# taz.de -- Berlin testet Ökotoiletten: Kein Klo ist auch keine Lösung | |
> Ökotoiletten sind nachhaltig, sie kommen ganz ohne Wasser aus. Und sind | |
> geschlechtergerecht. Doch sie werden zweckentfremdet. Eine | |
> Inspektionstour. | |
Bild: Eine Ökotoilette am Invalidenpark, unweit des Hauptbahnhofs in Berlin-Mi… | |
Der Mann fühlt sich in der Toilette sichtlich zu Hause. Es ist früh am | |
Morgen und die linke Kabine der Ökotoilette am Kottbusser Tor in | |
Berlin-Kreuzberg ist schon eine Weile besetzt. Zwei Männer haben es sich | |
dort bequem gemacht, ihre Rucksäcke hängen an der Wand, und sie kochen sich | |
Drogen auf. | |
Nach einer Weile kommt einer der beiden heraus, seine Klamotten sind | |
verschlissen und sein Blick trüb, in der linken Hand hält er ein | |
Glasröhrchen und ein Stück Alufolie. Dass sich noch andere Menschen hier | |
herumtreiben, passt ihm gar nicht, er pöbelt ein wenig, will Geld. Sein | |
Kollege versucht, ihn zu beruhigen. Kurze Zeit später verzieht er sich | |
wieder in die Kabine. | |
Szenen wie diese ist Viktoria Salzmann gewohnt. Sie ist Mitarbeiterin der | |
Berliner Firma [1][EcoToiletten], die Ökotoiletten betreibt, und auf | |
Inspektionstour. Insgesamt 24 der nachhaltigen und geschlechtergerechten | |
Toiletten hat der Berliner Senat im Rahmen eines Pilotprojekts in der | |
Hauptstadt aufgestellt – zwei pro Bezirk. Zusätzlich dazu haben einige | |
Bezirke insgesamt zwölf eigene Ökotoiletten angemietet. Und die müssen | |
regelmäßig gewartet werden. | |
Eine davon steht am Kottbusser Tor, besser bekannt als „Kotti“. Der gilt | |
wegen seiner Drogenproblematik [2][als kriminalitätsbelasteter Ort] und | |
befindet sich in einem Kiez mit einer hohen Dichte an einkommensschwachen | |
Haushalten und sozialer Benachteiligung. | |
## Die einzige öffentliche Toilette | |
Es ist die einzige öffentliche Toilette am Kotti und dient in erster Linie | |
als Konsumraum. Die Bretterbude mit drei Kabinen, an deren Außenseite | |
Holzleisten in Regenbogenfarben angebracht sind, steht direkt neben der | |
U-Bahn-Trasse auf der Mittelinsel des Kreisverkehrs. | |
An diesem regennassen Tag Ende Januar vermischt sich der Schlamm rund um | |
die Toiletten mit Kot, Drogenutensilien und jeder Menge Müll. Ob noch | |
andere Menschen außer Drogenabhängigen oder Obdachlosen die Klos nutzen? | |
„Nein“, sagt Salzmann bestimmt und watet durch die eklige Masse auf die | |
Rückseite des Häuschens, wo sie mit ihrer Inspektion beginnt. | |
Ausgestattet mit einer Atemschutzmaske mit zwei großen Filtern an den | |
Seiten checkt die ausgebildete Zimmerin, ob alles funktioniert. Sie prüft | |
die Füllmenge der Behälter, ob das Licht noch funktioniert, ausreichend | |
Desinfektionsmittel vorhanden ist oder die Türen schließen. Auch für die | |
Entfernung von Graffiti ist sie zuständig. Die werden mit GHB von Wänden | |
und Fußböden gelöst, eine Substanz, die auch für K.-o.-Tropfen missbraucht | |
wird. Daher auch die Schutzmaske, erklärt sie – und natürlich wegen der | |
Fäkalien. Gereinigt wird hier zweimal am Tag, allerdings von anderen | |
Mitarbeiter*innen. | |
