# taz.de -- BSW und Parteienrecht: „Ein autoritäres Projekt“ | |
> Parteienrechtlerin Sophie Schönberger hat sich das „Bündnis Sahra | |
> Wagenknecht“ genauer angesehen. Sie kritisiert die Parteistrukturen, vor | |
> allem die zentralisierte Mitgliederaufnahme. | |
Bild: „Big sister is watching you“: Sahra Wagenknecht, Bundesvorsitzende de… | |
Berlin taz | Am Sonntag kommt das Bündnis Sahra Wagenknecht in Bonn zu | |
seinem zweiten Bundesparteitag zusammen. Rund ein Jahr nach seiner Gründung | |
sind zwar die ganz großen Höhenflüge vorbei, aber die Partei hat immer noch | |
gute Chancen, in den Bundestag einzuziehen. Neben der russlandfreundlichen | |
Ausrichtung kommen zunehmends auch die eigenwilligen internen Strukturen | |
ins Blickfeld von Kritiker:innen. | |
Deutschlands führende Parteienrechtlerin, die Rechtsprofessorin Sophie | |
Schönberger von der Uni Düsseldorf, hat sich Satzung und Aufbau des BSW | |
genauer angeschaut und in einem 22-seitigen Papier ihre Schlussfolgerungen | |
veröffentlicht. [1][„There's a new Kid in Town“], heißt die Studie und | |
beschreibt das Bündnis Sahra Wagenknecht als „Herausforderung für das | |
Parteienrecht“. Die Vorgaben von Grundgesetz und Parteiengesetz würden | |
teilweise gedehnt, teilweise klar überschritten, warnt Schönberger. Das BSW | |
sei ein „autoritäres Projekt“. | |
Zentraler Kritikpunkt ist [2][die zentralisierte Aufnahme neuer | |
BSW-Mitglieder]. Während bei der CDU der Kreisvorstand über einen | |
Aufnahmeantrag entscheidet und bei der SPD der Vorstand des Ortsverbands, | |
ist es beim BSW immer der Bundesvorstand. Die Landesverbände haben nicht | |
einmal ein Vetorecht gegen die Mitglieder, die der Bundesvorstand aufnimmt. | |
Begründung der Partei: man strebe ein „kontrolliertes Wachstum“ an. Neue | |
Mitglieder sollen genau geprüft werden, „um das Projekt nicht zu | |
gefährden“. | |
Extrembeispiele im Ausland sind die linke französische Partei La France | |
insoumise von Jean-Luc Mélenchon, die nur drei Mitglieder hat, und die | |
rechte niederländische Freiheitspartei mit nur einem Mitglied, dem | |
Vorsitzenden Geert Wilders. Davon ist das BSW bereits weit entfernt, man | |
hat inzwischen deutlich mehr als tausend Mitglieder bundesweit. Allerdings | |
haben tausende weitere Personen einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. | |
Schon nach der Gründung vor einem Jahr lagen 8.000 Anträge vor. | |
Weil die BSW-Landesverbände keine „Personalhoheit“ haben, stellt | |
Schönberger in Frage, ob es sich dabei überhaupt um echte Gliederungen im | |
Sinne des Parteiengesetzes handelt. Denn laut Gesetz müssen Parteien in | |
Deutschland Untergliederungen haben, also zum Beispiel Landes- und | |
Kreisverbände, damit sich das einzelne Mitglied gut einbringen kann. | |
## Grundgesetz macht Vorgaben | |
Im Grundgesetz heißt es ausdrücklich über die Parteien: „Ihre innere | |
Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen.“ Beim BSW sieht | |
Schönberger diesen gegliederten Aufbau von unten nach oben nicht | |
verwirklicht. Die „Binnenorganisation des BSW“ verstoße gegen die Regeln | |
des Parteienrechts. | |
Wie praktisch relevant dies ist, zeigte sich im Herbst im BSW-Landesverband | |
Thüringen. Die pragmatische Landesvorsitzende Katja Wolf strebte eine | |
Koalition mit CDU und SPD an, die BSW-Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht | |
war jedoch skeptisch. In der heißen Phase wurde plötzlich bekannt, dass der | |
BSW-Bundesvorstand zwei Dutzend neue Mitglieder in den Landesverband | |
Thüringen aufgenommen hat. Schnell kam der Verdacht auf, dass Wagenknecht | |
so den Landesverband auf Linie bringen wollte. Der Konflikt löste sich dann | |
aber auf, weil letztlich auch Wagenknecht für die Zustimmung zum Thüringer | |
Koalitionsvertrag plädierte. | |
Die bewusst niedrige BSW-Mitgliederzahl wird auch für Probleme bei der | |
Parteienfinanzierung sorgen, so die Prognose Schönbergers. Damit die | |
Parteien nicht abhängig von staatlichen Zuschüssen werden, sind diese | |
nämlich gedeckelt. Eine Partei soll nicht mehr Staatsfinanzierung erhalten | |
als sie eigene Einnahmen hat. So soll die Verankerung der Parteien in der | |
Bevölkerung gesichert werden. Beim BSW sieht Sophie Schönberger dies aber | |
nicht gewährleistet. Da die Partei bewusst wenige Mitglieder und damit auch | |
