# taz.de -- Anzeigen des Ministeriums vor EU-Wahl: Lindner gerät unter Druck | |
> Kurz vor der EU-Wahl schaltete das Finanzministerium Anzeigen für die | |
> Schuldenbremse. War das illegale Parteienfinanzierung? | |
Bild: Plakatiert gern zur Schuldenbremse: Finanzminister Christian Lindner | |
Berlin taz | Bundesfinanzminister [1][Christian Lindner (FDP)] gerät wegen | |
Anzeigen zur Schuldenbremse, die sein Haus kurz vor den Europawahlen in der | |
Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschaltet hat, unter Druck. Laut internen | |
Mails, deren Herausgabe das Portal [2][Abgeordnetenwatch mithilfe des | |
Informationsfreiheitsgesetzes] erwirkt hat, war Lindner stärker in das | |
Schalten der Anzeigen eingebunden, als das Ministerium bislang eingeräumt | |
hat. | |
Kurz vor den Europawahlen hat das Bundesfinanzministerium (BMF) zur | |
Erinnerung an „15 Jahre [3][Schuldenbremse]“ für rund 46.000 Euro zwei | |
große Anzeigen geschaltet. „Schuldenbremse abschaffen? Nich’ ok, Boomer“ | |
stand auf einer über dem Bild einer jungen Frau. Beim zweiten Motiv | |
erschien der Satz „Schuldenbremse abschaffen? Das wird teuer für mich“ üb… | |
dem Bild eines jungen Mannes. Die Anzeigen erschienen am 29. Mai und am 5. | |
Juni, die Europawahl fand am 9. Juni statt. | |
Aus Sicht der renommierten Verfassungsrechtlerin Sophie Schönberger von der | |
Universität Düsseldorf handelte es sich bei den Anzeigen um eine | |
unzulässige Meinungsäußerung des Finanzministeriums. Laut | |
Bundesverfassungsgericht dürfe die Bundesregierung informieren, aber keine | |
Meinungsbildung betreiben. „Es darf keine Willensgebung von oben nach unten | |
geben“, sagte sie der taz. „Je näher eine Wahl ist, desto größere | |
Zurückhaltung ist geboten.“ Aus diesem Grund hält die Juristin die Klage | |
beim Bundesverfassungsgericht für erfolgversprechend, die die Linkspartei | |
vor Kurzem eingereicht hat. Lindner habe mit den Anzeigen Wahlwerbung | |
betrieben und damit gleiche Chancen im Parteienwettbewerb verletzt, | |
argumentiert die Linkspartei. | |
Daneben steht der Vorwurf der illegalen Parteienfinanzierung im Raum. Hier | |
kommen die E-Mails ins Spiel, deren Herausgabe Abgeordnetenwatch erwirkt | |
hat. Für die Einstufung als illegale Parteispende müssen die Anzeigen als | |
Werbemaßnahmen für die FDP erkennbar sein. Außerdem muss die Entscheidung | |
für die Werbung der Partei zuzuordnen sein. Das könnte der Fall sein, wenn | |
der FDP-Vorsitzende Lindner daran beteiligt gewesen wäre. | |
## Bei Termin mit Agentur anwesend | |
Bislang hat das Ministerium behauptet, Lindner sei nicht an den Details der | |
Planung beteiligt gewesen. Die Auswahl der Motive sei durch die | |
Kommunikationsabteilung des Ministeriums erfolgt. Abgeordnetenwatch zufolge | |
zeigen die internen E-Mails ein anderes Bild. In einer Mail an die | |
beauftragte Agentur, in der ein Ministeriumsmitarbeiter deren | |
Kostenvoranschlag freigibt, heißt es: „Bei der Gelegenheit bitte ich Sie um | |
Übersendung der beiden neuen FAZ-Anzeige Varianten, wie am Dienstag mit | |
Minister Lindner besprochen.“ | |
Das Ministerium räumt ein, dass Lindner bei einem Termin am 9. April mit | |
der Agentur anwesend gewesen ist. Dabei sei auch über das Thema | |
Schuldenbremse gesprochen worden. „Der Minister ist in den grundlegenden | |
Strategiefragen der BMF-Öffentlichkeitsarbeit eingebunden“, sagte ein | |
Sprecher der taz. Die Bundesregierung habe den Auftrag, die Bürger:innen | |
über ihre Tätigkeit, Vorhaben und Ziele zu informieren. | |
Sollte die Bundestagsverwaltung die Anzeigen als illegale Parteispende | |
werten, droht der FDP eine Strafe bis zum dreifachen Betrag der Kosten. | |
27 Aug 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Christian-Lindner-zur-Finanzpolitik/!6011461 | |
[2] https://www.abgeordnetenwatch.de/recherchen/parteispenden/verdeckte-fdp-wer… | |
[3] /Neuer-Haushaltsstreit-in-der-Ampel/!6025167 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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