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# taz.de -- Polnisches Institut: Warschau säubert in Berlin
> Die rechte PiS-Regierung beruft die Leiterin des Polnischen Instituts,
> Katarzyna Wielga-Skolimowska, ab. Angeblich zu viel Nähe zu jüdischen
> Themen.
Bild: Katarzyna Wielga-Skolimowska
Ihr Vertrag lief noch bis Sommer 2017. Doch so lange wollte das
Außenministerium in Warschau nicht warten. Am Mittwoch hat es die Leiterin
des Polnischen Instituts in Berlin, Katarzyna Wielga-Skolimowska, fristlos
abberufen. Das bestätigte der Sprecher des Instituts, Marcin Zastrożny, am
Freitag der taz.
Wielga-Skolimowska hatte 2013 die Leitung des Instituts übernommen und ein
anspruchsvolles Kulturprogramm aufgelegt. Zuletzt hatte die
Theaterwissenschaftlerin und Kulturmanagerin die Stühle mit dem Leiter des
Goethe-Instituts in Warschau getauscht. „Seitenwechsel“ hieß das Programm,
bei dem deutsche und polnische Künstler zu Themen wie Popmusik,
Journalismus und Architektur ins Gespräch kommen sollten.
Dass die international vernetzte Wielga-Skolimowska nicht zum neuen
kulturpolitischen Kurs der nationalkonservativen Regierung in Warschau
passte, war schon länger bekannt. Bereits im Frühjahr hatte Warschau die
konservative Małgorzata Bochwic-Ivanovska zur stellvertretenden
Institutsdirektorin berufen. Grund war eine negative Bewertung der Arbeit
des Instituts durch das Außenministerium. So wurde dem Berliner Institut
eine zu große Aufmerksamkeit für jüdische Themen vorgeworfen.
Schon zu Beginn des Jahres hatte der polnische Kulturminister Piotr Gliński
von der Partei PiS dazu aufgerufen, einer „Kultur der Scham“ ein Ende zu
bereiten. Das Berliner Institut hatte unter anderem den Film „Ida“ gezeigt,
der 2015 den Oscar als bester ausländischer Film bekommen hatte. Der Film
handelt von einer jungen Frau, die in den sechziger Jahren erfährt, dass
sie Jüdin ist und ihre Eltern von polnischen Nachbarn ermordet wurden.
Demgegenüber wollte die neue Vizedirektorin einen ganz anderen Film zeigen.
Im Auftrag des polnischen Botschafters Andrzej Przyłębski sollte
Bochwic-Ivanovska die Premiere des Propagandafilms „Smolensk“ organisieren.
Allerdings wollte kein Berliner Kino den Film zeigen, der behauptet, der
Absturz der polnischen Präsidentenmaschine 2010 sei kein Unfall, sondern
ein russischer Terrorakt gewesen. Die Botschaft musste die Premiere
schließlich absagen. Bochwic-Ivanovska ist nun Interimsdirektorin.
„Polen wurde bisher von seiner besten Seite und auf verschiedenen Ebenen
präsentiert“, lobt Marcin Piekoszewski von der deutsch-polnischen
Buchhandlung Buchbund die bisherige Arbeit des Polnischen Instituts. „Wir
befürchten, dass die Veränderungen, die seit geraumer Zeit zu beobachten
sind, diesen Zustand stark beeinträchtigen können.“
Das Polnische Institut in Berlin ist nicht das erste, das auf Linie
gebracht wurde. Wie die liberale Tageszeitung Gazeta Wyborcza schreibt,
sind bereits im Sommer 13 Leiterinnen und Leiter der 24 Polnischen
Institute entlassen worden. Der Direktorin in Madrid etwa wurde
vorgeworfen, sich zu wenig um das Werk Chopins gekümmert zu haben. Anderen
Instituten wurde vorgehalten, unliebsame Autorinnen wie die
Schriftstellerin Olga Tokarczuk eingeladen zu haben. Tokarczuk, heißt es
immer wieder, stehe ebenso wie der österreichische Publizist Martin Pollack
auf einer so genannten Schwarzen Liste.
2 Dec 2016
## AUTOREN
Uwe Rada
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