# taz.de -- Kleinparteien vor der Bundestagswahl: Volt setzt auf die U30 | |
> Volt will in den Bundestag einziehen, als unverbrauchte Alternative. Ein | |
> Politikwissenschaftler ist da skeptisch – der Partei fehle es an Themen. | |
Bild: Volt macht Werbung mit Europa und Gendern: „Ich bin Eurobär*in“ steh… | |
München taz | Wer sich in diesen Tagen in der Kleinpartei Volt umhört, | |
bekommt Optimismus zu hören. „Dass wir in den Bundestag kommen, da sehe ich | |
überhaupt kein Problem“, sagt Lilly König Co-Landesvorstand von Volt | |
Bayern. „Wir kommen zu 100 Prozent rein.“ Und auch Spitzenkandidatin Maral | |
Koohestanian sagt im taz-Gespräch: „Wir gehen davon aus, dass wir | |
einziehen.“ | |
Das müssen beide natürlich sagen. Aber kann das klappen? Auf sieben Prozent | |
zielt Volt. Das ist hoch gegriffen für eine Partei, die bei der letzten | |
bundesweiten Wahl, der Europawahl 2,6 Prozent geholt hat. Zumal die | |
Europawahl vorteilhaft ist für kleine Parteien: Wegen der fehlenden | |
Fünf-Prozent-Hürde trauen sich die Menschen eher, sie zu wählen. Und Europa | |
ist für die [1][Partei, die sich als paneuropäisch bewirbt,] so etwas wie | |
ein Heimspiel. Wer zur Europawahl geht, interessiert sich wohl auch eher | |
für Volt. | |
„Bei der Europawahl haben wir 9 Prozent bei den unter 30-Jährigen | |
bekommen“, bekräftigt Spitzenkandidatin Koohestanian. „Das ist für uns ein | |
klarer Auftrag, in den Bundestag einzuziehen.“ Bayern-Chefin König sieht in | |
der Partei eine passende Antwort zur richtigen Zeit. „Die Großen machen es | |
uns gerade nicht sonderlich schwer“, sagt sie. Von der Ampel enttäuschte | |
Progressive seien potenzielle Volt-Wähler*innen. Zudem brauche es im | |
Angesicht von Trump ein starkes Europa und damit auch eine europäisch | |
denkende Partei. | |
Politikwissenschaftler Constantin Wurthmann von der Universität Mannheim | |
forscht zu Wahlverhalten und politischen Einstellungen. „Wenn wir uns | |
anschauen, welchen Themen die Wähler*innen Relevanz zuschreiben, dann | |
fällt ihnen nicht Europapolitik ein – auch nicht als Reaktion auf Trump“, | |
sagt Wurthmann. Er ist skeptisch, was Volts Chancen angeht: „Ich befürchte, | |
dass den meisten Bürger*innen gar nicht bewusst ist, dass es eine Partei | |
wie Volt gibt“, sagt er im Gespräch. „Die sind weitestgehend unsichtbar und | |
laufen eher unterm Radar.“ | |
## Kleine Schwester der Grünen? | |
Ein Problem für Volt sieht Wurthmann auch in der politischen Verortung der | |
Partei. Volt sei eher linksliberal und konkurriere um ähnliche Milieus wie | |
etabliertere Parteien. „Von außen wirken sie oftmals wie das kleine | |
Geschwisterkind der Grünen“, sagt er. Es fehle ein eigenes Thema. | |
[2][Gemeinsam mit Kollegen hat Wurthmann vor der Europawahl Experten | |
befragt zu den Positionen der deutschen Parteien und sie dann auf zwei | |
Achsen von konservativ bis progressiv und von wirtschaftlich links bis | |
rechts eingeordnet.] Volt landet dabei im links-liberalen Lager, nah an den | |
Grünen. Ähnlich nah wie etwa die CSU bei der CDU im rechts-konservativen | |
Lager liegt. Lediglich beim Thema Handelspolitik setzt Volt auf deutlich | |
mehr Freihandel als die Grünen. | |
Volt selbst bezeichnet sich als sozialliberal und progressiv. Das | |