An diesem Morgen ist alles in Ordnung, lediglich die Schlösser wurden | |
aufgebrochen. „Vandalismus gibt es hier eigentlich kaum, die Leute wollen | |
ihren Konsumraum ja nicht kaputt machen“, sagt Salzmann. Zwar gibt es rund | |
800 Meter weiter in der Reichenberger Straße einen richtigen Konsumraum, | |
der ist allerdings nicht durchgängig geöffnet. | |
Laut Salzmann hat sich die Situation, seit das Klo im Dezember 2022 | |
aufgestellt wurde, am Kotti insgesamt verbessert. „Seit es die Toilette | |
gibt, gibt es in der Umgebung deutlich weniger Kot“, sagt sie. Zumindest | |
wird sie oft genutzt: laut Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg rund 150 mal | |
am Tag. | |
## Das Klo kommt ohne Wasser aus | |
Bei der nächsten Station am Invalidenpark in Berlin-Mitte bietet sich ein | |
völlig anderes Bild: In der gepflegten Grünanlage unweit des Hauptbahnhofs | |
steht ein großer gelber Kasten mit drei Kabinen. Eine mit einem Hockurinal | |
für Frauen, ein Stehurinal und eine Sitztoilette. | |
Alles ist sauber und an der Außenseite wird mit Piktogrammen erklärt, wie | |
das Ganze funktioniert. Über einen QR-Code können Schäden gemeldet werden, | |
ein weiterer führt zum Dürremonitor, der über die Trockenheit der Böden | |
informiert. „Die Trockentoilette – Sparbüchse für wertvolles Trinkwasser�… | |
steht daneben. Denn die kostenlosen Klos sind nicht nur barrierefrei, | |
sondern auch besonders umweltfreundlich, da sie gänzlich ohne Wasser | |
auskommen. | |
Das funktioniert denkbar einfach: Per Kippmechanismus wird Festes und | |
Flüssiges getrennt. Der Kot wird mit einem Förderband in eine Kiste | |
befördert, die von den Reinigungskräften per Hand in eine Tonne geschüttet | |
wird. Der Urin fließt direkt in einem großen Tank. Betrieben wird das Ganz | |
über Solarpaneele, die auf dem Dach angebracht sind. Dort befindet sich | |
auch ein Regenwassertank für die Reinigung. In der Kabine gibt es außerdem | |
einen Wickeltisch und einen kostenlosen Tamponspender – der ist an diesem | |
Tag allerdings leer. | |
Salzmann scannt einen Code und gibt den Status der Toilette – inklusive der | |
fehlenden Tampons – weiter. Dabei gibt es unterschiedliche Kategorien: | |
Dringende Schäden wie Störungen am Förderband müssen innerhalb von 24 | |
Stunden repariert werden und die Toilette wird bis dahin geschlossen. Für | |
weniger dringende Probleme wie kaputte Schlösser haben die | |
Handwerker*innen eine Woche Zeit. Am Schluss macht Salzmann Fotos vom | |
aktuellen Zustand der Toilette und fährt zum nächsten Standort. | |
## Kostenlos – das ist keineswegs selbstverständlich | |
Dass öffentliche Toiletten in Berlin umweltfreundlich, barrierearm, | |
kostenlos und geschlechtergerecht sind, ist keineswegs selbstverständlich. | |
Insgesamt 475 öffentliche Klos gibt es in der Vier-Millionen-Metropole. Die | |
meisten werden von der Firma Wall betrieben, die auch die Außenwerbung an | |
Bus- und Bahnhaltestellen verantwortet. Für ihre grauen, vollautomatischen | |
WC-Anlagen verlangt die Wall GmbH in den meisten Fällen 50 Cent. Die frei | |
zugänglichen und kostenfreien Pissoirs an der Außenseite können nur von | |
