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# taz.de -- Bio-Würstchen fürs Millerntor: Gutes Gewissen für den Fan-Bauch
> Veganes konnten Fans des FC St Pauli bei Heimpsielen schon länger
> snacken. Nun stellt der Fußball-Zweitligist komplett auf Bio-Würstchen
> um.
Bild: Herzchen fürs Tierwohl und gesunde Ernährung: St.Pauli Fans im Millernt…
Hamburg taz | Die Ersten zu sein, darin gefallen sie sich am Millerntor –
und das auch schon mal mit Recht: 1991 war seine Spielstätte auf dem
Hamburger Heiligengeistfeld noch nach Wilhelm Koch benannt, einem
NS-verstrickten langjährigen Vereinspräsidenten, da legte sich der [1][FC
Sankt Pauli] eine Stadionordnung zu, die [2][rassistische Parolen und
Transparente ausdrücklich untersagte]. Das war damals Neuland unter
deutschen Profiklubs und geschah zuallererst [3][auf Betreiben engagierter
Fans] – vor dem Hintergrund freilich, dass damals regelmäßig eine
überschaubar große, aber rechtsoffen auftretende Fan-Fraktion in der
vermeintlichen Antifa-Bastion einfand.
Von Nazis zu anderen Schweinen: Es sind, zugegeben, etwas andere Zutaten im
Spiel, weniger dramatische vielleicht, wenn der derzeit Zweitligist dieser
Tage wieder ein erstes Mal verkünden konnte. Mit Beginn der Saison 2023/24
bietet der FC St. Pauli im [4][Millerntorstadion] nur noch Würstchen in
Bioqualität an, ob mit Fleisch und ohne. „Aus regionaler, artgerechterer
Tierhaltung und ökologischem Anbau“ stammen demnach in Zukunft die fettigen
Snacks. „Damit kommt der Verein zum einen den Wünschen vieler Mitglieder
und Fans nach, die ein solches Angebot gefordert haben, und setzt zudem ein
bedeutsames Ziel in seiner umfassenden Nachhaltigkeitsstrategie um.“ Die
umfasst etwa den Strom aus erneuerbaren Quellen respektive die eigene
Fotovoltaikanlage auf dem Stadiondach. Aber eine Lappalie ist es nie, wenn
es in deutschen Stadien um die Wurst geht: Die ist [5][ein enorm emotional
aufgeladenes Thema].
Zu einem der „veganfreundlichsten Stadien“ hierzulande hat die
Tierrechtsorganisation Peta das Millerntor wiederholt erklärt, so landete
die Spielstätte schon mal auf [6][Platz zwei in einem ligaübergreifenden
Vergleich]; besser schnitt 2018 nur das Stadion von Schalke 04 ab. Eine
schon zur vergangenen Saison hin entwickelte vegane Stadionwurst mit
Zutaten aus ökologischem Anbau, zunächst in den Hospitalitybereichen sowie
im Klubheim angeboten, kommt nun im ganzen Stadion ins Angebot. Und selbst
verbliebene Fleischesser:innen sollen mit vergleichsweise guten Gewissen
snacken dürfen.
„Na und?“, mag sich nun manche:r fragen. „Wie viele von den Dingern werden
da wohl umgesetzt?“ Wie groß also können die Effekte sein, die so ein
zuallererst doch symbolischer Move zeitigt? Immerhin: 10.000 Würstchen sind
es nach Angaben des Vereins, die an einem Spieltag verputzt werden, das
macht derzeit rund ein Würstchen auf drei Besucher:innen; das Haus ist
bei Heimspielen ja grundsätzlich voll. [7][Noch etwas genauer gelesen] hat
die überhaupt stets gut informierte Lokalpresse die Vereinsmitteilung:
7.000 Würste entfallen laut Hamburger Abendblatt auf normale Fans, weitere
3.000 auf „die VIPs im Hospitalitybereich“. Leider nicht durchleuchtet hat
der Millerntor-Korrespondent auf die Schnelle, wie viele davon noch Fleisch
enthalten; also: wie viele Würstchen, nicht Fans.
Was sie wohl in Kaiserslautern so alles auf den Grill legen, auf dem
berüchtigten Betzenberg? Dorthin nämlich führt der Spielplan der nun
beginnenden Zweitligasaison 2023/24 die Hamburger zuerst: zum Auswärtsspiel
gegen [8][die „Roten Teufel“]. Richtig akut wird es mit der
Biowürstchen-Offensive also erst an Spieltag zwei – wenn am kommenden
Samstag [9][Fortuna Düsseldorf] zu Gast ist.
29 Jul 2023
## LINKS
[1] https://www.fcstpauli.com/
[2] https://www.fcstpauli-museum.de/blog/2021/10/die-stadionordnung/
[3] /Archiv-Suche/!5943253
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Millerntor-Stadion
[5] /Die-Bratwurst-und-der-Sport/!5808402
[6] https://www.fcstpauli.com/news/millerntor-stadion-im-peta-ranking-auf-platz…
[7] https://www.abendblatt.de/sport/fussball/st-pauli/article238989129/fc-st-pa…
[8] /1-FC-Kaiserslautern/!t5679043
[9] /Fortuna-Duesseldorf/!t5034704
## AUTOREN
Alexander Diehl
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