links-rechts Spektrum gilt in der Partei als überholt. „Uns geht es nicht | |
primär um die Einordnung, sondern um einen pragmatischen Ansatz“, sagt | |
Koohestanian. Soziales, Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit und | |
liberal-demokratische Werte seien der Partei wichtig. | |
Für eine progressive Partei ist Volt dabei überraschend männlich geprägt. | |
Zwar achtet die Partei auf paritätische Listen, doch unter den Mitgliedern | |
identifiziert sich gerade mal ein Viertel als weiblich und ein halbes | |
Prozent als divers. Damit liegt Volt beim Frauenanteil hinter der CDU. | |
Warum das so ist, dafür habe sie keine eindeutige Erklärung, sagt | |
Koohestanian. Sie hoffe aber, dass sich das bald ändert. „Es braucht mehr | |
Repräsentation für Frauen und auch für Menschen mit Migrationsgeschichte im | |
Bundestag.“ | |
## Die 3-Prozent-Hürde nehmen | |
Damit Koohestanian für diese Anliegen im Parlament eintreten kann, muss | |
Volt jedoch die Fünf-Prozent-Hürde überwinden. Und zuvor am besten noch die | |
Drei-Prozent-Hürde nehmen. Denn drei Prozent muss eine Partei in den | |
Umfragen erreichen, um sich aus dem grauen „Sonstiges“-Balken zu befreien | |
und einen eigenen – in Volts Fall wohl lilafarbenen – Balken zu bekommen. | |
Werde man sichtbar in den Umfragen, so hoffen viele bei Volt, dann schaffe | |
man es auch in den Bundestag. | |
Eine Sprecherin des Umfrageinstituts Infratest dimap schreibt dazu auf | |
Anfrage: Es gebe keine eindeutigen Muster, dass Kleinparteien ihre Werte | |
halten oder steigern könnten, nachdem sie in den Umfragen erscheinen. | |
„Sehen kann man das beispielsweise an den Freien Wählern, die immer wieder | |
vereinzelt die drei Prozent erreichen und dann wieder darunter fallen.“ | |
Spitzenkandidatin Koohestanian bleibt optimistisch. Der verkürzte Wahlkampf | |
sei kein Problem, es laufe gut. „Für uns heißt das nur, wir ziehen früher | |
in den Bundestag ein“, sagt sie, „aber wir sind darauf vorbereitet und | |
freuen uns schon.“ | |
2 Jan 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Volt-in-Berlin/!6017312 | |
[2] https://www.dvpw.de/blog/die-parteienlandschaft-zur-europawahl-2024-ein-bei… | |
## AUTOREN | |
Moritz Müllender | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
Partei Volt | |
Kleinparteien | |
Fünf-Prozent-Hürde | |
GNS | |
Partei Volt | |
Schwerpunkt Parteispenden-Watch | |
Kleinparteien | |
Partei Volt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kritik an Volt-Partei: Mitglieder werfen Vorstand undemokratisches Verhalten vor | |
Die Partei Volt will besonders demokratisch und transparent sein. Nun gibt | |
es intern Kritik an der Auswahl der Spitzenkandidatin Maral Koohestanian. | |
Großspenden an die Parteien 2024: Die Neue macht das Rennen | |
Kurz vor Jahresende sieht alles danach aus, dass das BSW die | |
Parteispendenrallye gewinnt. Und die Kleinpartei Volt schneidet besser ab | |
als die Grünen. | |
Wahlkampf der Kleinparteien: Bloß nicht unter die Räder kommen | |
Die vorgezogene Bundestagswahl stellt die Klein- und Kleinstparteien vor | |
Probleme. Wie gehen sie damit um? | |
Parteichefin über Volt-Erfolg in Hamburg: „Es geht nicht gegen die Grünen“ | |
Der Erfolg von Volt bei den Hamburger Bezirkswahlen kam überraschend. | |
Landesvorsitzende Kira Kristin Junge peilt jetzt die Bürgerschaft an. |