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# taz.de -- Polnischer Botschafter sucht Kino: Smolensk liegt nicht in Berlin
> Polens Botschaft will „Smolensk“ in Berlin zeigen. Doch das Delphi hat
> abgesagt. Nun soll der umstrittene Film über den Absturz der
> Präsidentenmaschine im Cubix gezeigt werden.
Bild: Polens Botschafter Andrzej Przyłębski
Es ist neblig am 10. April 2010. Der Tower des Flugplatzes im russischen
Smolensk bittet den Piloten der polnischen Präsidentenmaschine, auf einen
anderen Flughafen auszuweichen. Offenbar aber übt der Chef der polnischen
Luftwaffe Druck auf den Piloten aus, den Landeanflug fortzusetzen. Man will
schließlich dabei sein beim 70sten Jahrestag des Massakers von Katyn, bei
dem Tausende polnische Offiziere erschossen wurden. Das Ergebnis ist
bekannt: Die Präsidentenmaschine stürzt ab, alle 96 Insassen finden den
Tod, unter ihnen auch der polnische Staatspräsident Lech Kaczyński.
Das ist die offizielle Version der Katastrophe von Smolensk, der der
Regisseur Antoni Krauze nun jene gegenübergestellt hat, die im
romantisch-heroischen Milieu der nationalkonservativen PiS als Sieg der
Wahrheit gefeiert wird. Polens Präsidentenmaschine wurde demnach von den
Russen abgeschossen – und Lech Kaczyński ist ein Märtyrer. Seine letzte
Ruhestätte hat er ohnehin bei Polens Königen und Dichterfürsten in einer
Gruft im Krakauer Wawel gefunden. Das ist, als ob man einen deutschen
Bundespräsidenten neben Goethe in Weimar bestatten würde.
Nun will Polens neuer konservativer Botschafter Andrzej Przyłębski Krauzes
„Smolensk“ auch in Berlin zeigen. Knapp 800 Einladungen hat er schon für
die Filmpremiere am 7. November im Delphi drucken lassen. Aber Berlin ist
nicht Warschau. Als die Delphimacher mitbekommen haben, welche
Propagandamaschine da bei ihnen auf die Leinwand kommen soll, haben sie
Sicherheitsbedenken geltend gemacht – und die Premiere kurzerhand abgesagt.
Polens Botschafter, der sich zuvor schon mit dem Präsidenten des
Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle angelegt hatte, drohte auf
diplomatischem Parkett auszurutschen.
Nun ist die polnische Botschaft angeblich erneut fündig geworden. Nach
Informationen der taz und der liberalen polnischen Tageszeitung Gazeta
Wyborcza soll die Premiere im Cubix am Alexanderplatz stattfinden. Blöd
nur, dass Theaterleiter Klaus Matejke nicht darüber informiert wurde. Bei
der Presseagentur des Kinos in Hamburg heißt es, dass „Smolensk“ nicht auf
dem Premierenplan stehe. Allerdings könne man die Säle auch privat mieten.
So ist das mit dem diplomatischen Parkett. Hätte die Botschaft den Film
einfach so in ihren Räumen im Grunewald gezeigt, hätte kein Hahn danach
gekräht. So ist nun unversehens ein Politikum daraus geworden. Und
vielleicht meldet ja auch das Cubix noch Sicherheitsbedenken an.
2 Nov 2016
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Kino Polen
Jarosław Kaczyński
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Polen
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