# taz.de -- Ravers für Palestine gegen Boiler Room: Boykott der Boykotteure | |
> Die britische DJ-Plattform Boiler Room ruft selbst zu Israel-Boykotten | |
> auf. Nun wird sie von antiisraelischen Aktivisten ihrerseits | |
> boykottiert. | |
Bild: Die britische DJ-Plattform Boiler Room rief zu Israel-Boykotten auf. Nun … | |
Fans der Internet-DJ-Set-Übertragungsplattform „Boiler Room“ sind nicht | |
amüsiert: Ihr wird vorgeworfen, Verbindungen zur „israelischen Apartheid“ | |
zu hegen. [1][Wer an einer Boiler-Room-Party teilnehme, helfe „‚Israel‘, | |
seine Besatzung zu legitimieren“ und „Waffeneinsatz zu billigen, womit | |
nicht nur Menschen getötet, sondern auch Proteste verhindern“ würden.] So | |
schreibt es die antiisraelische Kampagnenseite „Ravers for Palestine“ in | |
einem Aufruf auf Instagram, der inzwischen mehr als 20.000 Likes hat. | |
Anlass war Ende Januar der Verkauf von Boiler Room: Der Eigentümer DICE | |
stieß das Unternehmen an den britischen Investor Superstruct Entertainment | |
ab, der hinter Festivals wie dem in Wacken steht. Und dieser gehört | |
wiederum dem US-Investmentriesen KKR. KKR hat ein großes Portfolio, | |
investiert unter anderem in israelische Techunternehmen wie die | |
Immobilienplattform Guesty. KKR ist auch größter Anteilseigner am | |
Axel-Springer-Konzern und hat Positionen in Verteidigungsunternehmen. | |
Deshalb gerät Boiler Room nun ins Visier antiisraelischer Aktivist*innen. | |
In letzter Zeit sagten Künstler*innen wie Ikonika geplante Auftritte aus | |
Protest ab. Die Kampagne trifft ausgerechnet eine Plattform, die sich klar | |
propalästinensisch positioniert und seit Langem die antiisraelische | |
Boykott-Lobby BDS unterstützt. | |
2018 veröffentlichte Boiler Room etwa die Doku „Palestine Underground“, | |
gedreht in Ramallah, in der selbst das Kernland Israel als „Occupied | |
Palestine“ bezeichnet wird. | |
Boiler Room reagiert nun auf die Boykott-Kampagne mit einem Statement. | |
Darin distanziert man sich von der Muttergesellschaft. KKR-Investitionen | |
„stimmen nicht mit unseren Werten überein“, heißt es darin. Boiler Room | |
bleibe „unumwunden pro Palästina“ und verfolge weiterhin BDS-Leitlinien. | |
Anfang März kündigte Boiler Room auch ein Palästina-Fußballtrikot mit | |
seinem Logo als Sponsor an. Die Kritik an Boiler Room verstummte deshalb | |
nicht. | |
## Werbedeals mit Red Bull | |
Die Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boycott of Israel | |
(PACBI) – Mitinitiator der 2005 gegründeten BDS, die etliche jüdische | |
Organisationen und der Bundestag als antisemitisch einstufen – begrüßte die | |
Distanzierung. Die Kampagne fordert die 70 von Superstruct veranstalteten | |
Festivals auf, sich dem BDS anzuschließen. Ansonsten würden sie selbst | |
boykottiert. | |
Boiler Room galt als Erfolgsgeschichte der Dancefloorindustrie: Die | |
Plattform, 2010 in London als Underground-Party mit Livestream gegründet, | |
hat DJs zu Weltstars gemacht. Inzwischen ist die Plattform zur Marke samt | |
Werbedeals mit Red Bull geworden – verliert allerdings immer mehr an | |
Glaubwürdigkeit. 2023 traten etwa [2][die Sugababes] auf. Heute gibt es | |
viele Nachahmer, die Nischen gezielter bedienen. | |
Dass nun selbst BDS-Unterstützer Boiler Room den Rücken kehren, verheißt | |
nichts Gutes für die Zukunft der Plattform. | |
1 Apr 2025 | |
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## AUTOREN | |
Nicholas Potter | |
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