# taz.de -- Berliner Kino zeigt „Smoleńsk“: „Der Film entlarvt sich selb… | |
> Am Freitag läuft der umstrittene polnische Film „Smoleńsk“ in einem | |
> Berliner Kino – auf Initiative des Clubs der polnischen Versager: Ein | |
> politisches Wagnis. | |
Bild: Da fliegt der Präsidentenflieger noch: Szene aus dem Film „Smoleńsk“ | |
taz: Herr Gusowski, haben Sie den Film „Smoleńsk“ schon gesehen? | |
Adam Gusowski: Nein. | |
Der Film gilt als Propagandastreifen, ganz im Sinne der | |
rechtspopulistischen Regierung in Polen. | |
Ich kenne die Art, wie der Regisseur Antoni Krauze Filme macht. Ich habe | |
den Trailer gesehen, und wenn man die Bilder sieht und weiß, wie die Story | |
gestrickt ist, reicht das aus, um festzustellen: Das ist wahrlich kein | |
Kunstwerk. | |
War es eine Witzidee, dass Sie den Film am Freitag als Deutschland-Premiere | |
zeigen? | |
Teilweise. Aus Zeitungen – also nicht mal direkt aus der polnischen | |
Community – hatten wir erfahren, dass die deutsche Uraufführung des Films | |
in Berlin geplatzt ist. Weil keines der Kinos, die der polnische | |
Botschafter dafür angefragt hatte, den Film zeigen wollte. Da sagte jemand | |
bei uns im kleinen Club der polnischen Versager in Mitte: „Hier wäre Platz | |
genug für den Film.“ So entstand die Idee. | |
Sie zeigen den Film jetzt aber im Kino Babylon, das immerhin 400 Plätze | |
hat. Noch mal: Warum wollen Sie den Film zeigen? | |
Es steht ja die These im Raum, dass „die Deutschen diesen Film nicht zeigen | |
wollen“ – so stand es zumindest in der rechtskonservativen Presse in Polen. | |
Dass also in Deutschland die „polnische Wahrheit“ blockiert werde. Diese | |
These wird immer größer, bedeutender, je länger der Film nicht gezeigt | |
wird. | |
Sie präsentieren am Freitag also die „Wahrheit“? | |
Wir bemühen uns seit Jahren um den deutsch-polnischen Dialog. Wenn wir den | |
Film nicht zeigen, wird seine Wirkung noch größer, die Stimmung noch | |
aufgeheizter. So lassen wir aus diesem Propaganda-Ballon die heiße Luft | |
raus: Wir zeigen den Film so, wie er ist. Er entlarvt sich selbst. Das ist | |
zumindest die Idee. | |
Wer wird zur Vorstellung am Freitag kommen? | |
Es ist ein Angebot an die Berliner. Der Film läuft auf Polnisch mit | |
englischen Untertiteln. Es werden aber auch Polen kommen, die in Berlin | |
leben, die sich mit der aktuellen politischen Situation in Polen | |
auseinandersetzen und eine Bildungslücke schließen wollen oder müssen. | |
Haben Sie den polnischen Botschafter eingeladen? | |
Jeder stellt diese Frage. Aber wir machen diesen Film nicht, um den | |
Botschafter bloßzustellen. Es ist ihm nicht gelungen, den Film im Kino zu | |
zeigen – aber es wäre nicht das erste Mal, dass die polnische Diplomatie | |
wie ein Elefant im Porzellanladen auftritt. Wahrscheinlich ist der | |
Botschafter einfach zu polnisch aufgetreten. | |
Was heißt das? | |
Er hat wohl ignoriert, dass die Deutschen die Tragödie von Smolensk nur am | |
Rande interessieren könnte, während sie in Polen seit sechs Jahren ein | |
Top-Thema ist – egal zu welchem politischen Lager man gehört. Mir ist | |
bewusst, dass der Absturz eine Tragödie ist und auch eine bleibt – es ist | |
aber eine zweite Tragödie, was man daraus macht. Wir müssen das trennen. | |
Aber zurück zum Botschafter: Er wollte den Film unbedingt in Berlin sehen, | |
und wenn er das ehrlich gemeint hat, wird er am Freitag kommen. | |
Nach dem zweistündigen Werk wird am Freitag darüber diskutiert. Warum denn, | |
wenn der Film sich doch selbst entlarvt? | |
Es gibt eine Podiumsdiskussion, weil ich die Leute nicht einfach so nach | |
Hause schicken will. Zwei Experten und ich werden den Film einordnen. Sie | |
sind alle versiert, aber auch witzig. Ich will diese Veranstaltung | |
humorvoll beenden – aber es ist keine Bloßstellung der Tragödie, die das | |
Land erschüttert und die Gesellschaft gespalten hat. Das werde ich auch | |
klar machen. | |
Wird es im Publikum zu Auseinandersetzungen kommen? | |
Ich glaube nicht. Der Botschafter hatte ja Angst vor dem Komitee zur | |
Verteidigung der Demokratie – vielleicht sollten wir auch vor denen Angst | |
haben, weil sie sagen könnten: Das ist Propaganda, die darf man nicht | |
zeigen. Die Reaktionen auf Facebook sind eher positiv. | |
War es schwierig, den Film vom Verleih zu bekommen? | |
Leichter, als ich dachte. Schwierig war vor allem der Zeitdruck. Wir haben | |
uns Anfang Dezember entschieden, ihn zu zeigen – das war recht knapp. Aber | |
ich habe mit der Veröffentlichung des Termins gewartet, bis ich die | |
Festplatte samt Codes vom Verleih in den Händen hielt. Der weiß natürlich | |
um die politische Brisanz. | |
6 Jan 2017 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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