# taz.de -- DJ-Plattform wird diffamiert: Dancefloor-Boykott gegen Juden | |
> Sie stoppten Propaganda, die auf die Auslöschung Israels abzielt. Nun | |
> wird die von zwei Israelis betriebene Berliner DJ-Plattform HÖR | |
> angefeindet. | |
Bild: Das T-Shirt von Sam Clarke kennt keinen Staat Israel. Jetzt ist er empör… | |
Auf dem T-Shirt ist die Landmasse zwischen Jordan und Mittelmeer in den | |
Farben der palästinensischen Flagge abgedruckt. Dazu der Schriftzug | |
„Palästina“ auf Arabisch. Das Kleidungsstück trug US-Techno-DJ Sam Clarke | |
bei seinem Live-Auftritt in der Onlineplattform HÖR am 3. November in | |
Berlin. | |
Am selben Tag zog die dänische DJ Téa auf einem Pop-up-Event von HÖR in | |
Kopenhagen einen palästinensischen Schal hervor. Auf der einen Seite: eine | |
Landkarte des gesamten Territoriums zwischen Fluss und Meer und den | |
arabischen Worten „Unser Land Palästina“. Auf der anderen: ein Bild der | |
Al-Aksa-Moschee und dem Spruch „Jerusalem ist unsere Hauptstadt“. | |
Auf diesen beiden Kleidungsstücken existiert der jüdische Staat Israel | |
nicht mehr. Und in beiden Fällen hat das HÖR-Team interveniert und die DJs | |
dazu aufgefordert, diese zu entfernen. Deshalb sind die beiden israelischen | |
Betreiber Ori Itshaky und Charly Mastey nun mit Anfeindungen und | |
Boykottaufrufen konfrontiert. [1][Nicht zum ersten Mal gibt es einen | |
antiisraelischen Backlash in der Clubkultur.] | |
## Ein Auftritt bei HÖR gilt als Meilenstein | |
Itshaky und Mastey gründeten die Streaming-Plattform HÖR 2019 in Kreuzberg: | |
In einem kleinen weiß gefliesten Raum legen aufstrebende und namhafte DJs | |
für ein Online-Publikum auf. Eine Alternative zum inzwischen | |
durchkommerzialisierten Internet-TV Boiler Room. | |
Vor allem während des Corona-Lockdowns bot die Plattform ein digitales | |
Fenster ins stillgelegte Clubleben: Dancefloor fürs Wohnzimmer. Ein | |
Auftritt bei HÖR gilt inzwischen als wichtiges Element der Eigenwerbung und | |
als Meilenstein in der Karriere vieler DJs. Die meistgeschauten Sets haben | |
mittlerweile bis zu drei Millionen Aufrufe, der Sender hat auf Youtube mehr | |
als 700.000 Abonnent*innen. | |
Nun jedoch droht ein Shitstorm, den Erfolg zunichte zu machen. „Wir glauben | |
an freie Meinungsäußerung, und wir haben Flaggen und friedliche Slogans | |
nicht zensiert und werden dies auch nicht tun“, stellt HÖR in einem | |
Statement vom 5. November klar, das per Mail an DJs verschickt wurde, die | |
beim Sender aufgelegt haben. „Es gibt jedoch Symbole, die für einige | |
Zielgruppen kontrovers sind und die wir nicht zulassen.“ Die Betreiber | |
betonen zudem, dass sie als Israelis persönlich Leute kennen, die am 7. | |
Oktober von der Hamas ermordet oder entführt wurden. Sie schreiben auch: | |
„Wir unterstützen in keiner Weise den Horror, der unschuldigen | |
Palästinenser*innen widerfährt.“ | |
## Die Szene boykottiert und demonstriert | |
Die Anfeindungen lassen bisher nicht nach. Auf X, ehemals Twitter, wurden | |
Fotos der zwei Betreiber geteilt und behauptet, dass sie ehemalige | |
IDF-Soldaten seien (in Israel gilt für fast alle Bürger:Innen | |
Wehrpflicht). | |
DJs wie Bored Lord und Umru rufen dazu auf, HÖR zu boykottieren. Andere | |
ließen ihre Performances beim Sender löschen. Weitere haben bevorstehende | |
Auftritte abgesagt. Auch das tendenziöse Internetmagazin Resident Advisor, | |
das immer wieder BDS-nah auffällt, berichtet unkritisch über die | |
Boykottaufrufe – und verschafft ihnen damit eine große Reichweite in der | |
internationalen Clubkultur. | |
Kein Einzelfall: Seit dem 7. Oktober herrscht in großen Teilen der | |
Clubkultur ein israelfeindlicher Tenor. Die Szene streikt, boykottiert und | |
demonstriert für Gaza – zeigt aber kaum Mitgefühl für israelische | |
Zivilist*innen oder die Opfer und Überlebende des Supernova-Festivals, | |
bei dem die Hamas rund 250 Raver*innen abschlachtete und viele weitere | |
verschleppte. | |
Manche DJs feiern den Terror der Hamas gar als „dekolonialen Widerstand“. | |
Schon 2018 erreichte mit #DJsForPalestine die antiisraelische | |
Boykott-Kampagne BDS die Clubkultur. Auch israelische DJs im Ausland sind | |
aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit wieder von Line-ups ausgeladen worden. | |
13 Nov 2023 | |
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[1] /Israelhass-von-US-RapperIn-Mykki-Blanco/!5971879 | |
## AUTOREN | |
Nicholas Potter | |
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