# taz.de -- Kritik an Volt-Partei: Mitglieder werfen Vorstand undemokratisches … | |
> Die Partei Volt will besonders demokratisch und transparent sein. Nun | |
> gibt es intern Kritik an der Auswahl der Spitzenkandidatin Maral | |
> Koohestanian. | |
Bild: Wahlplakat mit Volt-Spitzenkandidatin Maral Koohestanian in Siegen, Nordr… | |
Volt war das große [1][Versprechen bei der Europawahl]. Fünf Sitze holte | |
die junge Partei, besonders gut schnitt sie in Großstädten ab. Volt wirbt | |
mit dem Anspruch, Politik anders machen zu wollen, transparenter. | |
Doch im Bundestagswahlkampf läuft es nicht gut. Die Partei wollte den | |
Sprung ins Parlament schaffen, dies scheint wenige Tage vor der Wahl | |
unrealistisch zu sein. Der Wahlkampf ist blass und inhaltsleer, auf | |
Plakaten sieht man nur die [2][Spitzenkandidatin, Maral Koohestanian]. Die | |
fiel im Wahlkampf nur auf mit einem Auftritt im Video-Podcast des | |
Journalisten Tilo Jung, bei dem sie Fragen nach dem eigenen Parteiprogramm | |
nicht beantworten konnte. | |
Und nun gibt es auch interne Kritik, die nicht zum Anspruch von Volt passt, | |
[3][Politik transparent und anders zu machen]. Der taz liegen Screenshots | |
aus interner Kommunikation der Partei vor. | |
Außerdem hat die taz mit [4][mehreren Volt-Mitgliedern gesprochen], die dem | |
Bundesvorstand undemokratisches und intransparentes Verhalten vorwerfen – | |
vor allem die Aufstellung der Spitzenkandidatin Maral Koohestanian steht in | |
der Kritik. An der Person stören sich die Mitglieder nicht, wohl aber | |
daran, wie sie zu ihrer Rolle gekommen sein soll. | |
## Vorwurf der Scheinwahl | |
„Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich fühle mich bezüglich des | |
Verfahrens um die Spitzenkandidatin verarscht“, schreibt ein Volt-Mitglied | |
in einem parteiinternen Portal. | |
Das Mitglied vermutet, die Entscheidung, Koohestanian zur Spitzenkandidatin | |
zu machen, sei schon im Vorfeld der internen Abstimmung der | |
Spitzenkandidatin gefallen, der „Rest“ – die kurze Bewerbungsphase – di… | |
nur [5][zur demokratischen Legitimation]. Koohestanian sei schon vor der | |
Abstimmung parteintern durch den Bundesvorstand besonders beworben worden. | |
Vom 14. bis zum 17. November hatten ausschließlich FLINTA-Mitglieder die | |
Möglichkeit, sich auf die Position zu bewerben. Das begründete die Partei | |
damit, dass „[6][Frauen im Bundestag immer noch unterrepräsentiert]“ sind. | |
Dieses Kriterium stellt auch für die Mitglieder, die Kritik am Vorgehen | |
üben, kein Problem dar. | |
## Spitzenkandidatin ohne Konkurrenz? | |
Es gab aber weitere Kritierien: Wie aus internen Dokumenten hervorgeht, war | |
neben einer Person mit „rhetorischem Talent“ und Amtserfahrung auch die | |
Repräsentation von marginalisierten Gruppen, etwa durch einen | |
Migrationshintergrund, gewünscht. Außerdem solle die Kandidatin bereits | |
[7][über Sichtbarkeit und Reichweite] verfügen. | |
Mehrere Mitglieder kritisieren, alle Kriterien zusammengenommen, sei die | |
Wahl auf Koohestanian zugeschnitten gewesen und habe anderen möglichen | |
Kandidatinnen kaum eine Chance gelassen. | |
„Es wurden mehrere Kandidatinnen zur Wahl gestellt“, sagt dagegen | |
Parteigründer und [8][Volt-Abgeordneter im EU-Parlament], Damian | |
Boeselager. „Bei Spitzenkandidaturen gibt es nicht die gleichen | |
demokratischen Ansprüche wie etwa bei Parteiprogrammen oder | |
Listenaufstellungen. Der Vorstand hätte keine weiteren Kandidatinnen zur | |
