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# taz.de -- Die Linke: Das Comeback-Wunder
> Noch im Herbst glaubte niemand an einen Wiedereinzug ins Parlament. Jetzt
> ist die Linke zurück. So hat sie das geschafft.
Bild: Heidi Reichinnek (M) ist begeistert. Wahlparty der Partei Die Linke in Be…
Berlin taz | Als um 18 Uhr die Prognose über die Bildschirme im Glashaus in
Berlin-Alt-Treptow flimmert, ist der Jubel riesengroß. 9 Prozent – die
Sensation ist geschafft. Unter Konfettiregen geht das
Spitzenkandidat*innen-Duo Heidi Reichinnek und Jan van Aken, gemeinsam mit
Parteichefin Ines Schwerdtner auf die Bühne: „Die Linke lebt“, sagt van
Aken.
[1][Vor wenigen Wochen noch totgesagt,] wird die Linkspartei nun dem
kommenden Bundestag wieder in Fraktionsstärke angehören. Die Menschen auf
ihrer Wahlparty in dem prallgefüllten ehemaligen Busdepot an der Spree
liegen sich freudestrahlend in den Armen. Van Aken strahlt. „Wunder gibt es
immer wieder, sagt man“, sagt der Co-Parteivorsitzende. „Ich sage: Wunder
kann man sich erarbeiten!“ Die erstaunliche Renaissance der Linkspartei
hatte sich abgezeichnet. Die Wahlveranstaltungen waren überfüllt, die
Mitgliederzahl stieg rasant von Woche zu Woche. Ende 2023 hatte die Partei
noch rund 50.000 Mitglieder, inzwischen sind es über 90.000.
Es ist ein Comeback, an das selbst Hartgesottene in der Partei bis vor
Kurzem nicht mehr geglaubt hatten. Völlig zermürbt von dem
selbstzerstörerischen jahrelangen Konflikt mit dem nationalpopulistischen
„linkskonservativen“ Flügel um Sahra Wagenknecht, schien nach deren Abgang
im Herbst 2023 nur noch ein Trümmerhaufen übriggeblieben zu sein. Noch bis
Ende Januar rangierte die Linke in den Umfragen wie eingemauert zwischen 3
und 4 Prozent. Was angesichts der 2,7 Prozent bei der EU-Wahl im Juni 2024
schon geschönt wirkte.
## Die Mission Silberlocke
Nach dem Desaster bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und
Brandenburg im Herbst befand sich die Partei in einem solch elenden
Zustand, dass sie nicht einmal mehr die Kraft hatte, sich weiter zu
zerstreiten. Das war die Chance von Ines Schwerdtner und Jan van Aken, die
Mitte Oktober auf dem Parteitag in Halle an der Saale den Vorsitz
übernahmen. Ihr erstes Ziel war es, der entmutigten Linken neue Zuversicht
zu geben. Dass der Funken gezündet hat, zeigte der Parteitag Mitte Januar
in Berlin. „Es ist so ein Feuer in diesem Laden!“, rief Schwerdtner da in
den Saal – und musste nicht mal mehr flunkern.
Ein wichtiger Baustein dafür war, dass sich Mitte November Gregor Gysi,
Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch dazu bereit erklärt hatten, die
„[2][Mission Silberlocke]“ zu starten. Das war einerseits ein Signal vor
allem an die älteren Mitglieder im Osten, dass die drei Altvorderen ihre
Partei noch nicht aufgegeben hatten. Andererseits ermöglichte die „Mission
Silberlocke“ der Parteiführung die Erzählung, dass eine Stimme für die
Linke dank der Grundmandatsklausel auch dann nicht verloren wäre, wenn die
Partei nicht die Fünfprozenthürde schaffen sollte. Das war psychologisch
enorm wichtig, da dadurch bei vielen die Linke überhaupt erst wieder als
wählbare Möglichkeit in den Blick geriet.
Zur Strategie der Linken gehörte zudem, sich auf ihr altes Kernthema
soziale Gerechtigkeit zu konzentrieren. Mit ihrer Mietwucher-App und ihrem
Online-Heizkostencheck gelang es, zu vermitteln, dass es der Partei nicht
mehr nur um sich selbst, sondern um die Verbesserung des Lebens aller geht,
„die nicht mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurden“, wie es van
Aken formuliert hat.
## Der Durchbruch gelang mit dem Tabubruch der Union
Ein richtig kluger Schachzug war es, [3][Heidi Reichinnek], die Vorsitzende
der Linken-Gruppe im Bundestag, neben van Aken zur Spitzenkandidatin zu
küren. Damit demonstrierte die Linke, dass die Parteiführung und ihre
Vertreter:innen im Bundestag endlich wieder an einem Strang zogen. Vor
allem jedoch mobilisierte die 36-Jährige aufgrund ihrer starken
Social-Media-Präsenz auf TikTok und Instagram eine jüngere Zielgruppe, die
die Partei bis dahin nur unzureichend erreichen konnte.
Der Durchbruch gelang schließlich Ende Januar mit dem Tabubruch der Union,
sich gemeinsam mit der FDP, dem BSW und der faschistischen AfD eine
Mehrheit im Bundestag gegen Geflüchtete zu suchen. Die wütenden Gegenreden
von Reichinnek im Parlament erreichten ein Millionenpublikum. „Gebt nicht
auf, sondern wehrt euch“, rief Reichinnek „den Menschen da draußen“ zu,
„auf die Barrikaden“. Damit traf die Linke einen Nerv. Von da an ging es
auch in den Umfragen bergauf.
23 Feb 2025
## LINKS
[1] /Renaissance-der-Linkspartei/!6068141
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[3] /Linke-Politikerin-Heidi-Reichinnek/!6063355
## AUTOREN
Pascal Beucker
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