# taz.de -- Debatte um Rassismus in der Clubkultur: „Wir hatten Aufholbedarf�… | |
> Der Club Revier Südost reagierte auf Rassismusvorwürfe und machte dicht. | |
> Nun hat sich das Team antirassistisch weitergebildet und öffnet wieder. | |
Bild: Club Revier Südost in Berlin-Schöneweide | |
taz: Frau Krüger, Mitte August stand Ihr [1][Club Revier Südost] in der | |
Kritik: Ein Gast gab an, vom Sicherheitspersonal ungerecht behandelt worden | |
zu sein. Er sei wegen Corona-Vorgaben gemaßregelt und aus dem Club geworfen | |
worden. Er [2][empfand das als rassistisch]. Danach meldeten sich weitere | |
Gäste und sagten, ihnen sei Ähnliches in Ihrem Club passiert. Sie haben den | |
Betrieb für drei Monate eingestellt, um das aufzuarbeiten. Ging es einfach | |
nicht mehr anders? | |
Michaela Krüger: Wir wollen ein Club sein, in dem sich jede:r willkommen | |
fühlt und unabhängig von Hautfarbe, sexueller Orientierung, Geschlecht oder | |
Herkunft feiern kann. Diesen Ansprüchen sind wir nicht gerecht geworden. | |
Deshalb haben wir alle Veranstaltungen und die Kommunikation nach außen | |
gestoppt und uns die Zeit genommen, zuzuhören, zu reflektieren und zu | |
lernen – als Organisation und als Individuen. | |
Andere hätten sich entschuldigt – was ihr ja auch getan habt – und dann | |
einfach weitergemacht. | |
Wir wollten uns ganz bewusst die Zeit nehmen, gemeinsam zu lernen und uns | |
weiterzuentwickeln. Es war uns wichtig, erst dann wieder zu öffnen, wenn | |
zentrale Veränderungen umgesetzt sind. Jetzt stehen wir uns an dem Punkt. | |
Auch wenn wir weiter an uns arbeiten werden. | |
Nach dem Vorfall kündigte die [3][sexpostive Partyreihe Cocktail d'Amore] | |
die Zusammenarbeit mit euch. | |
Ich möchte ungern für die “Cocktail“ sprechen. | |
Gab es bei euch personelle Konsequenzen? | |
Die Crew ist die alte, und wir sind stolz darauf, wie wir gemeinsam in den | |
letzten Monaten an uns gearbeitet haben. Bei der Security haben wir uns | |
aber neu aufgestellt. Smiley Baldwin, einer der erfahrensten Türsteher | |
Berlins, hat die Verantwortung und Leitung übernommen und wird mit seinem | |
eigenen Team arbeiten. Sein Fokus auf einen wertschätzenden und achtsamen | |
Umgang bietet eine bestmögliche Unterstützung für unsere Veranstaltungen. | |
Was ist in den vergangenen Monaten bei euch passiert? | |
Mithilfe eines vielfältigen Expert:innenteams um eine DEI-Trainerin | |
haben wir ein zweitägiges Training für unser gesamtes Team zum Thema | |
Diversity, Awareness und Konfliktlösung durchgeführt. Im Expert:innen-Team | |
waren People of Color, Frauen und Mitglieder der LGBTQ+-Community, sie | |
haben alle ihre spezifischen Perspektiven auf Diskriminierung und | |
Belästigung eingebracht. Mit ihnen haben wir uns insbesondere mit | |
unbewussten Vorurteilen, struktureller Diskriminierung, weißem Privileg, | |
Mikro-Aggressionen und Allyship beschäftigt. Das hat uns geholfen, ein | |
stärkeres Bewusstsein für Rassismus, Sexismus und Homophobie zu entwickeln. | |
Aus diesen Trainings heraus ist eine diverse Gruppe aus Mitarbeitenden | |
entstanden, die den begonnenen Prozess fortsetzt und weitertreibt. Etwa | |
weitere und regelmäßige Schulungen, Feedback von Gästen und Mitarbeitenden | |
und Zusammenarbeit mit unseren Partner:innen. | |
Würdet ihr sagen, ihr hattet in Sachen Awareness Aufholbedarf im Vergleich | |
zu anderen Berliner Clubs, die auf das Thema schon länger Wert legen, wie | |
etwa das [4][About Blank] oder das [5][Mensch Meier]? | |
Wir hatten sicherlich Aufholbedarf. Deshalb sind wir diesen Weg gegangen. | |
Und das, obwohl queere Veranstaltungen schon immer ein Eckpfeiler unseres | |
Programms sind. Die intensive Auseinandersetzung hat uns aber auch noch mal | |
deutlich gemacht, dass sich etwas in der Clubkultur verändert. Das ist gut | |
so, und wir suchen aktiv den Austausch mit anderen Clubs, um zu lernen, was | |
funktioniert und was nicht. | |
Was genau braucht es, um seinen Club zu einem echten Safe Space zu machen? | |
Und werdet ihr das schaffen? | |
Der Begriff „Safe Space“ wird sehr häufig verwendet, aber auch in unseren | |
Trainings ist noch mal deutlich geworden, dass es so etwas wie einen | |
absolut sicheren Ort nicht geben kann. Wir haben mit unserem | |
Awareness-Konzept notwendige Voraussetzungen geschaffen, aber auch wir | |
können nicht ausschließen, dass es nochmals zu Vorfällen kommt. Deshalb | |
verwenden wir lieber den Begriff des „Safer space“. Das zeigt auch unser | |
Awareness-Team, das nun an allen unseren Veranstaltungen teilnimmt. Es wird | |
ein Kontaktpunkt für alle Gäste, die irgendeine Form von Fehlverhalten, | |
Belästigung oder Diskriminierung erlebt haben. Es soll helfen, Erfahrungen | |
zu verarbeiten, Konflikte zu lösen und eine sichere und angenehme | |
Atmosphäre für alle zu schaffen, insbesondere für unterrepräsentierte | |
Bevölkerungsgruppen. | |
Morgen feiert ihr eure Indoor-Opening-Party. Angesichts der [6][vierten | |
Coronawelle]: Ist das wirklich der richtige Zeitpunkt dafür? | |
Wir beobachten die aktuelle Situation sehr genau und sind im engen | |
Austausch mit der Clubcommission und den für uns zuständigen Behörden. Wir | |
haben alle notwendigen Maßnahmen und Vorbereitungen getroffen. Dazu gehört | |
auch unser eigenes System zur Kontaktnachverfolgung und ein Testzentrum auf | |
unserem Gelände. | |
19 Nov 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://reviersuedost.de/ | |
[2] https://www.fazemag.de/revier-suedost-schliesst-wegen-rassismus-und-homopho… | |
[3] https://www.facebook.com/cocktaildamoreberlin/ | |
[4] http://aboutblank.li/ | |
[5] https://menschmeier.berlin/ | |
[6] /Weiterer-Schritt-gegen-Corona/!5812304 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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