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# taz.de -- Großspenden an die Parteien 2024: Die Neue macht das Rennen
> Kurz vor Jahresende sieht alles danach aus, dass das BSW die
> Parteispendenrallye gewinnt. Und die Kleinpartei Volt schneidet besser ab
> als die Grünen.
Bild: Beim Kasse machen einsame Spitze: Als Großspendensammlerin schlägt BSW-…
Berlin taz | Es war eine rasante Aufholjagd, die die CDU hingelegt hat. Der
Bruch der Ampelkoalition Anfang November beflügelte zwar das monetäre
Engagement des deutschen Kapitals zugunsten des Merz-Vereins enorm. Dennoch
müssen sich die Christdemokrat:innen bei der großen
Parteispendenrallye in diesem Jahr wohl einem Newcomer geschlagen geben.
Kurz vor Silvester liegt das BSW mit mehr als 6,4 Millionen Euro deutlich
vor der CDU, die auf rund 4,9 Millionen Euro kommt. Insgesamt vereinnahmten
alle Parteien 2024 bis zu diesem Wochenende zusammen rund 17,4 Millionen
Euro – deutlich mehr [1][als im Bundestagswahljahr 2021]. Damals waren es
rund 13,5 Millionen Euro.
Seit März dieses Jahres sind die Parteien gesetzlich verpflichtet, Spenden
über 35.000 Euro „unverzüglich“ unter Angabe des Spender:innennamens
der Bundestagspräsidentin zu melden. Zuvor lag die Grenze bei 50.000 Euro.
Die entsprechenden Großspenden werden anschließend zeitnah in einer
Bundestagsdrucksache veröffentlicht.
Zwar liegen die Zuwendungen insgesamt noch wesentlich höher. Das lässt sich
aber erst durch die Veröffentlichung der Rechenschaftsberichte der Parteien
etwa eineinhalb Jahre später nachvollziehen. Da müssen alle, die mehr als
10.000 Euro spenden, öffentlich gemacht werden. Die zeitnah
veröffentlichten Großspenden zeigen jedoch eine starke Tendenz auf.
Auf Platz eins steht das erst im Januar gegründete BSW. Das verdankt es dem
Unternehmer Thomas Stanger. In zwei Tranchen spendete der gebürtige
Würzburger, der seit zwei Jahrzehnten in Mecklenburg-Vorpommern lebt, im
Frühjahr insgesamt 5,08 Millionen Euro an die Wagenknecht-Truppe. Sein
Vermögen hat Stanger mit der von ihm 1983 mitgegründeten MA Lighting
Technology GmbH gemacht, eine fränkische Elektronikfirma, die Steuertechnik
für Licht- und Bühneneffekte bei großen Konzerten oder Theateraufführungen
liefert.
Eine weitere Großspende für das BSW in Höhe von 50.000 Euro kommt von der
Horizontwerke GmbH. Dahinter steckt der Freiburger Unternehmer Heinrich
Röder, der sein Geld mit Wind- und Solarenergie verdient und noch 2021 von
sich sagte, er wähle die Grünen, „seitdem es sie gibt“. Nun unterstützt …
eine Partei, die klimapolitisch nicht von der FDP und kaum von der AfD zu
unterscheiden ist.
Die restlichen rund 1,2 Millionen Euro kommen von einem eingetragenen
Verein, den Wagenknecht & Co. im vergangenen Jahr gegründet hatten, um vor
der offiziellen Parteigründung Spenden einsammeln zu können.
## Volt bekommt mehr Spendengeld als die Grünen
Demgegenüber kommt die CDU auf 52 Großspenden, die Hälfte sprudelte nach
der Neuwahlankündigung Anfang November. Ihr größter Gönner war der Jenaer
E-Commerce-Unternehmer Stephan Schambach, der in drei Tranchen insgesamt
650.000 Euro springen ließ. Auf Platz zwei folgt der Kölner
Immobilienfondsunternehmer Christoph Alexander Kahl mit 500.000 Euro. Seit
2020 hat er insgesamt 1,9 Millionen Euro an die Partei überwiesen.
Wie jedes Jahr fehlt auch dieses Mal nicht der BMW-Clan: Susanne Klatten,
Stefan Quandt und Gabriele Quandt beglückten die Partei mit zusammen
140.002 Euro. Anders als in früheren Zeiten hielt sich ansonsten die
Spendenbegeisterung der kriselnden Automobilindustrie in Grenzen.
Über 30 Großspenden kann sich die FDP freuen. Davon gingen 22 nach dem
[2][Rausschmiss von Parteichef Christian Lindner als Bundesfinanzminister]
ein. Mit insgesamt rund 2,42 Millionen Euro landete die rechtsliberale
Partei auf Platz 3 und rangiert damit in der Spender:innen- weitaus höher
als in der Wähler:innengunst. An der Spitze steht mit einer halben Million
Euro der Kölner Unternehmer Dieter Albert Richard Morszeck, dessen Familie
mit der Herstellung von Aluminiumkoffern reich geworden ist.