Männern genutzt werden. | |
Das finden viele ungerecht. „Toiletten sind Teil der öffentlichen | |
Daseinsvorsorge und müssen für alle zugänglich sein“, sagt Katalin Gennburg | |
der taz. Das sei aber mitnichten der Fall, so die Linke-Politikerin, die | |
sich im Berliner Landesparlament seit vielen Jahren für mehr Inklusion bei | |
der Toiletten-Infrastruktur einsetzt. Insbesondere ältere Menschen, kleine | |
Kinder und menstruierende Personen – also Menschen, die verstärkt auf | |
öffentliche Toiletten angewiesen sind –, würden aktuell benachteiligt. „Es | |
geht um demokratische Teilhabe“, sagt Gennburg. | |
Die Berliner Linkspartei fordert daher, alle öffentlichen Toiletten | |
kostenfrei zur Verfügung zu stellen – so wie Hannover es bereits macht. | |
Zehn Millionen Euro würde das die Hauptstadt kosten. Nicht viel angesichts | |
des großen Nutzens, findet Gennburg. Zu viel, meint der schwarz-rote Senat, | |
der einen strikten Sparkurs verordnet hat. | |
Oft wird die Kostenpflichtigkeit zudem mit „Fehlnutzung“ etwa durch | |
Obdachlose und Drogenabhängige gerechtfertigt. Für Gennburg kein | |
überzeugendes Argument: „Wir müssen Obdachlosigkeit bekämpfen, aber nicht | |
mit Bezahltoiletten. Es würde ja auch niemand auf die Idee kommen, eine | |
Schutzgebühr für eine Parkbank zu verlangen.“ Zumal die Erfahrung zeigt, | |
dass „Fehlnutzung“ auch bei Bezahltoiletten vorkommt. | |
## Frauen müssen öfter auf Toilette als Männer | |
Mit ihrer Kritik ist die Linke-Politikerin nicht allein. Auch das | |
[3][Buschfunk-Bündnis] setzt sich seit vielen Jahren für eine | |
geschlechtergerechte Verteilung und Konzipierung von Toiletten in der Stadt | |
ein. Denn dass Frauen öfter auf Toilette müssen als Männer, ist | |
wissenschaftlich erwiesen: Das Bedürfnis nach Miktion, also der Entleerung | |
der Harnblase, tritt spätestens ein, wenn die maximale Harnblasenkapazität | |
erreicht ist. Bei einer männlichen Blase sind das 350 bis 750 Milliliter | |
und bei einer weiblichen 250 bis 550 Milliliter Urin. | |
Dass es dennoch vielerorts mehr kostenlose öffentliche Toiletten für Männer | |
als für Frauen gibt, [4][findet das Buschfunk-Bündnis ungerecht] und | |
diskriminierend: Bereits mehrfach protestierten sie in Berlin mit | |
öffentlichen Piss-Ins von Flinta, also Frauen, Lesben, intersexuellen, | |
nicht-binären, trans und agender Personen, für mehr Pinkelgerechtigkeit. | |
Denn die Senatsverwaltung begründete die kostenlosen Steh-Pissoirs für | |
Männer – und die fehlende kostenlose Pinkel-Möglichkeit für Frauen – dam… | |
dass das „Phänomen des Wildpinkelns“ nur von Männern ausginge. Eine | |
Ordnungswidrigkeit übrigens, die mit bis zu 5.000 Euro bestraft werden | |
kann. | |
Die lautstarke Kritik an der Benachteiligung auf dem Pott hat dazu geführt, | |
dass mittlerweile überall, wo in Berlin ein Steh-Pissoir angebracht ist, | |
auch das Sitzklo gratis ist. Seit Mitte vergangenen Jahres sind daher | |
immerhin 107 Wall-Toiletten kostenlos nutzbar. Die restlichen 175 kosten | |
aber weiterhin 50 Cent. Lediglich Menschen mit Behinderung können mit einem | |
