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# taz.de -- China geht zur Drei-Kind-Politik über: China will mehr Geburten
> Chinas Staatsführung reagiert auf die Überalterung des Landes und lässt
> künftig drei Kinder pro Familie zu. Die meisten Chinesen wollen das gar
> nicht.
Bild: Auch Mao würde heute die Drei-Kind-Politik unterstützen
Peking taz | Wer als Ausländer in die chinesische Provinz reist, wird nicht
selten danach gefragt, „wie viele Kinder in eurem Land erlaubt“ sind. Die
Vorstellung, dass die Regierung eigenmächtig über die Familienplanung ihrer
Bürger bestimmen darf, hat sich bereits tief in das Bewusstsein vieler
Chinesen eingebrannt.
Am Montag nun hat Pekings Staatsführung ihre Geburtenpolitik weiter
gelockert. Nachdem die rigide Ein-Kind-Politik bereits im Oktober 2015
abgeschafft wurde, ist mittlerweile auch die [1][Zwei-Kind-Politik]
nichtig. Fortan dürfen chinesische Familien drei Kinder großziehen.
Der Entschluss wurde bei einem Treffen des Politbüros unter Führung von
Staatschef Xi Jinping getroffen, „um aktiv auf die Alterung der Bevölkerung
zu reagieren“ und „die Bevölkerungsstruktur zu verbessern“, wie die
staatliche Nachrichtenagentur Xinhua verkündet.
Denn das bevölkerungsreichste Land der Welt leidet unter einer
demografischen Krise, die sich zwar derzeit erst am Horizont abzeichnet,
jedoch schon bald zur größten Bedrohung für den wirtschaftlichen Aufschwung
des Landes wird. Nur 12 Millionen Kinder wurden im letzten Jahr im Reich
der Mitte geboren; das ist nicht nur ein Rückgang im Jahresvergleich von
fast 20 Prozent, sondern auch der niedrigste Wert seit den Hungersnöten vor
sechs Dekaden. Alle [2][statistischen Indikatoren] deuten darauf hin, dass
die chinesische Bevölkerung von 1,4 Milliarden möglicherweise in diesem
Jahr bereits zu schrumpfen beginnt.
## Familien können sich viele Kinder gar nicht leisten
Für die Volkswirtschaft bedeutet Überalterung immer auch ökonomische
Stagnation: Die Produktivität flacht ab, während die Kosten für die
Sozialkassen steigen. Wenn zudem der demografische Wandel zu früh in der
Entwicklung einsetzt, rückt breiter Wohlstand für die Bevölkerung in
unerreichbare Ferne.
China ist zwar mittlerweile die zweitgrößte Volkswirtschaft hinter den USA,
hat jedoch seine Vision von einer „moderat wohlhabenden Gesellschaft“ noch
lange nicht erreicht: Allein um das Niveau von Spanien zu erreichen, muss
sich das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf um mehr als das zweieinhalbfache
steigern. Vor genau einem Jahr mahnte Premier Li Keqiang in einer viel
beachteten Rede an, dass nach wie vor 600 Millionen Chinesen mit weniger
als 1.000 Yuan pro Monat zurecht kommen müssen – umgerechnet etwa 130 Euro.
Wichtiger als die reine Anzahl an erlaubten Kindern sind daher die
„unterstützenden Maßnahmen“, die laut Xinhua mit der neuen Politik
einhergehen: Man wolle die Bildungskosten für Familien senken, den
Mutterschaftsschutz ausbauen, die Wohnungspolitik verbessern und das
Pensionsalter graduell anheben. All dies macht deutlich, dass die
Zentralplaner in Peking die Vielschichtigkeit des Problems durchdrungen
haben. Doch offen bleibt, wie konsequent die Staatsführung bereit ist, die
kostspieligen Reformpakete umzusetzen.
Die Drei-Kind-Politik allein wird das Problem nicht lösen, denn bereits
jetzt können sich die meisten Familien aufgrund der horrenden Kosten für
Immobilien und Bildung nicht mehr als einen Nachwuchs leisten. Xinhua hat
auf ihrem „Weibo“-Account am Montag eine Umfrage gepostet, die von den
Usern wissen wollte, wie viel Kinder sie sich wünschen. Fast 90 Prozent von
ihnen gaben an, dass „drei Kinder gar nicht in Frage“ kämen. Nur wenige
Minuten später wurde die Umfrage wieder gelöscht.
31 May 2021
## LINKS
[1] /China-schafft-Ein-Kind-Politik-ab/!5242541
[2] /Ergebnis-der-Volkszaehlung-in-China/!5770948
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
China
Bevölkerung
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