# taz.de -- Das Gutachten des Botschafters: Nicht zu viel polnisch-jüdischen D… | |
> Der Botschafter der Republik Polen hat eine Stellungnahme zu den | |
> Zielvorgaben des Polnischen Instituts abgegeben. Hier in deutscher | |
> Übersetzung. | |
Bild: Goetheinstitute gibt es weltweit – in Mexiko-City liegt es hinter diese… | |
Mit Interesse habe ich die Zielvorgaben des [1][Polnischen Instituts] in | |
Berlin und seiner Filiale in Leipzig zur Kenntnis genommen. Es ist | |
anzuerkennen, dass sich die [2][Leitung des Instituts] darüber im Klaren | |
ist, dass ein Teil der Meinungsmacher in Deutschland Polen unfreundlich, | |
mindestens aber kritisch gegenüber steht. Die Informationen über das | |
Geschehen in Polen beziehen sie aus ausgewählten Quellen, und auf dieser | |
Grundlage kommen sie zu ihrer völlig falschen Einschätzung des Wandels in | |
Polen. In diesem Zusammenhang beabsichtigt das Polnische Institut, dies | |
künftig zu verhindern oder einzugrenzen. Ob und wie das gelingen wird, wird | |
sich zeigen. | |
Wichtig ist in der gegenwärtigen Situation, solche Gäste aus dem Land | |
einzuladen, die die Lage in Polen richtig verstehen und in der Lage sind, | |
in überzeugender Art und Weise darüber zu sprechen. Eher seltener sind das | |
meiner Ansicht nach Künstler oder Musiker, und dennoch stellt das Polnische | |
Institut in Berlin besonders stark die Arbeit von Bildhauern und | |
Avantgardemusikern in den Vordergrund. Entschieden besser machen das die | |
Literaten. In diesem Kontext erscheint mir deren Präsenz im Programm des | |
Polnischen Instituts zu kurz zu kommen. Ich rede von Prosa und historischer | |
Literatur. Wichtig ist es in diesem Zusammenhang auch, an die Werbung für | |
jene Verlage zu denken, die seit Jahren diese Art von Literatur | |
herausgeben. Ich hoffe, dass ein solches Unterfangen sich in den | |
Programmpunkten unter der Rubrik „vorrangige Aufgaben“ wiederfindet, die in | |
den Positionen des „Erfurter Europagesprächs“ oder in der | |
„Poniatowski-Vorlesung“ festgehalten sind. | |
In den „Vorschlägen“ wird die Arbeit des Berliner Instituts als „Zentrum | |
einer für neue Initiativen und Experimente offenen Kultur“ unterstrichen. | |
Das muss man natürlich berücksichtigen, wenn man zu den hiesigen | |
Zuschauern, Lesern und Zuhörern vordringen möchte. Man sollte sich aber | |
daran erinnern, dass sich Polen im Lichte der jüngsten politischen | |
Entscheidungen entschieden hat, die Präsentation seiner eigenen Kultur | |
hervorzuheben. Polen bemüht sich um einen bestimmten, und wie ich finde, | |
nicht nur grundsätzlichen, sondern geradezu überfälligen Wandel der | |
Europäischen Union. Damit sind auch diese Experimente unter dem Blickwinkel | |
ihrer historiosophischen, ethischen und pädagogischen Aspekte auf den | |
Prüfstand zu stellen. Die blinde Nachahmung nihilistischer und | |
hedonistischer Trends ist ein zivilisatorischer Irrweg. Polen muss sich | |
diesen Trends entgegenstellen. Auch durch die im Polnischen Institut | |
repräsentierte Kultur. In diesem Zusammenhang sollte man auch die | |
Aktivitäten von AfD und Pegida nicht verdammen, sondern sich mit ihnen | |
auseinandersetzen – als ernsthafte Stimme eines Teils der deutschen | |
Gesellschaft, die in Erwägung gezogen werden muss. | |
Im Teil II Punkt 4 fehlt mir ein Vortrag oder eine Reihe von Vorträgen | |
renommierter polnischer Denker, Politologen oder Literaten, die Wissen über | |
das zeitgenössische Polen verbreiten können. | |
Im Teil II. 2, wo es um die Schönen (und Bildenden) Künste geht, scheint | |
mir die Rolle des Designs überakzentuiert zu sein. (Aber das ist | |
gewissermaßen das „Markenzeichen“ des Polnischen Instituts in Berlin). | |
Was die „dauerhaften Aufgaben“ betrifft, habe ich eigentlich keine | |
Anmerkungen, da das Standardthemen sind und erst ihre inhaltliche | |
Ausgestaltung zeigt, wie sie das Polnische Institut realisiert. | |
Die einzige wichtige Frage scheint mir zu sein, es mit der Hervorhebung des | |
polnisch-jüdischen Dialogs nicht zu übertreiben – als wichtigstem der | |
interkulturellen Dialoge in Polen. Vor allem nicht in Deutschland, das | |
nicht die Rolle eines Mediators einnehmen sollte. Dieser Dialog ist schon | |
weit fortgeschritten (Museen, Festivals, Publikationen, Debatten), darunter | |
gibt es kaum noch neue Elemente. Wichtig ist hingegen der | |
polnisch-ukrainische und polnisch-litauische Dialog, aus Gründen, die ich | |
hier nicht näher vorstellen muss. | |
Positiv bewerte ich die Auswahl dreier Elemente, auf deren Präsentation | |
sich das Polnische Institut in Berlin konzentriert. Ein richtiger Schritt | |
ist die Kombination der Internetausstellung zum Thema Piłsudski mit dem | |
Bildungsprogramm (Debatten/Workshops), ohne die diese nahezu unbeachtet | |
vorbeigehen würde. (Die Verbreitung von Informationen über die polnische | |
Kultur via Internet/Facebook und dergleichen wird meiner Meinung nach | |
überschätzt). | |
Ich schätze die Bemühung um die Position des Polnischen Instituts in Berlin | |
wie auch um die nachhaltigen Effekte (Vernetzung, Verbindung verschiedener | |
Milieus und Institutionen) unter der Bedingung, dass dieser Austausch um | |
ein breites Spektrum polnischer Kulturschaffender erweitert wird, die | |
bisher nicht berücksichtigt wurden (Rymkiewicz, Połkowski, Wildstein, | |
Libera, Ziemkiewicz, Lisicki und so weiter). | |
Wichtig sind auch Studienreisen, um die es im Teil VI. geht. (Es wurde | |
jedoch nicht angeführt, ob und wenn ja, welche Reisen im Jahr 2017 | |
stattfinden sollen oder geplant sind). | |
A. Przyłębski, Berlin, 17. Oktober 2016 | |
14 Dec 2016 | |
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