speziellen Schlüssel sämtliche Toilettenanlagen in der EU kostenfrei | |
nutzen. Andere brauchen eine Geldkarte oder ein Smartphone mit | |
Bezahlfunktion. Denn nach einer [5][Einbruchserie auf die Münzfächer der | |
City-Toiletten] wurde die Bargeldzahlung 2022 abgeschafft. | |
Für Katalin Gennburg sind die kostenlosen Toiletten ein großer Erfolg – dem | |
allerdings kein Umdenken vorausgegangen sei. „Es waren mehrere Klagen nach | |
dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) anhängig“, sagt sie. Der | |
Senat musste also so handeln. Für sie liegt das Problem tiefer. „Es geht um | |
die Frage, wem die Stadt gehört.“ | |
## Die meisten öffentlichen Klos stehen an Touri-Orten | |
Das zeige sich auch daran, dass sich die meisten öffentlichen Klos an | |
touristischen Orten befinden würden und nicht dort, wo die | |
Berliner*innen sie am dringendsten brauchen. „An touristischer | |
Infrastruktur wird nicht gespart, aber wenn es um das Alltagsleben der | |
Menschen in dieser Stadt geht, ist kein Geld da“, kritisiert Gennburg. | |
Dass Urinale generell nur für Männer konzipiert werden, wollte die | |
Berlinerin Lena Olvedi vom Buschfunk-Bündnis nicht akzeptieren. „Unsere | |
Bedürfnisse werden unsichtbar gemacht“, sagt sie der taz. „Warum haben | |
Frauen nicht auch zwei Optionen? Zumal wir uns meist eh nicht auf die | |
Klobrille setzen und halbe Akrobatik machen müssen, um pullern zu gehen.“ | |
Also entwickelte Olvedi das sogenannte [6][Missoir], das Hockurinal, das | |
zuvor bereits auf mehreren Festivals wie der Fusion erprobt wurde, wird | |
auch bei vielen der Berliner Ökotoiletten eingesetzt. Denn das Missoir | |
verbraucht kein Wasser – im Gegensatz zu herkömmlichen Sitzklos, die etwa | |
sechs Liter, und Pissoirs, die zwei Liter Wasser verbrauchen. Bei im | |
Schnitt zwischen fünf und acht Blasenentleerungen pro Tag pro Person – und | |
entsprechend mehr bei Alkoholkonsum – kann so viel wertvolles Trinkwasser | |
gespart werden. | |
Beim Gros der Klohäuschen bleibt es allerdings bei den für Frauen | |
unbenutzbaren Stehurinalen – obwohl das Missoir prinzipiell auch von | |
Penisträgern genutzt werden kann. Laut Senat hat sich das Hockurinal zwar | |
bewährt, ein nachträglicher Einbau sei jedoch „derzeit nicht realisierbar�… | |
Für Flinta ist das ein Problem: Denn viele der Sitzklos sind aus | |
hygienischen Gründen unbenutzbar – oder werden anderweitig genutzt. | |
## Drogen werden offen konsumiert | |
Das zeigt sich auch am Leopoldplatz im Wedding. Viktoria Salzmann parkt | |
ihren Kombi, in dessen Kofferraum sich eine gut ausgestattete Werkstatt | |
befindet, direkt vor den Ökotoiletten. Mehrere Drogenabhängige, | |
hauptsächlich Männer, umringen die Kabinen. Die werden hier augenscheinlich | |
überwiegend zum Dealen verwendet. Direkt hinter den Klos befindet sich ein | |
überdachter Bereich mit Sitzbänken, in dem offen konsumiert wird. | |
Für die Mitarbeiter*innen von Ökotoiletten keine einfache Situation: | |
„Als ich hier mal was einbauen musste, standen um mich herum etwa 20 | |
Junkies. Einer von ihnen hat dann direkt unter mir Crack geraucht“, erzählt | |
