# taz.de -- Berlins neues Antidiskriminierungsgesetz: Ein bundesweit einmaliger… | |
> Mit dem am Donnerstag vom Abgeordnetenhaus beschlossenen LADG können | |
> Betroffene erstmals gegen Behördenrassismus klagen. | |
Bild: Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) bei der Verabschiedung des L… | |
BERLIN taz | Während dieser Tage weltweit Menschen nach dem Mord an George | |
Floyd gegen Rassismus und Polizeigewalt auf die Straße gehen, ist an diesem | |
Donnerstag im Abgeordnetenhaus ein kleines Wunder geschehen. Die | |
rot-rot-grüne Regierung hat das bundesweit einmalige | |
Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) verabschiedet. Nicht dass irgendein | |
Gesetz brutale Polizeimorde wie den in Minneapolis verhindern könnte. Das | |
LADG versucht bei dem hinter solchen Taten liegenden Alltagsrassismus | |
anzusetzen. | |
Indem es staatlichen Institutionen die Diskriminierung von Menschen | |
aufgrund von „rassistischen oder antisemitischen Zuschreibungen“, Religion, | |
Herkunft, sexueller Identität, Behinderung und vielen anderen Merkmalen | |
verbietet, bekennt es zugleich: Ja, es gibt Rassismus in Behörden, es gibt | |
Benachteiligung von nicht als „normal“ angesehenen Menschen. Erstmals | |
bekommen nun Betroffene die Möglichkeit auf Schadensersatzklage gegen | |
Behördenrassismus. | |
Dass vor allem die Polizeigewerkschaft GdP gegen das Gesetz Sturm gelaufen | |
ist, spricht Bände. Denn obwohl führende Politiker von SPD, Linken und | |
Grünen stets beteuerten, schon jetzt müssten sich Beamte an Recht und | |
Gesetz halten – und zwar inklusive Artikel 3 GG, der Diskriminierung | |
verbietet – sieht die Realität anders aus. Menschen mit anderer Hautfarbe | |
können ein Lied davon singen. Polizeiarbeit beruht – wenigstens zum Teil – | |
auf Instinkten, Gefühlen, und damit auf Vorurteilen. | |
Hier kann das Gesetz seine Wirkung entfalten. Bei Drogenkontrollen in Parks | |
dürfen PolizistInnen natürlich auch künftig schwarze Personen | |
kontrollieren. Dass sie dafür sofort verklagt werden könnten – in der | |
Debatte über das LADG oft als Totschlagargument gebracht –, ist reine | |
Demagogie. | |
Aber sie dürfen Menschen eben nicht mehr nur deshalb kontrollieren, weil | |
sie schwarz sind – die Betreffenden müssen sich schon verdächtig verhalten: | |
weglaufen, etwas verstecken oder Ähnliches. Und die Begründung, warum wer | |
kontrolliert wird, sollte dabei eigentlich kein Problem sein. Es sei denn, | |
es gibt eben doch Racial Profiling – was die Polizei seit Jahren | |
bestreitet. | |
Dass Behörden – betroffen sein können auch Schulen, Jobcenter, die | |
Ausländerbehörde etc. – jetzt mit Klagen überzogen werden, ist nicht zu | |
erwarten. Denn erstens ist der Schritt zur Klage für den Einzelnen immer | |
eine hohe Hürde. Wer legt sich gerne mit der Schule seines Kindes an? | |
Zweitens zeigt dies die Erfahrung mit dem bundesweit geltenden Allgemeinen | |
Gleichstellungsgesetz (AGG), das Diskriminierungen im privatrechtlichen | |
Bereich verbietet. Seit 2006 gilt es bereits – und erst vor wenigen Monaten | |
wurde erstmals ein Berliner Vermieter wegen Diskriminierung eines | |
Wohnungssuchenden (mit türkischem Nachnamen) verurteilt. Preisfrage: Meinen | |
Sie, das war der erste Vermieter, der je diskriminiert hat? | |
6 Jun 2020 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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