# taz.de -- Bremen nimmt mehr Schulden auf: Corona macht Geld locker | |
> Es gibt mehr Geld in den nächsten Jahren – der Senat kommuniziert das | |
> aber nur verhalten. Die Pause von der Schuldenbremse nutzt Bremen nur zum | |
> Teil. | |
Bild: Bremen kann wieder Kredit aufnehmen – im nächsten Doppelhaushalt gibt'… | |
BREMEN taz | Bremen kann in den nächsten beiden Jahren etwas mehr Geld | |
ausgeben – mehr zumindest als im Doppelhaushalt 2021/22. Richtig offensiv | |
freuen wollten sich Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) und | |
Finanzsenator Dietmar Strehl (Grüne) aber nicht über diese gute Nachricht, | |
als sie am Dienstag die Eckwerte des Doppelhaushalts 2022/23 vorstellten. | |
Stattdessen betonten beide die Probleme durch die Coronapandemie. Die | |
[1][Ausgaben seien gestiegen,] und bei den Einnahmen rechnet Bremen auch | |
für die nächsten Jahre mit massiven Einbrüchen – Geld durch Einkommens- und | |
Gewerbesteuer dürfte auch nach der Pandemie nicht gleich wieder auf | |
Normalniveau im Haushalt eingehen. | |
[2][Zahlen des Statistischen Landesamtes], die pünktlich zur | |
Haushaltsaufstellung veröffentlicht wurden, bestätigten die Sorgen um die | |
Wirtschaft: Das Bruttoinlandsprodukt in Bremen ist 2020 nach vorläufigen | |
Berechnungen preisbereinigt um 7,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahr | |
gesunken. Der Rückgang ist damit stärker als im Bundesschnitt, wo es ein | |
Minus von 4,9 Prozent gibt. | |
Die Erwartungen an den Haushalt stapelt die Landesregierung also tief – die | |
tatsächlichen Zahlen sehen aber besser aus: 5,1 Milliarden Euro will das | |
Land pro Jahr ausgeben, die Stadt 3,2 Milliarden. [3][2020 und 2021] waren | |
es gut 4,6 Milliarden Euro für das Land und drei Milliarden für die Stadt. | |
„Alle Ressorts bekommen mehr als zuletzt“, sagt auch Bovenschulte. | |
## Schuldenbremse pausiert | |
Das Geld gibt es nicht nur trotz, sondern vor allem wegen Corona: Die | |
[4][Schuldenbremse pausiert während der Pandemie] – das Gesetz selbst sieht | |
diese Möglichkeit für außergewöhnliche Krisen vor. Bremen entscheidet nun, | |
diese Notlage auch noch auf das Jahr 2023 zu beziehen. „Wir sind damit das | |
erste Bundesland, aber es werden sicherlich weitere folgen“, vermutet | |
Finanzsenator Strehl. Rund 300 Millionen Euro pro Jahr nimmt Bremen als | |
Kredit im regulären Haushalt auf. | |
Bovenschulte zeichnet die Coronakrise dennoch als harte Zeit: Obwohl jedes | |
Ressort mehr bekomme als bisher, wäre ohne Pandemie doch noch mehr Geld da | |
gewesen, vermutet der Bürgermeister. Man werde die politischen Ziele „mit | |
deutlich kleineren Schritten als geplant“ fortführen. Und: „Wir nähern uns | |
einem normalen Haushalt an“, so Bovenschulte, „aber es gibt einen gewissen | |
Abstand“. | |
Die nackten Zahlen unterstützen diese Aussage nicht: Schon im Oktober 2019 | |
hatte das Finanzressort einen Blick in die Zukunft gewagt – und einen | |
groben möglichen Doppelhaushalt für die Jahre 2022/23 fortgeschrieben. | |
Damals hatte die Behörde für das Land mit Ausgaben zwischen 4,8 und knapp | |
fünf Milliarden Euro gerechnet, für die Stadt mit Beträgen zwischen drei | |
und gut 3,1 Milliarden –also sogar etwas weniger, als jetzt in Wirklichkeit | |
zur Verfügung steht. | |
Dazu kommt: Diese Zahlen spiegeln nur den regulären Haushalt 2022/23. | |
Faktisch wird die Finanzlage sogar noch besser. Denn zusätzlich zum | |
Haushalt will Bremen auch den Bremen-Fonds wieder auflegen: Erneut soll es | |
ein Extra-Budget in Höhe von 1,2 Milliarden Euro für die beiden | |
Haushaltsjahre geben, über das nicht die Bürgerschaft, sondern Senat und | |
Finanzausschuss verfügen können. | |
Bisher galt für den Fonds die Begrenzung, dass mit ihm nur klar | |
coronabasierte Kosten gedeckt werden können; in den nächsten beiden Jahren | |
sollen von dem Geld aber auch Schulen und Kitas saniert werden. | |
Das Bildungsressort zeigt sich denn gegenüber der taz auch einverstanden | |
mit dem Budget, das ihm zugesprochen wird. Buten un binnen hatte dagegen | |
zuvor noch aus einem internen Papier der Behörde zitiert, [5][dass der | |
Haushalt zu wenig Geld für Bildung vorsehe] – samt einer Auflistung | |
derjenigen Projekte, die das Ressort mangels Geld nicht umsetzen können | |
werde. | |
## Noch mehr Schulden wären möglich | |
Tatsächlich könnte das Land angesichts der gelockerten Schuldenbremse auch | |
einfach noch mehr Geld aufnehmen – und damit Probleme angehen, für die das | |
Budget in Zukunft wieder sehr knapp ist: Ab 2024 wird nicht nur die | |
Schuldenbremse wieder gelten; gleichzeitig steigt auch die | |
Tilgungsverpflichtung alter Schulden für Bremen von jetzt 80 auf dann 149 | |
Millionen Euro jährlich. | |
Den Eindruck, dass Bremen diese Option mit dem gewachsenen Haushalt bereits | |
zieht – also jetzt Geld nutzt, dass es später nicht mehr geben wird – will | |
Bovenschulte nicht erwecken: „Es wäre nicht im Sinne dieses vernünftig | |
haushaltenden Landes, jetzt Maß und Mitte bei den Ausgaben zu verlieren.“ | |
31 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Seid-verschlungen-Millionen/!5720339/ | |
[2] https://www.statistik.bremen.de/ | |
[3] /Finanzieller-Feenstaub/!5662883/ | |
[4] /Neuverschuldung-im-Norden/!5690588 | |
[5] https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/politik/bildung-haushalt-kuerzunge… | |
## AUTOREN | |
Lotta Drügemöller | |
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