Wahl stellen müssen“. | |
Lediglich zwei Personen [9][bewarben sich letztlich auf die | |
Spitzenkandidatur]. Die vom Parteivorstand festgelegten Kriterien erfüllte | |
die Mitbewerberin nicht, wie aus den Bewerbungsschreiben hervorgeht, die | |
der taz ebenfalls vorliegen. Bei der anschließenden Online-Abstimmung | |
gewann Koohestanian. „Es wirkt, als wäre die Person entschieden und es | |
wurde sich ein Legitimationsprozess ausgedacht, um das Ergebnis | |
herbeizuführen, das man haben will“, schreibt ein Mitglied im internen | |
Parteiportal. | |
## Unzufriedenheit gehöre nunmal dazu | |
„Mein Hauptproblem ist das Vorspielen eines demokratischen Prozesses, den | |
es am Ende gar nicht gibt“, ein anderes. Noch jemand: „So eine | |
Fiktiv-Abstimmung; geht gar nicht“. Ein anderes Parteimitglied geht noch | |
weiter: „Der Prozess, der jetzt läuft, entspricht in seiner | |
[10][demokratischen Legitimierung] dem der freien Wahlen in der DDR und | |
anderen pseudodemokratischen, autoritären Systemen. Das können wir nicht | |
ernsthaft wollen“. | |
[11][Parteigründer Boeselager] hält die Aufregung für übertrieben: „Die | |
Entscheidungen wurden von einem gewählten Bundesvorstand getroffen. | |
Manchmal vergisst man, dass wir als Partei erst acht Jahre alt sind. | |
Natürlich gibt es da auch mal Unzufriedenheit, gerade im Wahlkampf. Und wir | |
haben mittlerweile 9.000 Mitglieder. Ich weiß nicht, wie relevant diese | |
Kritik ist. Wenn man unzufrieden mit dem Bundesvorstand ist, kann man ihm | |
beim nächsten mal auch wieder abwählen“. | |
Ein Mitglied hält gegenüber der taz dagegen: „Sie können davon ausgehen, | |
dass ein Drittel der Mitglieder nicht hinter Maral Koohestanian steht“. | |
Überprüfen lässt sich das nicht. | |
Jedoch teilen nicht alle, die das [12][Verfahren um die Spitzenkandidatur] | |
beanstanden, die Schärfe der Kritik: „Der Auswahlprozess der bundesweiten | |
Spitzenkandidatur ist angesichts knapper Fristen nicht so basisdemokratisch | |
ausgefallen, wie bei Volt üblich. Dass ein Bundesvorstand über solche | |
Prozesse entscheidet, ist aber völlig normal, genauso wie die Kritik an den | |
Entscheidungen“, heißt es aus Parteikreisen. | |
## Ein Schlag für den Parteizusammenhalt | |
Ob die Art und Weise des Verfahrens einen Einfluss auf das Ergebnis hatte, | |
ist nicht für alle klar: „Ich gehe davon aus, dass Koohestanian auch | |
gewonnen hätte, wenn die Wahl ordentlich abgelaufen wäre“, verrät ein | |
Mitglied. Dennoch habe die [13][Stimmung in der Partei] Kratzer bekommen: | |
„Das Gefühl, das hier zurückbleibt, ist, mit Verlaub, verarscht zu werden�… | |
Das Gefühl, die eigene Stimme habe keinen Einfluss, habe einst zur Gründung | |
von Volt geführt. | |
Rechtlich ist das Vorgehen der Parteiführung vollkommen in Ordnung. „Es | |
zeigt aber, dass der Bundesvorstand nicht verstanden hat, wie wichtig | |
[14][das Basisdemokratische] großen Teilen der Partei ist“, sagt ein | |
Mitglied. Ob sie die Kritik der Mitglieder nachvollziehen könne, ließ die | |
Parteiführung unbeantwortet. | |
Die Bewerberinnen seien einer offenen Online-Wahl gegeneinander angetreten | |
und der Prozess habe eine „transparente und partizipative Auswahl“ | |
gewährleistet, sagte Volt der taz. Maral Koohestanian äußerte sich bis | |
Redaktionsschluss nicht zu den Vorwürfen. | |
20 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Marco Fründt | |
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