Überraschend auf Platz 4 findet sich Volt. Die linksliberale Kleinpartei,
die [3][bei der Europawahl mit 2,6 Prozent einen Achtungserfolg] erzielte,
kann sich über insgesamt 1,38 Millionen Euro freuen. Verantwortlich dafür
sind bloß zwei Parteimitglieder: In drei Tranchen knapp 1,26 Millionen
überwies der reiche Erbe Thadaeus Friedemann Otto, der aus einer
Hausschuhproduzentendynastie aus dem niedersächsischen Goslar stammt und
sich seine Zeit als Rapper in London vertreibt. Die StartUp-Unternehmerin
Jutta Steiner, die auf der Volt-Landesliste in Brandenburg für den
Bundestag kandidiert, spendierte 125.000 Euro.
Da können die Grünen nicht mithalten. 2021 sammelten sie noch mehr als 3,4
Millionen Euro ein, diesmal sind es nur etwa 922.000 Euro, die sich auf 14
Großspenden aufteilen. Größter Einzelgönner war mit 100.000 Euro der
Berliner Investor und Anlageberater Jochen Wermuth, gefolgt von dem Kölner
Musiker Henning May mit 95.000 Euro.
## Campact größter SPD-Spender
Abgeschlagen nur auf Platz 6 rangiert die Nochkanzlerpartei SPD. Sie konnte
acht Großspenden in Höhe von insgesamt 520.000 Euro verbuchen.
Bemerkenswert: Größter Spender ist der Verein Campact. Obwohl sich die
Kampagnenorganisation als „unabhängig von Parteipolitik und
Wirtschaftsinteressen“ versteht, unterstützte sie die SPD im
brandenburgischen Landtagswahlkampf mit etwa 160.000 Euro.
Die Grünen bekamen für ihre Wahlkämpfe in Brandenburg und Sachsen sogar
rund 233.300 Euro. Zudem erhielt noch eine Nichtregierungspartei Geld von
Campact: Für die Linke blieben 68.038 Euro [4][für ihren Wahlkampf in
Sachsen] übrig – was angesichts der Großzügigkeiten an SPD und Grüne eher
nach einer Alibizahlung aussieht. Aber immerhin war das die einzige
Großspende, die die in ihrer Existenz bedrohte linke Partei in diesem Jahr
bekam. Von den im Bundestag vertretenen Parteien schnitt nur die AfD
schlechter ab: Die extrem rechte Partei ist – zumindest offiziell – leer
ausgegangen.
Noch nicht richtig zu taxieren ist die CSU, die bisher mit vier Großspenden
290.000 Euro einkassiert hat. Aber noch nicht dabei ist die milde Gabe des
Verbandes der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie, der seit
Jahrzehnten Hauptsponsor der Christsozialen ist, jedoch stets erst kurz vor
Schluss im Jahr seine Hundertausende rüberschiebt. Es wäre schon sehr
außergewöhnlich, wenn das nicht auch diesmal der Fall wäre. Dadurch dürfte
sich die CSU zumindest noch vor die SPD schieben.
Außer Campact haben auch noch andere Großspender:innen gleich mehrere
Parteien beglückt. So überwies die Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) je
100.000 Euro an die SPD, die CSU und die Grünen, 350.000 Euro an die FDP
und 600.000 Euro an die CDU. Der Berliner Unternehmer und
Ex-FDP-Bundesschatzmeister Harald Christ, der wegen der „D-Day“-Affäre aus
der FDP ausgetreten ist, spendete im Dezember je 40.000 Euro an CDU, CSU,
SPD, FDP und Grüne.
Die Dr. Theiss Naturwaren, Produzent von Naturheilkundeprodukten, gab
60.000 Euro der SPD, 47.000 Euro an die CDU und 40.000 Euro der FDP. Die
Privatbank Berenberg zahlte 200.000 Euro an die CDU und 50.000 Euro an die
FDP. Von der Socrates Beteiligungsgesellschaft des ehemaligen
Bild-Chefredakteurs Hans-Hermann Tiedje bekamen die beiden Parteien je
60.000 Euro und vom Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und
Elektroindustrie je 45.000 Euro. Der „Jägermeister“-Erbe Florian Rehm
verteilte 82.501 Euro an die CDU und 43.751 Euro an die Grünen.
Neben Volt konnten sich weitere Klein- und Kleinstparteien in diesem Jahr
über Großspenden freuen, wenn auch in einer kleineren Größenordnung: An die
MLPD spendeten zwei Parteiaktivist:innen im Rentenalter aus
Gelsenkirchen und Sindelfingen zusammen 232.907,50 Euro, die DKP erhielt
von einer Spenderin aus Rheinland-Pfalz 50.000 Euro und die rechte
WerteUnion bekam 200.000 Euro von ihrem Förderverein.
29 Dec 2024
## LINKS
[1] /Grossspenden-2021-an-die-Parteien/!5824473
[2] /Ampelkoalition-zerbricht/!6047487
[3] /Volt-holt-drei-Sitze-bei-EU-Wahl/!6016753
[4] /Kontroverse-im-saechsischen-Wahlkampf/!6030147
## AUTOREN
Pascal Beucker
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