana Huezo] den Frauenalltag in einem | |
mexikanischen Dorf, das vom Opiumanbau lebt: das Schweigen, die | |
beängstigende Präsenz der Soldaten und die ständige Furcht davor, dass die | |
Kriminellen ihre Töchter verschleppen. Im Gegensatz zu „Narcos: Mexico“ | |
kommt „Noche de Fuego“ ohne brutale Gewaltexzesse aus – und beschreibt | |
dabei viel besser, was die kriminelle Einheit aus korrupten Politikern, | |
Militärs und Verbrechern aus diesem Land gemacht hat. | |
25 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Strafmass-fuer-Joaquin-Guzman-verkuendet/!5612369 | |
[2] /Drogenkrieg-in-Mexiko/!5093921 | |
[3] /Netflix-Serie-Narcos/!5223752 | |
[4] /Politik-und-Drogenbosse-real-und-medial/!5652419 | |
[5] /Journalistin-ueber-Gewalt-in-Mexiko/!5729095 | |
[6] /Tatiana-Huezo-auf-der-Berlinale/!5279323 | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
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