# taz.de -- Bedingungsloses Grundeinkommen: Unterschreiben für eine rosa Zukun… | |
> Ab Freitag sammelt eine Berliner Initiative Stimmen für einen staatlichen | |
> Modellversuch zum Grundeinkommen. Es wäre der erste bundesweit. | |
Bild: Auf geht's in die zweite Phase: Wieder wird für den Modellversuch gesamm… | |
BERLIN taz | Berlins politisches Farbenspektrum wird stetig breiter. | |
Nachdem die Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen auf | |
[1][leuchtendes Gelb und markantes Lila] als Erkennungszeichen gesetzt hat, | |
folgt ab Donnerstagabend – ausgerechnet – Rosa. Das soll aber nicht, wie | |
vielleicht naheliegend wäre, für eine Gender-Debatte stehen, sondern für | |
eine sozialpolitische Revolution. | |
Die [2][Initiative Expedition Grundeinkommen] startet mit ihrer Sammlung | |
für einen Volksentscheid, mit dem sie ein vom Land finanziertes | |
Modellprojekt zum bedingungslosen Grundeinkommen durchsetzen will. Die | |
Grundfarbe der Plakate: rosa, wie La Vie en Rose. Denn würde – irgendwann – | |
ein solches Grundeinkommen für jede und jeden eingeführt, wäre es [3][nicht | |
weniger als eine sozialpolitische Revolution]. | |
Damit es zum Volksentscheid kommt, benötigt die Initiative 175.000 gültige | |
Unterschriften innerhalb von vier Monaten, also bis Anfang September. Keine | |
leichte Aufgabe, wie Sprecher Mark Appoh am Mittwoch zum Kampagnenauftakt | |
vor der Presse zugab. Zumal das Thema – eine vom Staat finanzierte | |
Unterstützung für alle unabhängig von deren wirtschaftlicher Situation und | |
ohne Gegenleistung – bisher zwar immer mal wieder diskutiert werde und auch | |
Unterstützer*innen in fast allen Parteien habe, „aber noch nicht in | |
der Breite angekommen“ sei. | |
Das möchten Appoh und das Team der Initiative ändern: Denn zur Abstimmung | |
wird nicht etwa die Einführung des Grundeinkommens für alle stehen, sondern | |
ein wissenschaftlich organisierter und begleiteter Versuch, um empirische | |
Daten zu sammeln, wie ein solches Grundeinkommen am besten umzusetzen sei. | |
„Es gibt viele Meinungen dazu, aber wenige wissenschaftliche Fakten“, | |
erklärt dazu Laura Brämswig von der Initiative. Die sollen aus dem | |
Modellprojekt hervorgehen. | |
Insgesamt 3.500 Menschen sollen im Rahmen dieses Versuchs drei Jahre lang | |
ein solches Grundeinkommen erhalten und damit machen können, was sie | |
wollen. Wie hoch dieses Einkommen sein wird, steht noch nicht fest: Nach | |
Vorstellungen der Initiative wird es mehrere unterschiedlich ausgestattete | |
Versuchsgruppen geben, um am Ende Vergleichsmöglichkeiten zu haben, welches | |
Modell wie funktioniert. | |
Weniger als 1.200 Euro monatlich werden es aber nicht sein, sagt Brämswig: | |
Das sei derzeit die Untergrenze, damit sowohl die Existenz wie auch die | |
Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gesichert sei. Fest steht außerdem, | |
dass die Kosten für das Land insgesamt 70 Millionen Euro nicht | |
überschreiten werden. | |
Die beiden Krisen derzeit – die Coronapandemie und die globalen Folgen des | |
Kriegs gegen die Ukraine – würden zeigen, „dass, obwohl Deutschland ein | |
wohlhabendes Land ist, die Menschen nicht genügend abgesichert sind, um | |
durch diese Krisen zu kommen“, begründet Brämswig den Zeitpunkt des Starts | |
der Unterschriftensammlung für die zweite Phase der direkten Demokratie. Im | |
Sommer 2020 hatte rund 35.000 Menschen in der ersten Phase unterschrieben; | |
im März 2021 war die Initiative vom Senat für zulässig erklärt worden. | |
## Mehr Zeit für Oma? | |
Expedition Grundeinkommen hat für diese zweite Phase viel von früheren | |
Initiativen gelernt. Von DW enteignen etwa übernimmt sie die Idee mit der | |
konsequenten Farbgebung auf Westen und Plakaten. 7.000 davon sollen ab | |
Donnerstagabend aufgehängt werden. | |
Die acht Motive der Poster drehen sich um Fragen, die in der Debatte immer | |
wieder aufgekommen seinen, etwa: „Mehr Zeit für Oma durch ein | |
bedingungsloses Grundeinkommen?“ Schließlich könnte ein solches dafür | |
sorgen, dass Menschen freier von Existenzangst und beruflichen | |
Verpflichtungen sind. | |
16.000 Helfer*innen hätten sich gemeldet, um die nötigen Unterschriften | |
zusammen zu bekommen, berichtet Laura Brähmswig. Das Ziel seien über die | |
erforderlichen 175.000 hinaus sogar 240.000 Unterschriften, betont sie – | |
auch dies eine Erfahrung aus früheren Sammlungen: 10 bis 20 Prozent der | |
Stimmen sind ungültig, zumeist weil die Unterschreibenden nicht in Berlin | |
wahlberechtigt sind. | |
Vor allem aber steht die Initiative nicht allein da. Sie wird nicht nur von | |
anderen Gruppen unterstützt, die sich mit der selben Thematik beschäftigen, | |
wie etwa dem Verein Gemeinwohl-Ökonomie Berlin Brandenburg. Sondern auch | |
von Initiativen, die ebenfalls einen Volksentscheid anstreben: Berlin | |
autofrei und Berlin klimaneutral, dessen Ziel der rot-grün-rote Senat erst | |
am Dienstag die Unterstützung versagt hat. | |
Die Kooperation geht so weit, dass die drei Gruppen sogar einen gemeinsamen | |
Termin für ihren Volksentscheid anstreben, wie Brämswig sagt. Das macht | |
Sinn, denn die nächste Wahl ist – planmäßig – erst die Europawahl 2024. … | |
ohne parallel stattfindende Wahl steigt die Gefahr, dass ein Volksentscheid | |
am Quorum scheitert. | |
4 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Deutsche-Wohnen-und-Co-enteignen/!t5562213 | |
[2] http://expedition-grundeinkommen.de/modellversuch/ | |
[3] /Debatte-Grundeinkommen/!5563736 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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