# taz.de -- Antisemitismus in Deutschland: Neue Welle des Hasses | |
> Das Lagebild Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung zeichnet ein | |
> düsteres Bild: Die Zahl antisemitischer Vorfälle ist enorm gestiegen. | |
Bild: Gedenken an die Reichspogromnacht 2020 in Berlin-Moabit | |
BERLIN taz | Seit dem Angriff der Terrormiliz Hamas auf Israel am 7. | |
Oktober erleben Jüdinnen und Juden in Deutschland eine neue Welle des | |
Antisemitismus wie seit Jahrzehnten nicht mehr: Das ist eine der | |
Erkenntnisse des „[1][Zivilgesellschaftlichen Lagebilds Antisemitismus]“ | |
der Amadeu Antonio Stiftung, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. | |
Als Folge der judenfeindlichen Vorfälle in Deutschland würden Kinder nicht | |
mehr in jüdische Kindergärten geschickt, Mesusot – die jüdischen Türsegen | |
– von den Türrahmen entfernt und Veranstaltungen aus Sicherheitsgründen | |
abgesagt, berichtete dabei der Antisemitismusbeauftragte der | |
Bundesregierung Felix Klein. | |
„Es schmerzt mich, diese Sätze nur zwei Tage vor dem 85. Jahrestag der | |
sogenannten Reichskristallnacht von 1938 sagen zu müssen. Dennoch möchte | |
ich hier versichern: Es ist nicht das Jahr 1938“, so Klein. Das Gift des | |
Antisemitismus existiere immer noch, aber „im Jahr 2023 leben wir in einer | |
gefestigten Demokratie mit einem Rechtsstaat, der uns schützt und | |
verteidigt“. Die deutsche Regierung lasse nichts ungeschehen, damit | |
Jüdinnen und Juden in Deutschland frei und sicher leben können, denn „nie | |
wieder ist jetzt“, appellierte Klein. | |
Erst vergangene Woche hatte das Bundeskriminalamt bekannt gegeben, dass es | |
in Deutschland seit dem Angriff der Hamas über 2.000 Straftaten mit Bezug | |
zum Krieg registriert hat. Auf der Pressekonferenz am Dienstag wies Beate | |
Küpper, Sozialpsychologin und Professorin für Soziale Arbeit, nun darauf | |
hin, dass jüngere Menschen in Deutschland inzwischen „antisemitischer sind | |
als ältere“. | |
## Antisemitismus auch unter Muslimen weit verbreitet | |
Es gebe außerdem bislang kaum Studien, die Aussagen über einen spezifischen | |
Antisemitismus der muslimischen Bevölkerung erlaubten. Doch die bisherigen | |
Hinweise ließen den Schluss zu, dass Antisemitismus unter eingewanderten | |
Muslimen weit verbreitet sei. Die Fokussierung auf muslimische und | |
migrantisierte Personen in der aktuellen Lage sei wichtig, dürfe aber nicht | |
dazu dienen, „vom Antisemitismus in der Mitte der Bevölkerung“ abzulenken. | |
„Die Bilanz der letzten Wochen lautet: Antisemitismus hat einen Platz in | |
Deutschland“, sagte Nikolas Lelle, Projektleiter der Bildungs- und | |
Aktionswochen gegen Antisemitismus der Amadeu Antonio Stiftung. | |
Rechtsextreme setzten „im Windschatten der Verherrlichung des Terrors“ | |
[2][ihre Angriffe auf die Erinnerung fort], fügte er hinzu und forderte, | |
diese Entwicklungen nicht aus den Augen zu verlieren. | |
Lelle betonte zudem, dass „jede Variante des Antisemitismus“ in Deutschland | |
auch zu „Schlussstrich-Rufen“ und Angriffen auf die Erinnerungskultur | |
führe. Laut dem am Dienstag veröffentlichten Lagebild wird vor allem die | |
Arbeit in Gedenkstätten und Erinnerungsorten seit dem vergangenen Sommer | |
behindert und Antisemitismus zur Zerschlagung der Erinnerungskultur | |
genutzt. Vor allem wiederholte Attacken wie jene der AfD in den vergangenen | |
Jahren, die eine [3][„erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“] forderte, | |
führten zu mehr antisemitischen Vorfällen sowie „zur sukzessiven | |
Verschiebung des Mach- und Sagbaren“. | |
8 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/wp-content/uploads/2023/11/Lagebild-… | |
[2] /Antisemitische-Straftaten-in-Deutschland/!5967456 | |
[3] /Bjoern-Hoeckes-Dresden-Rede/!5372797 | |
## AUTOREN | |
Yağmur Ekim Çay | |
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