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# taz.de -- Flinta*-Klo in Hamburger Park: Pinkeln ist politisch
> Keine Toilette in Sicht? Im Gebüsch wird’s für viele von uns schwierig.
> Studierende bauten deshalb ein Flinta*-Klo im Hamburger Schanzenpark.
Bild: Sorgt für Intimsphäre, wo sonst keine ist: das selbst gebaute Flinta*-K…
Hamburg taz | Die Blase drückt, weit und breit ist keine Toilette zu sehen.
So weit, so alltäglich. Also auf ins Gebüsch. Schön wäre es, einfach im
Stehen pinkeln zu können. Dann könnte man auf der Straße gegen eine
Hauswand pissen, so wie es [1][das Hobby vieler Männer zu sein scheint].
Wenn doch bloß alle einen Penis hätten, was könnten wir in der Innenstadt
über Pfützen hüpfen.
Aber viele von uns brauchen mehr Sichtschutz. Also zurück zum Gebüsch, wo
hoffentlich gerade niemand guckt. Balance halten, sich am
gegenüberliegenden Gestrüpp festhalten. Beten, dass sich zuvor niemand
genau dieses Gestrüpp ausgeguckt hatte. Weiter beten, dass man nicht aus
Versehen das eigene Bein oder die Hose trifft. Und dankbar sein, wenn man
immerhin nicht auch noch den Tampon wechseln muss.
Kurz gesagt: Fehlende sanitäre Anlagen können einigen deutlich mehr
Schwierigkeiten bereiten als anderen. Drei Studierende bauten deshalb im
Hamburger Schanzenpark kurzerhand ein eigenes Flinta*-Klo, für alle außer
Cis-Männer. Und zwar genau dort, wo sonst viele im Stehen pinkeln. Sie
wollen anonym bleiben, eine Sondernutzungserlaubnis haben sie nicht.
Sechs Paletten, drei Holzleisten, ein paar Schrauben und eine Plane: Die
improvisierte Toilette ist leicht zusammengeschustert. Gut, eigentlich ist
es eher eine Kabine, in der man trotzdem einfach auf den Boden pinkelt.
Aber drinnen ist man vor Blicken geschützt, wird nicht von Ästen gepikst.
Es gibt eine Mülltüte und Tampons für alle. Ein Pappschild verrät außen, ob
sie gerade besetzt ist.
## Als Langzeitprojekt funktioniert das Eigenbau-Klo nicht
Es dauert eine Dreiviertelstunde, bis eine erste Spaziergängerin die
Toilette nicht nur sieht, sondern sie auch ausprobiert. „Richtig cool“
findet sie die Idee. Man muss nur als Zweite die Kabine aufsuchen, damit
klar wird: Als Langzeitprojekt funktioniert das hier nicht. Der geteilte
Quadratmeter fühlt sich sehr schnell eklig an, es ist eine Frage der Zeit,
bis alles durchnässt wäre. Ursprünglich wollte das Trio Holzklötze
aufstellen, wie kleine Inseln, verwarf die Idee aber wieder. Aber eine
langfristige Lösung soll diese Flinta*-Toilette auch gar nicht sein, es
geht eher um das Bewusstmachen fehlender Orte.
Aufmerksamkeit schaffen will auch das „[2][klo:lektiv]“. Vor fünf Jahren
schlossen sich dort Wissenschaftlerinnen zusammen, die allesamt zu
Toiletten forschen. Die Sozialgeografin Katharina Ciax ist eine von ihnen.
Wer beim Wildpinkeln erwischt wird, trägt häufiger einen männlichen Namen,
bemerkte Ciax in ihrer Forschung. Um das Problem zu lösen, werden deshalb
manchmal mehr Pissoirs gebaut. Doch nur weil pinkelnde Männer in der
Öffentlichkeit mehr Sichtbarkeit genießen, bedeutet das nicht, dass andere
nicht auch auf die Toilette müssen.
Früher wurden einige Mitglieder des klo:lektivs gefragt, warum sie sich
gerade mit diesem Thema auseinandersetzen wollen. Aber das Thema ist eben
nicht banal. Fehlende sanitäre Anlagen können die Bewegungsfreiheit einiger
Bürger:innen einschränken, erklärt Ciax. Es braucht mehr Anlagen,
insbesondere [3][für Frauen], für Menschen außerhalb des binären
Geschlechterspektrums, für Menschen mit Behinderung und Senior:innen.
[4][Kostenfrei]. Nur so kann [5][Teilhabe am gesellschaftlichen Leben] für
alle sichergestellt werden.
Die Stadt Leipzig hat den Handlungsbedarf erkannt und eine Stelle
geschaffen: „Referent und Koordinator für öffentliche Sanitäranlagen“. D…
plant Marco Schlütter nun mehr kosten- und barrierefreie Toiletten. Die
ersten sollen schon Ende des Jahres aufgestellt werden und die öffentlichen
Orte bereichern.
22 May 2025
## LINKS
[1] /Wer-pinkeln-will-muss-zahlen-Fatal/!5216674
[2] https://klolektiv.org/
[3] /Ein-Urinal-fuer-Frauen/!5844482
[4] /Die-Notdurft-in-Berlin/!5872976
[5] /Gesellschaftliche-Teilhabe/!t5009766
## AUTOREN
Charlina Strelow
## TAGS
Hamburg
Toilette
Notdurft
FLINTA*
Gesellschaftliche Teilhabe
Feminismus
Schwerpunkt Stadtland
Frauenkörper
Urin
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