wenig Mitgliedsbeiträge hat, seien Großspender um so wichtiger für die | |
eigenen Einnahmen. | |
## BSW an BSW | |
Tatsächlich [3][hat im Jahr 2024 keine Partei mehr Großspenden (über 35.000 | |
Euro) erhalten als das BSW], teilte jüngst der Bundestag mit. Insbesondere | |
der Unternehmer Thomas Stanger mit seiner Frau Lotte Salingré haben das BSW | |
unterstützt – mit insgesamt rund fünf Millionen Euro. | |
Ein weiterer Großspender für die Partei BSW ist der Verein BSW, der zur | |
Vorbereitung der Parteigründung geschaffen worden war und weiterhin | |
besteht. Im Jahr 2024 hat er laut Bundestag mehr als 1,2 Millionen Euro an | |
die Partei überwiesen. Im Spendenbericht werden aber nicht die konkreten | |
Einzelspender ausgewiesen, sondern nur der Verein. Schönberger fragt, ob er | |
hier als „Strohmann“ für die „wirklichen Spender“ wirke. „Wer hinter… | |
Betrag steht, d.h. woher der Verein das Geld, das ja von vornherein für die | |
Partei bestimmt war, erhalten hat, ist bisher in keiner Weise transparent“. | |
Schönberger regt aus all diesen Gründen an, das Parteiengesetz mit Blick | |
auf das BSW „auf den kritischen Prüfstand zu stellen“. | |
11 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://wp.pruf.hhu.de/article/view/728 | |
[2] /Interner-Streit-beim-Hamburger-BSW/!6057377 | |
[3] /Grossspenden-an-die-Parteien-2024/!6059234 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
BSW | |
Parteien | |
Juristen | |
Parteispenden | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
BSW | |
BSW | |
Friedrich Merz | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
BSW | |
BSW | |
BSW | |
Wahl in Hamburg 2025 | |
Schwerpunkt Parteispenden-Watch | |
BSW | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nächstes Zerwürfnis beim Hamburger BSW: Ein Rücktritt und mehrere Schuldzuwe… | |
Landeschef Jochen Brack tritt ab und wirft dem Co-Chef Eulenburg vor, er | |
habe ihn im Wahlkampf nicht unterstützt. Der verweist auf fehlendes Budget. | |
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW: Sahras Knechte | |
Wer im Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) Mitglied werden will, muss warten. | |
Interne Dokumente zeigen: Die Partei hält sich gezielt Unterstützer zweiter | |
Klasse. | |
Anti-Asyl-Plan der Union: Merz' wichtigstes Argument kommt von Wagenknecht | |
Eine Forderung werde nicht dadurch falsch, dass die AfD ihr zustimme, | |
meinte Sahra Wagenknecht. Friedrich Merz hat sich den Gedanken zu eigen | |
gemacht. | |
Streit im Hamburger BSW: Partei-Rebellen haben erst mal verloren | |
Landeswahlleiter streicht Liste der BSW-Rebellen. Offizielle Liste mit | |
Žaklin Nastić darf antreten. Hausverbote bei Kandidaten-Kür seien | |
unerheblich. | |
Zulassung zur Bundestagswahl: BSW-Rebellen ziehen Kandidatin aus dem Hut | |
In Hamburg gibt es zwei BSW-Listen, der Wahlausschuss muss entscheiden, | |
welche zugelassen wird. Für die „Rebellen“ tritt Publizistin Ulrike Guérot | |
an. | |
Streit auf BSW-Bundesparteitag: Hochpolitische Satzungsfragen | |
Interner Streit im BSW wirkt wie nerviges Kleinklein, offenbart aber viel | |
über das Demokratieverständnis der Partei. Linkere Wähler könnte das | |
abschrecken. | |
Bundesparteitag des BSW: Erst der Anfang | |
Das BSW liegt in Umfragen unter 5 Prozent. Dennoch glaubt die Partei, in | |
den Bundestag einziehen zu können. Wagenknecht wird Kanzlerkandidatin. | |
Verwirrung bei Kandidatenkür in Hamburg: BSW setzt auf Dieter-Bohlen-Effekt | |
Der Hamburger Landesverband des Bündnis Sahra Wagenknecht kürt am | |
Wochenende die Kandidaten für die Bundestagswahl, nicht ohne Show für die | |
Presse. | |
Interner Streit beim Hamburger BSW: Wagenknecht-Partei will Kritiker rauswerfen | |
BSW-Vorstand beantragt Ausschluss von Dejan Lazić und Norbert Weber und | |
lässt Mitgliedsrechte ruhen. Parteienrechtler zweifelt das Vorgehen an. | |
Großspenden an die Parteien 2024: Die Neue macht das Rennen | |
Kurz vor Jahresende sieht alles danach aus, dass das BSW die | |
Parteispendenrallye gewinnt. Und die Kleinpartei Volt schneidet besser ab | |
als die Grünen. | |
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW: „Man hat zu gehorchen“ | |
Kurz vor der Gründung in Schleswig-Holstein tritt Frank Hamann aus dem | |
Bündnis Sahra Wagenknecht aus. Er rechnet mit undemokratischen Verfahren | |
ab. |