die junge Frau. Normale Inspektionen finden hier daher auch nicht mehr | |
statt, sondern nur Notfallreparaturen. | |
Salzmann holte sich Hilfe bei den Sozialarbeiter*innen von Fixpunkt, | |
die einige Meter entfernt einen Container betreiben. Dort gibt es Kaffee | |
für 30 Cent und eine Ausgabe für Drogenutensilien. Feuerzeuge und | |
Glaspfeifen kosten einen Euro, alles andere ist kostenlos. Eine | |
Sozialarbeiterin reicht den Kund*innen aus dem Fenster sterile Spritzen, | |
Abbinder oder Metallpfännchen zum Aufkochen von Crack oder Heroin. Hier am | |
Leo werde jedoch eher Crack geraucht, während am Kotti eher Heroin | |
konsumiert wird, erklärt die Frau, die bereits seit 15 Jahren in der | |
Drogenhilfe arbeitet. | |
Tatsächlich hat sich die Situation am Leopoldplatz [7][in den vergangenen | |
Jahren massiv verschärft]. Früher war er vor allem von Alkoholkonsum | |
geprägt, heute sieht man viele Menschen, die völlig offen mit einem | |
Röhrchen aus einem Streifen gefalteter Alufolie Heroin oder Crack | |
inhalieren. Seit mehreren Jahren breitet sich der Konsum von Crack, also | |
Kokain in einer kristallinen Form, bundesweit rasant aus. Das Rauchen führt | |
schnell zu einem intensiven Rauschzustand, der jedoch nur 10 bis 15 Minuten | |
anhält. Crack hat, gefolgt von Heroin, das größte Abhängigkeitspotenzial. | |
## Gestiegenes Aggressionspotenzial | |
Und es führt auch zu einer Verhaltensveränderung. Laut der | |
Anwohner*inneninitiative „Wir am Leo“ sind die Abhängigen dort | |
aggressiver und lauter geworden. Auch die Polizei berichtet von gestiegenem | |
Aggressionspotenzial. Das bestätigt auch die Kriminalitätsstatistik, laut | |
der die Anzahl von Körperverletzungen im öffentlichen Raum rund um den | |
Leopoldplatz in den vergangenen Jahren stark angestiegen ist. | |
Dass sich unweit des Aufenthaltsbereiches der Abhängigen ein | |
Kinderspielplatz befindet, verschärft die Situation zusätzlich. | |
Ursprünglich war dort auch die Ökotoilette aufgebaut worden, nach | |
Beschwerden, dass sich nun noch mehr Abhängige in der Nähe des Spielplatzes | |
aufhalten, wurde sie näher an den Aufenthaltsort der Konsument*innen | |
verlegt. | |
Viktoria Salzmann selbst hat noch keine schlimmen Situationen mit Junkies | |
erlebt – im Gegenteil. „Die meisten sind total friedlich und dankbar“, sa… | |
sie. Viele würden sich auch schämen. „Ich finde das eher tragisch als | |
bedrohlich.“ Am Leo habe sie schon mehrfach verwahrloste Minderjährige | |
angetroffen, woraufhin sie die Sozialarbeiter*innen informiert habe. | |
Das geht nicht spurlos an ihr vorbei. „Das schwierigste ist, das Elend, das | |
man sieht, auszuhalten.“ | |
Am Ende des Tages zeigt sich: Öffentliche Toiletten sind eine Art | |
gesellschaftlicher Spiegel. Je nach Art der Umgebung werden sie auch | |
genutzt. In Problemkiezen tummeln sich dort Abhängige und Obdachlose, in | |
der Nähe der Kurfürstenstraße mit ihrem überregional bekannten | |
Straßenstrich werden sie als Verrichtungsboxen genutzt, andernorts liegen | |
die Probleme eher an Übernutzung durch normale Toilettengänger*innen. | |
## „Kein finanzieller Spielraum für weitere Toiletten“ | |
Gebraucht werden sie jedoch überall. „Es gibt insgesamt viel zu wenige | |
öffentliche Toiletten“, sagt die Linke-Politikerin Katalin Gennburg. Der | |
Forderung nach – am besten nachhaltigem – Ausbau der Toiletteninfrastruktur | |
erteilt die in Berlin mit der SPD regierende CDU jedoch eine Absage: „Wir | |
haben dieses und wahrscheinlich auch nächstes Jahr keinen finanziellen | |
Spielraum, um weitere Toiletten aufzustellen“, sagte der umweltpolitischer | |
Sprecher der CDU-Fraktion, Danny Freymark, Mitte Januar im Umweltausschuss | |
des Berliner Abgeordnetenhauses. | |
Das Problem, dass es zu wenige öffentliche Toiletten gibt – geschweige | |
denn, dass sie nachhaltig, nicht diskriminierend und kostenfrei sind – | |
betrifft jedoch nicht nur Berlin. Bloß wird andernorts kaum darüber | |
geredet. „Klos sind ein Tabuthema, obwohl es uns täglich beschäftigt“, sa… | |
Lena Olvedi. Sie hofft, dass andere Städte und Kommunen das Pilotprojekt in | |
Berlin zum Vorbild nehmen und ebenfalls Missoirs aufstellen. Bei den | |
Ökotoiletten ist das schon der Fall. „Das Geschäft boomt“, sagt Manager | |
Julian Junghans der taz. Mittlerweile betreiben sie die Ökoklos in | |
zahlreichen anderen Städten wie Freiburg, Düsseldorf, Koblenz oder auf | |
Rügen. | |
Von einer flächendeckenden Versorgung mit kostenlosen öffentlichen Klos | |
sind deutsche Städte aber noch weit entfernt. Dabei machen es andere Länder | |
vor: In Paris etwa sind schon lange alle öffentlichen Toiletten kostenfrei | |
nutzbar. Ebenso in Tokio, Helsinki oder New York. Amsterdam will nun nach | |
jahrelangen Protesten von Feminist*innen vier Millionen Euro in | |
öffentliche Toiletten investieren, die alle barrierefrei nutzen können. | |
Und Berlin? Das Pilotprojekt mit den nachhaltigen, barrierearmen und | |
geschlechtergerechten Ökotoiletten wurde bereits einmal verlängert und | |
endet regulär Ende März. Die Senatsumweltverwaltung teilt auf taz-Anfrage | |
mit, es solle „noch einmal um einige Monate verlängert werden“ – | |
„mindestens bis Ende 2025“. Und da die Trockentoiletten „sehr gut | |
angenommen wurden und sich bewährt haben“, sei für nächstes Jahr eine | |
Nachfolgelösung vorgesehen. „Eine entsprechende Ausschreibung ist in der | |
Planung.“ | |
Weil die 24 zusätzlichen Toilettenanlagen jedoch nicht reichen, um Berlins | |
Pinkel-Bedarf aufzufangen, setzt der Senat – wie viele andere Städte auch – | |
auf die „nette Toilette“. Dabei erhalten Gastronom*innen Geld dafür, | |
dass sie ihre Toilette kostenlos zur Verfügung stellen. Wen sie am Ende | |
reinlassen, steht allerdings auf einem anderen Blatt. | |
6 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ecotoiletten.de/ | |
[2] /Massnahmen-am-Kottbusser-Tor-Berlin/!6020255 | |
[3] https://buschfunk-buendnis.com/ | |
[4] /Es-gibt-zu-wenige-oeffentliche-Toiletten/!5837682 | |
[5] /Einbrueche-in-Berliner-City-Toiletten/!5843898 | |
[6] https://www.missoir.de/ | |
[7] /Debatte-um-den-Leopoldplatz/!5953465 | |
## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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